Politische Verfolgung in Deutschland und Trumps offene Tür – ein neues Kapitel für Einwanderer?

Trumps Asyl für Europäer: Ein neuer „Pate“-Mythos?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

Wie Hollywood und Einwanderungsträume die glücklichste Generation prägten – und was sie mit Trump verbindet© Quelle: Pixabay/peppeteti, wal_172619, Montage: Wallasch

Trump bietet Deutschen Asyl, die wegen ihrer Kritik an Masseneinwanderung verfolgt werden. Ein Rückgriff auf die Einwanderungsgeschichte oder ein politischer Coup für die USA?

Gehören die heute so oft in der Kritik stehenden Boomer zur glücklichsten Generation, die je in Deutschland gelebt hat? Dafür sprechen viele Gründe, aus denen sich diese Ursuppe westdeutscher Geborgenheit zusammensetzt. Und dazu gehört wiederum das bewegte Bild auf der Kinoleinwand.

Es waren die immer üppiger ausgestatteten Hollywood-Produktionen, welche diese Generation prägten. Wer heute über 60 ist, erinnert sich noch, wie teuer es wurde, wenn man die Leihkassette nicht rechtzeitig am Folgetag zur Videothek zurückbrachte. Noch teurer, wenn es ein Film aus dem Bereich hinter dem Vorhang war, den man auch allein nur durch die vorgehaltene Hand hindurch anschauen konnte.

In Salzgitter gab es diese Großraumvideothek – „VideoSky“ sprach man aus, wie einen polnischen Nachnamen mit Betonung auf dem -O-.

„Atemlos“ mit Richard Gere, „Es war einmal in Amerika“ mit James Woods, „Scarface“ mit Al Pacino oder „Der Pate“ mit Marlon Brando. Und dort diese flüchtige Rückblick-Figur des Vito Andolini aus dem italienischen Corleone, der aus Italien flüchtend als Kind in Ellis Island ankommt. Und der von einem US-Einwanderungsbeamten kurzerhand den Nachnamen „Corleone“ bekommt, ein Kreidekreuz auf die Jacke und ein paar Wochen in Quarantäne samt Gratisblick durch sein vergittertes Fenster auf die Freiheitsstatue. Herzzerreißender konnte man das ja kaum spielen, als es damals dem gerade zwölfjährigen Italiener Oreste Baldini hinter dem Sepia-Filter gelang.

Vito (Andolini) Corleone, Roland (Tichy) Frankfurt, Matthias (Matussek) Gelting oder Julian (Adrat) Berlin – liegt die Zukunft in den USA? Amerika! – bitte unbedingt mit italienischem Akzent ausgesprochen. Daran mag – vorerst noch mit einem Augenzwinkern – denken, wer über das neueste Angebot von Donald Trump nachgedacht hat, der Europäern Asyl in den USA anbietet.

Keine geringere als die New York Times schrieb nämlich vor ein paar Tagen, die Trump-Regierung erwäge laut geleakten Dokumenten, die der Zeitung vorlägen, „eine radikale Überarbeitung des US-Flüchtlingssystems, die das Programm auf das Nötigste reduzieren und gleichzeitig Englisch sprechende, weiße Südafrikaner und Europäer bevorzugen würde, die sich gegen Migration aussprechen.“

Hier soll Europäern Vorrang eingeräumt werden, die, so wörtlich übersetzt, „wegen der friedlichen Äußerung ihrer Meinung im Internet, beispielsweise wegen ihrer Ablehnung von Masseneinwanderung oder ihrer Unterstützung für ‚populistische‘ politische Parteien, ins Visier genommen wurden.“

Fraglos handelt es sich hier um eine Anspielung auf den Verfolgungsdruck gegen oppositionelle Politiker und Medienschaffende in Deutschland. Wer etwa auf der politischen Ebene miterlebt, wie massiv aktuelle AfD-Abgeordnete wie etwa Stephan Brandner und Petr Bystron wegen Nichts und Bagatellen mit Klagen überzogen werden und in welchem Maße Journalisten der Neuen Medien ihre finanzielle Grundlage entzogen werden soll, der ahnt, worauf das alles hinausläuft könnte. Der besondere Deutschland-Focus von Vizepräsident JD Vance mag hier noch ein Antreiber sein.

Und was auf den ersten Blick für Europäer noch skurril klingen mag, bekommt durch die konkreten Überlegungen in den USA einen Booster in Sachen Ernsthaftigkeit, wenn etwa ein hochrangiger US-Beamter gegenüber der Times sagte, die Trump-Regierung beobachte die Lage in Europa, „um zu entscheiden, ob jemand Anspruch auf den Flüchtlingsstatus habe.“

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Was sind die inneramerikanischen Beweggründe? Der Mythos der USA ist ihre Einwanderungsgeschichte. Sie verkörpert die Idee der Freiheit und Chancengleichheit für alle. Die Rolle Amerikas als Zufluchtsort ist Teil der DNA der USA. Das wiederum kollidiert mit dem Ende der illegalen Massenzuwanderung über die mexikanische Grenze. Deshalb ist Präsident Trump auf der Suche nach einer neuen Erzählung. Es geht schlicht darum, die Idee des Zufluchtsortes steuerbar zu machen.

Die New York Times schreibt weiter:

„Es spiegelt eine bereits bestehende Vorstellung einiger Mitglieder der Trump-Regierung darüber wider, wer die wahren Amerikaner sind“, sagte Barbara L. Strack, ehemalige Leiterin der Abteilung für Flüchtlingsangelegenheiten bei den Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörden während der Regierungen Bush, Obama und Trump. „Und sie denken, dass es weiße Menschen sind, und sie denken, dass es Christen sind.“

Ironie dieser Geschichte: Wenn Trump deutschen Oppositionellen Asyl anbietet, die unter der Merz-Regierung einem Verfolgungsdruck unterliegen, dann fällt einem das Gastgeschenk wieder ein, das der Bundeskanzler für den US-Präsidenten ausgewählt hatte, als Merz das erste Mal im Weißen Haus zu Gast war: Ein golden gerahmtes Abbild der Geburtsurkunde von Trumps Großvater, der 1869 im pfälzischen Kallstadt geboren wurde.

Tatsächlich: Wer sich mit der Geschichte der Deutschen in den Vereinigten Staaten beschäftigt, der erkennt zunächst zwei Dinge: Zum einen die große Zahl deutscher Auswanderer (noch vor den Briten, Iren, Italienern oder Chinesen) und zum anderen den enormen Assimilationserfolg. Keine andere Gruppe ist auf diese Weise mit der neuen Welt verschmolzen, in ihr aufgegangen und regelrecht in ihr verschwunden. Zweifellos trugen die beiden Weltkriege dazu bei, dass man diesen Gang auch für klüger hielt.

Der Stern will einmal herausgefunden haben, dass die Deutschen in den USA auch zuvor nicht besonders beliebt waren:

„Die Amerikaner sind sehr geneigt, die Deutschen etwas hintan zu setzen. Sie halten die Eingewanderten nur gut zum Arbeiten und bemogeln dieselben, wo sie können“ – diese Zeilen schrieb ein deutscher Auswanderer, ein Jurastudent ohne Examen von der Wesermündung, im Jahr 1863 aus den USA nach Hause. Ein anderer ließ die Verwandtschaft in Deutschland wissen: „… die Amerikaner haben einen großen Widerwillen gegen alle Deutschen und setzen sie überall zurück…“.

Das mag allerdings auch an der großen Zahl gelegen haben: Von Mitte des 19. bis 20. Jahrhunderts fuhren sechs Millionen Deutsche über den großen Teich.

Nimmt man heute die 25 Prozent für die AfD aus den Umfragen, dann sind das über 15 Millionen Wahlberechtigte. Aktuell versucht die herrschende Klasse, diese Partei zu verbieten. Es kann also schnell eng werden auf den Schiffen der Transatlantik-Passagen, denn Omas Küchenbuffet passt nun mal nicht in den Lufthansa-Gepäckraum.

Noch erscheint all das sehr surreal und wie ein großer Ulk. Erstaunlicherweise für jene, denen geholfen werden soll, mehr als für Trump, der dieses Angebot offenbar wirklich ernst meint. Weiß er etwas, was hierzulande noch gar nicht durchgedrungen ist?

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