Frauke Petry und ihre Truppe plakatieren Mileis Kettensäge und träumen von Nächstenliebe ohne Staat – asozial, ahistorisch und feige

„Team Freiheit“: Stolz darauf, asozial zu sein

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Sei mal ein bisschen asozial, sagt mein Mann© Quelle: https://www.team-freiheit.de, X@fraukepetry, Montage: Wallasch

Sie nennen es „Freiheit“, wenn Millionen wieder in Armenhäusern und vor Kirchentüren betteln sollen. Die neue Petry-Partei liefert das dümmste und menschenverachtendste Wahlkampfmotto seit 1949 – und versteckt sich feige hinter einem Countdown, falls die Empörung zu groß wird.

Hier muss man zweimal hinschauen, weil man nicht glauben kann, dass so ein asoziales Sozialneid-Statement im Jahr 2025 überhaupt noch möglich ist. Da tun sich ein paar gefallene Politiker zusammen, um eine neue Partei zu gründen, nennen sich „Team Freiheit“ und plakatieren großflächig folgenden Slogan:

„Sozialstaat absägen! Nächstenliebe ohne Staat.“

Dazu abgebildet ist die Kettensäge des Anarchokapitalisten Javier Milei aus Argentinien, der dem Land auch mithilfe US-amerikanischer Geldgeber (20 Milliarden Dollar Kreditlinie) eine Rosskur verpasst hat.

Nächstenliebe ohne Staat ist das alte christliche Modell der Almosenkultur, der Armenhäuser, Waisenhäuser, der Entrechteten, des Kirchenasyls. Europa brauchte Jahrhunderte, um diese absolutistischen Modelle zu brechen und moderne Gesellschaften zu schaffen, die das Individuum in ihrer Mitte schützen und mit Rechten ausstatten.

Den Sozialstaat – eine der größten Errungenschaften des Westens – mit dem Slogan „Sozialstaat absägen – Nächstenliebe ohne Staat“ abzulehnen, ist zum einen asozial und zum anderen auf bestürzende Weise ahistorisch und gehört mit zum Dümmsten, was politische Akteure in den vergangenen fünfundsiebzig Jahren Bundesrepublik anzubieten hatten.

Was den historischen Aspekt angeht, kann man sich seitenweise durch die Jahrhunderte arbeiten – hier soll Bismarck reichen, der den Sozialstaat erfand, um die Arbeiterbewegung zu schwächen: Wohlstand und Sicherheit für die Schaffenden durch Altersversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung. Bismarcks Motivation war keine sozialromantische, sondern staatskonservativ und strategisch. Und sie war eine Galaxie entfernt von den Oliver-Twist-Fantasien eines Frauke Petry, Joanna Cotar und Thomas Kemmerich, die sich das alles ausgedacht haben.

Feige sind sie obendrein. Zur Plakatierung läuft auf der Webseite ein Countdown, mit dem man sich freihält, im Fall kritischer Reaktionen den asozialen Ausfall nachträglich irgendwie zu erklären: „Was wir damit meinen, erfahrt ihr in 2 Tagen", blabla.

Machen wir es konkreter: Niemand bestreitet, dass das Bürgergeld explodiert ist. Aber wer käme auf die dämliche Idee, dafür den Sozialstaat verantwortlich zu machen und nicht die illegale Massenzuwanderung der letzten zehn Jahre unter Merkel, Scholz und jetzt Merz?

Hier soll das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden. Oder wahrscheinlicher, weil es so prima in den asozialen Kontext passt: Hier nutzen Asoziale, die sich bisweilen als Libertäre tarnen, die Kritik an der Alimentierung von Millionen illegaler Ausländer, um den Sozialstaat gleich komplett zu demontieren.

Und sie tun es, weil sie fest davon überzeugt sind, die Pfiffigeren, Gerisseneren und Schlaueren zu sein, denen es immer gelingt, sich über ihre Mitbürger zu erheben – bald so, als wären sie der neue Adelsstand. Neureiche oder solche, die es immer gern werden wollen, aber als Unternehmer regelmäßig versagen. Und das alles bitte mit möglichst wenig Steuerlast. So, als wären Steuern per se schon ein Verbrechen.

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Und obendrauf, als wäre das alles nicht schon abstoßend genug, gibt sich dieses asoziale Modell noch einen christlichen Anstrich. Da ist von „Nächstenliebe“ die Rede, wo man demnächst dann Hand- bzw. Ringkuss von den Sozialhilfe-Empfängern erwarten will, die nicht so gerissen waren, sich über ihre Mitbürger zu erheben.

Aber was macht eine starke Nation eigentlich aus? Was hat dafür gesorgt, dass Deutschland nach dem Krieg wieder so attraktiv und wohlhabend wurde? Hier kann man den Sicherheitsaspekt nicht hoch genug einschätzen: Zu wissen und dafür einzuzahlen, dass man auch dann versorgt ist, wenn man als produktiver Teil der Gemeinschaft ausfällt.

In der alten Bundesrepublik konnten wir uns sogar die leisten, die aus eigenem Verschulden oder schlicht aus Faulheit mitversorgt werden mussten. Dafür wurde der Begriff „soziale Hängematte“ erfunden. Aber es war nie eine solche. Aus dem einfachen Grund, da es – entgegen allen Unkenrufen – damals noch ein selbstverständliches Zugehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl zum deutschen Volk gab (oder neudeutsch: zur deutschen Bevölkerung).

Die Anzahl derjenigen, die nicht an der Wertschöpfung teilnahmen, lag immer relativ konstant bei einer niedrigen Prozentzahl. Und die Sozialhilfe wurde engmaschig überprüft; es war alles andere als ein Selbstläufer. Wer sich trotz Arbeitsfähigkeit dauerhaft entziehen und kassieren wollte, musste sich auch dauerhaft etwas einfallen lassen.

Aber um bei Frauke Petry zu bleiben: Diese menschenverachtende Kampagne ist nicht der erste Irrsinn, den „Team Freiheit“ produziert. Gut in Erinnerung ist ein kurzes Video gemeinsam mit ihrem Ehemann, das vor Fremdscham nur so triefte, als Petry mit ihren fünfzig Jahren kleines Mädchen spielte, das den Papi um Erlaubnis anbetteln muss, wenn sie wieder eine Partei gründen will. Besagtes Video implizierte, dass Petry nichts dagegen hätte, wenn Frauen zukünftig wieder ihren Mann um Erlaubnis fragen müssten, wenn sie ein Bankkonto eröffnen oder einen Kredit aufnehmen wollen.

Dieses Team Freiheit hat ungefähr die Sympathiewerte eines Olaf Henkel mit schlechter Laune. Petry und Co. wollen Deutschland retten, meinen aber in Wahrheit irgendeine besondere Stellung, von der sie mit ihrer elitären Selbstwahrnehmung glauben, dass sie ihnen zustehe. Das nennt man schlicht und einfach kaltherzig.

Eine Gemeinschaft der Deutschen samt gemeinschaftlichen Werten und gegenseitiger Obacht auf den Nachbarn muss sich solcher Ansinnen erwehren. Zynischerweise heißt die neue Partei auch „Team Freiheit“. Freiheit misst sich in modernen Gesellschaften aber nicht am Wohlfühlgefühl irgendeiner selbsternannten Pseudo-Elite mit Anrechtsschein auf so ein beschissenes Champagnerfrühstück, sondern misst sich immer an der Freiheit des schwächsten Glieds der Gemeinschaft.

Team Freiheit soll benennen, wo es wirklich brennt. Dazu gehört, die illegale Massenzuwanderung zu kritisieren und den sinnlosen, menschenvernichtenden Krieg zu verdammen. Dafür wird man in Deutschland dann als „Nazi“ oder „Putinversteher“ verunglimpft. Na und? Aber stattdessen einen Sozialdarwinismus zu predigen, ist Feigheit vor dem Feind. WTF.

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