Hass und Hetze müssen keine Straftaten sein

Umerziehung im Demokratielager in leichter Sprache

von Alexander Wallasch (Kommentare: 7)

Sie hassen und sie lieben sich© Quelle: Pixabay/sharkolot

„Hass und Hetze“ im Visier: der MDR packt die Razzia gegen Internet-Beleidiger in Leichte Sprache. Doch existiert dieser Straftatbestand überhaupt? Enthüllung einer fragwürdigen Aktion des Bundeskriminalamtes.

Artikel auf der Webseite des MDR werden auch in „Leichter Sprache“ angeboten. Der Unterschied ist hier manchmal fließend. Im Prinzip macht der WDR hier, was „Bild“ schon immer macht, nur will man dabei weniger reißerisch vorgehen. Man muss ja nicht um Leser werben, die GEZ-Gebühren werden zwangsweise eingezogen.

Gestern wurde vom öffentlich-rechtlichen Sender in leichter Sprache über den „Aktionstag“ des Bundeskriminalamtes berichtet. Morgens um sechs wurde bundesweit an 180 Türen geklopft und Hausdurchsuchungen durchgeführt.

In leichter Sprache des MDR klingt das dann so:

„Im Internet werden immer wieder schlimme Sachen geschrieben. Menschen schreiben zum Beispiel: Beleidigungen über Politiker. Drohungen gegen andere Menschen. Oder schlechte Sachen über bestimmte Gruppen. Das schwere Wort dafür ist Volksverhetzung. Das alles wird auch so genannt: Hass und Hetze im Internet.

Gegen diese Sachen gab es am Mittwoch mehr als 180 Einsätze. Die Polizei hat eine große Razzia in ganz Deutschland gemacht. Dabei wurde nach Menschen gesucht, die vielleicht Hass und Hetze im Internet machen. Bei der Razzia wurden Wohnungen durchsucht. Und Menschen wurden vernommen. Das bedeutet: Die Menschen wurden ausgefragt, ob sie schlimme Sachen im Internet geschrieben haben. Bei der Razzia wurde kein Mensch festgenommen.“

Das Problem hier – und es ist auch das Problem der „Bild“ – es gibt keinen Straftatbestand „Hass und Hetze“. Hass als solches ist nicht strafbar, aber bestimmte Handlungen, die aus Hass begangen werden, können strafrechtliche Konsequenzen haben. Prinzipiell können Sie hassen wenn Sie wollen und oft ist Ihr Hass dabei durchaus nachvollziehbar.

Etwas komplizierter ist es mit „Hetze“. Hetze ist gewissermaßen das öffentliche Bekenntnis zum Hass verbunden mit dem Wunsch, gegen das Objekt des Hasses eine feindselige Stimmung zu erzeugen. Auch hier sind die Übergänge fließend. Wenn Sie immer wieder betonen und darauf hinweisen, was dieser oder jener für Fehler gemacht hat, kann auch das eine feindselige Stimmung gegen diese Person oder auch eine Institution erzeugen ohne deshalb hetzerisch zu sein.

Anwalt Joachim Steinhöfel fasst es so zusammen:

„"Hass und Hetze", Lieblingsfloskel von Politikern, die zulässige Meinungsäußerungen delegitimieren oder kriminalisieren wollen. Nur strafbare Äußerungen sind verboten. Und das sollte man auch genau so klar sagen, anstatt zu dieser Phrase zu greifen.“

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Demnach hassen und hetzen Politiker indem sie „Hass und Hetze“ per Se als strafbare Handlungen unterstellen um unliebsame Gegner zu verhetzen.

Thomas Fasbender, Ressortleiter bei der Berliner Zeitung, kommentierte gestern ebenfalls den Artikel des MDR:

„Schlimme Sachen werden geschrieben im Internet, sagt der Mitteldeutsche Rundfunk: Beleidigungen über Politiker, Drohungen gegen andere Menschen oder schlechte Sachen über bestimmte Gruppen. Das nennt sich Hass und Hetze und hat keinen Platz in unserer Demokratie. Schluss damit. Endlich wird auch durchgegriffen: zero Tolerance und Razzien im Morgengrauen. Wer Politiker oder bestimmte Gruppen nicht lieb hat – ab in die Umerziehung. Demokratielager hat noch keinem geschadet, und zwei Wochen auf kaltem Beton schlafen wirkt Wunder. Wir können aber auch anders! Hasser und Hetzer werden die wehrhafte Demokratie noch kennenlernen. Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit, erst recht in unserer Demokratie, und was notwendig ist, das bringen wir denen schon bei. Man muss nur wollen. Wär doch gelacht.“

Ein Sprecher des Bundeskriminalamtes schrieb gestern auf Anfrage von Alexander-Wallasch.de:

„Allgemein kann mitgeteilt werden, dass neben den bereits in der Pressemitteilung genannten Delikten Volksverhetzung (§ 130 StGB), das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (§ 86a StGB), Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) sowie Beleidigung (§ 185 StGB) auch folgende Straftatbestände den Ermittlungsverfahren der Bundesländer zugrunde liegen: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§ 188 StGB), Verhetzende Beleidigung (§ 192a StGB), Öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Verstöße gegen das Waffengesetz gem. § 52 I WaffG und Zuwiderhandlungen gegen Vereinsverbote gem. § 20 VereinsG. Das BKA nimmt bei den bundesweiten Aktionstagen gegen strafbare Hasspostings eine initiierende und koordinierende Rolle ein. Bei den betroffenen Sachverhalten handelt es sich ausschließlich um Ermittlungsverfahren der Bundesländer. Auskünfte zu den Ermittlungsverfahren und Ausgängen erteilen die regional zuständigen Polizei- und Justizbehörden.“

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