„Die Ungeimpften sind ja nicht diejenigen, die das Problem verursachen“

Virologe Stöhr: Lauter­bach verantwortlich für Angst und Panik der Menschen

von Alexander Wallasch

Der anerkannte Virologe und Epidemiologe Prof. Klaus Stöhr wurde gerade von der Welt interviewt und man kann den Eindruck bekommen da hakt einer der Reihe nach ab, was die Querdenken- und Spaziergänger-Bewegung, was Corona-Maßnahmenkritiker seit nunmehr über zwei Jahren predigen und wofür diese von der Politik und den Altmedien zu Corona-Leugnern diffamiert, diskreditiert und denunziert wurden. 

Wenn man es noch mit Humor nehmen könnte, es wäre die vollständige Rehabilitation der Schwurbler. Die einzige Frage, die bleibt: Warum hat das so lange gedauert, kritische Stimmen in der Debatte nicht nur zuzulassen, sondern sich mit diesen Stimmen auseinanderzusetzen?

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Lesen Sie hier die Renaissance der Vernunft im Wortlaut des Epidemiologen Prof. Klaus Stöhr:

„Das Ende der Pandemie ist identisch schon gewesen, seitdem es Pandemien gibt. In der letzten Phase werden sich alle infizieren. Ob man das möchte oder nicht. Das ist die Realität ob man das mag oder nicht. Da müssen jetzt alle durch. Das hat in den anderen Ländern schon viel mehr Verständnis herbeigeführt. Das geht nicht anders.

Letztendlich ist die Impfung ja ein tolles Geschenk der Zeit. Es gab noch niemals einen Impfstoff während der Pandemie. Und damit kann man die Auswirkungen dieser nicht vermeidbaren Infektionen reduzieren.

Aber: Ohne diese Infektionen wird die Impfung in der Dauerschleife sein und die Pandemie kommt nie zum Ende. Man muss sich da auch nicht so sehr darum kümmern. Letztlich wird das Virus sowieso weitergegeben und jeder wird sich infizieren. Das kann jetzt noch sehr lange dauern, wenn man weiter auf Masken setzt, weiter auf Abstandsregeln setzt.

Andere Länder haben gesagt, wir kürzen diese Geschichte ab: Solange das Allgemeinwohl nicht gefährdet ist, solange die Krankenhäuser und Intensivstationen weiterhin arbeitsfähig bleiben, werden wir das Ende der Pandemie beschleunigen oder den Weg bis dahin.

In Deutschland – wir haben es gehört – gibt es immer noch Menschen, die glauben, dass man die Infektion verhindern kann. Das geht nicht. Und letztendlich ist das Endergebnis dieser Infektion jetzt vorhersagbar. Es gibt freiwillig Ungeimpfte und es gibt freiwillig Geimpfte. Und da wird sich nicht mehr viel ändern in der Masse.

Das hat man ja gesehen, beim Novavax-Impfstoff, da wurden 40.000 - 45.000 Dosen verimpft. 36.000 Menschen haben sich in der letzten Woche pro Tag (insgesamt) impfen lassen. Da wird sich also nicht mehr viel bewegen. Und die Geimpften werden sich auch wieder boostern lassen.

So, und jetzt kann man der Infektion entgegensehen. Denn mehr als diesen Impfstoff – tolle Medikamente – und ein belastbares Gesundheitswesen wird es nicht geben. Und jetzt können wir einfach die Infektion immer weiter nach hinten schieben - was ja richtig war zu Anfang, als es noch keinen Impfstoff gab und keine Medikamente - oder man kann da jetzt durch, mit Augen auf und durch.

Und dass das immer noch nicht, selbst medizinisch belesene Personen verstanden haben, das man jetzt mit Masken das Drama immer weiter nach hinten verschiebt, dass kann ich gar nicht nachvollziehen.

Man muss das Ziel der Impfpflicht jetzt festlegen. Wenn es tatsächlich so wäre, dass die ungeimpften Personen zu einer Gefahr für das Allgemeinwohl werden, weil so viele dann erkranken, das Gesundheitswesen würde überlastet sein. Dann müsste man diese Frage sicher diskutieren.

Das ist aber jetzt nicht der Fall. In einem Zustand, wo Deutschland immer noch fast den höchsten Anteil an noch nicht natürlich Immunisierten hat. Das sehen wir auch an der Inzidenz, die Inzidenz ist sehr hoch in Deutschland. In anderen Ländern, in England, in Schweden. (Oder) in Dänemark, wo man diese nicht verhinderbaren Infektionen schon länger zugelassen hat, ist man auf dem absteigenden Ast.

Jetzt die Impfpflicht hervorzuholen – ein sehr scharfes Schwert – wäre notwendig, wenn das Allgemeinwohl gefährdet ist, wenn die Ungeimpften hohen Druck auf die Krankenhäuser und Intensivstationen ausüben würden. Aber das ist ja nicht der Fall.

Es sind (…) die Geimpften wo es natürlich normale Durchbruchsinfektionen gibt.

Das ist ja klar, Impfstoffe wirken nicht einhundert Prozent, auch Medikamente nicht, das bleibt auch so.

Aber die Ungeimpften sind ja nicht diejenigen, die das Problem verursachen jetzt. Und das ist eigentlich auch falsch kolportiert. Wenn das so wäre, müsste man über die Impfpflicht nachdenken, das ist aber nicht so.

Deswegen halte ich es jetzt (für) richtig und wichtig, dass man diese große Impflücke, wenn es denn eine gibt, auch mal festmacht. Wo gibt es den die Zahlen und Daten, wie groß Impflücke ist? Das unterscheidet sich nicht so sehr, der Impfstatus in Deutschland von dem in anderen Ländern bei den über 60-Jährigen. Auch bei den Zweit- und Drittimpfungen nicht.

Warum man in Deutschland eine Impfpflicht will … Ich glaube in Kasachstan gibt es noch eine, im Vatikan, in Myanmar – ich weiß gar nicht genau, welche Länder das sind. Also Deutschland ist in nicht so guter Gesellschaft, wenn es um die Impfpflicht geht bei der Corona-Impfung.

Die Kollegen, die Grundlagenwissenschaftler, Laborwissenschaftler, Physiker und andere, die können ja nichts dafür, dass sie von einer Politik in eine Wissenschaftsberatung gezwungen wurden, die eben nicht strukturiert war, die die Risikobewertung nicht auf der Grundlage eines normalen Krisenmanagements organisiert haben. Normalerweise ist die Politik verantwortlich dafür, ein System zu etablieren einer strukturierten Risikobewertung.

Die müssen proaktiv Wissen einfordern, den wissenschaftlichen Diskurs fördern, Bekämpfungsstrategien und Alternativoptionen erarbeiten. Und die muss man dann natürlich politisch bewerten und umsetzen. Das hat es in Deutschland nicht gegeben, auch in vielen anderen Ländern nicht.

Aber ich würde den Kollegen, die da halt hineingezogen wurden aus ihren Labors heraus oder aus ihren Universitäten, da keinen Vorwurf machen. Der Prozess hat einfach nicht gestimmt, dass man eben keine Krankenhaushygieniker, Epidemiologen, auch viele Kinderärzte haben sich da vermisst gefühlt, Pneumologen, Gesundheitsökonomen - die wurden alle auch nicht mit involviert.

Aber das Schlimmste war, dass der Prozess nicht gestimmt hat.

Man muss normalerweise ein so genanntes „stehendes Expertengremium“ schaffen, die dann eben 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, die ganze Zeit halt der Regierung zur Verfügung stehen. Und nicht ab und zu Mal dann zu einem Expertenmeeting zusammenkommen und ansonsten ihre auch anderen wichtigen Aufgaben erledigen.

Also das ist glaube ich der hauptsächliche Grund. Und dann hat die Regierung auch ein Krisenkommunikation hingelegt, die unterirdisch ist.

Nicht umsonst wurde dieses große Vakuum der Krisenkommunikation benutzt von vielen - einschließlich des jetzigen Gesundheitsministers - der dann auch auf eine gewisse Art und Weise glaube ich, für Situationen jetzt verantwortlich ist. Dass die Menschen so große Angst und Panik haben, dazu gehört eine ganze Menge Warnen auf Evidenz freier Grundlage.“

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