Die Historie von Unternehmen beginnt üblicherweise mit dem Datum der Firmengründung. Von dort aus wird die Erfolgsgeschichte erzählt. Was Leser begeistert, sind Entwicklungen auf dem Zeitstrahl, die sich lesen wie der Mythos vom Tellerwäscher zum Millionär.
Die Historie eines Unternehmens spiegelt den unternehmerischen Erfolg und weist idealerweise auf eine Kontinuität des Wachstums hin, nach dem Motto: Seht her, wir werden immer größer. Oder: Schaut, wo wir herkommen und wie wir wurden, was wir heute für unsere Kunden sind.
Auch das Unternehmen von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer schmückt sich online in der Menüführung neben Informationen über die „Marken“ und den „Verleger“ mit einer „Historie“. Das sind die drei Säulen der Außendarstellung der Weimer Media Group, die man kommunizieren möchte.
Nun hat die Website der Weimer Media Group nach massiven Löschvorgängen und nach Kritik und Unterlassungsklagen zwar deutlich an Gewicht verloren, aber die „Historie“ blieb von nächtlichen Reinigungsarbeiten wohl unberührt. Bisher. Laut Wikipedia wurde die Weimer Media Group als ein „Verlag mit Sitz in Tegernsee (…) 2012 von Wolfram Weimer und Christiane Goetz-Weimer gegründet“.
Der Wikipedia-Artikel wurde im Juli 2013 angelegt. Die Weimer Media Group hat seit März 2024 sogar einen eigenen Wikipedia-Autoren-Account. Weite Teile des Wikipedia-Artikels – hier insbesondere jene, wo es um die Großveranstaltungen am Tegernsee und in Frankfurt geht – hat die Weimer Media Group sich selbst ins Wikipedia geschrieben, hier und hier. Konkret heißt es dazu:
„Die Person oder Organisation hinter diesem Account erklärt in Übereinstimmung mit den Nutzungsbestimmungen, von ‚Weimer Media Group GmbH‘ für Bearbeitungen in der Wikipedia bezahlt zu werden.“
Im Weimer-Profil des Wikipedia-Account heißt es weiter:
„Wir haben verstanden, dass die Wikipedia keine Werbeplattform ist. Sollten wir es doch einmal mit der Selbstdarstellung übertreiben, bitten wir um einen Hinweis auf den Diskussionsseiten. Herzliche Grüße vom schönsten See Deutschlands :-) – Manuela (Assistenz der Verleger) und Stephan (Freier Mitarbeiter).“
Und besagter Stephan schreibt weiter:
„Meine Beiträge in diesem Artikel werden als bezahltes Schreiben in Übereinstimmung mit den Nutzungsbedingungen der Wikipedia offengelegt. Der Arbeitgeber ist die Weimer Media Group GmbH.“
Laut Wikipedia wurde das Unternehmen 2012 gegründet. Das allerdings stellt sich in der Historie der Weimer Media Group ganz anders dar. Dort beginnt die Erfolgsgeschichte der Weimer-Dynastie bereits vor der Nelkenrevolution und auch vor der Geburt von Wolfram Weimer selbst!
Wenn Alexander-Wallasch.de zuletzt titelte: „Gefakte Erinnerungen: Wolfram Weimer und seine erfundene Kindheit“, dann gilt das jetzt gleichermaßen für die Kindheit der Weimer Media Group, die in der „Historie“ auf der Website schon 1958 beginnt. Und das nicht etwa, weil der Vater oder Großvater des Kulturstaatsministers bereits ein Heim für gefallene Zeitungen gegründet hätte.
Aber wie macht man es dann? Weimer hat die Gründungsjahre der von ihm zusammengekauften Medien von der Resterampe durchgeschaut und dann kurzerhand das Gründungsjahr des „WirtschaftsKurier“ als Gründungsjahr der „Weimer Media Group“ eingesetzt.
Noch einfacher erklärt: Hätte Weimer nicht nur „Pardon“, sondern auch die satirische Wochenzeitung „Simplicissimus“ auf dem Medien-Trödelmarkt gekauft, dann wäre das Gründungsjahr der Weimer Media Group in Weimers „Historie“ auf das Jahr 1896 zurückverlegt worden.
Das Prinzip Weimer, was die „Autoren“ angeht, setzt sich hier nahtlos fort. Aber auch für die eigene „Historie“ muss gelten: Ein bisschen geflunkert ist auch schon gelogen. Warum macht man das? Um vor Sponsoren eine Größe zu suggerieren, die sich über Fake-Autoren und Medienleichen nun auch auf eine nicht vorhandene Tradition der Weimer Media Group stützt?
Aber die „Historie“ geht ja noch weiter. Aus dem Nebel taucht „Campo-Data“ auf, angeblich ein „Meinungsumfrageinstitut“, das schon seit 30 Jahren als „Ranking-Agentur“ zum Weimer-Unternehmen gehören soll, welches aber selbst erst vor 13 Jahren gegründet wurde. Auch Campo-Data ist übrigens „Autor“ bei „TheEuropean“, an einer Stelle heißt es, das Institut gehöre „heute“ zur Weimer Media Group.
An anderer Stelle wird „Exklusiv für TheEuropean das Tool zur Wahl Campo Data“ angeboten. Aber der Link geht ins Leere. Und als der Weimer-Tegernsee-Intimus Merz Ende Dezember 2021 zum Parteichef gewählt wurde, rühmt sich „TheEuropean“ mit „seinem Umfragetool Campa Data“ welches diesen Sieg schon Tage zuvor vorausgesagt habe. Wie, wo und mit welchen Mitarbeitern: Ein Rätsel aus der Kiste der Medien-Copperfields.
Nach „Campo Data“ folgt in der „Historie“ der CH. Goetz Verlag mit Datum 2001 und dem Zusatz „Gründung des Verlages“. Auf der Website des Verlags heißt es zum Sortiment: „Heute reihen sich Sachbücher aus Wirtschaft und Politik an belletristische Sammelbände und Biografien.“ Man sei „auf Publikationsreihen für Corporate-Publishing-Kunden spezialisiert“.
Im Wikipedia-Eintrag zum Verlag heißt es dann, der Verlag habe laut „Merkur“ etwa „50 Publikationen im Programm“. Problem nur: Der als Beleg hinterlegte Link zum Merkur-Artikel gibt diese Information überhaupt nicht her. Kein Wort findet sich dazu. Stattdessen finden sich aber auf der Verlagsseite eine kleine Reihe potemkinscher Buchdruckleichen.
Die „Historie“ der Weimers ist hier längst noch nicht zu Ende, der Reihe nach werden die zusammengekauften Medienleichen vorgeführt und jeweils mit ihrem ursprünglichen Gründungsdatum den Weimers zugeschanzt. So hat man „TheEuropean“ 2015 gekauft, aber in der Historie ist das Portal bereits seit 2009 im Portfolio der Weimer Media Group und auch eine englische Ausgabe „TheEuropean“ – mittlerweile verschollen – wird hier mit „2010“ der Historie eines Unternehmens zusortiert, das als Weimer Media Group überhaupt erst 2012 gegründet wurde.
Jetzt ahnt man schon, was der Knochensäge der Weimers in hektischer Selbstamputation der nicht mehr lebensfähigen Organe und Gliedmaßen als Nächstes zum Opfer fällt: Die „Historie“.
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Hervorzuheben ist ebenfalls eine mit Datum „2006“ in der „Historie“ versehene Unternehmung der Weimer Media Group mit eigenem Logo namens „investor service“. Hinter dieser Unternehmung verbirgt sich nichts anderes als die Behauptung, man verfüge „über eine der größten E-Mail-Datenbanken der deutschen Wirtschaftselite“. Und sicher werden da die eine oder andere Mailadresse zusammengekommen sein, wenn man sein Adressbuch vernünftig pflegt, aber sind es „mehr als 100.000“?
Und haben „mehr als 100.000“ Menschen hinter den Mail-Adressen zugestimmt, von der Weimer Media Group verramscht zu werden, als wäre man ein Kontaktsteinbruch? Weimer schreibt jedenfalls dazu:
„Viele der Leser sind auch offen für gezielte Markt- und Produktinformationen. Die Datenbank kann darum für viele Unternehmen ein direkter Weg zu ihrer Zielgruppe sein.“
Gemessen an neuen hohen Datenschutzauflagen kann es auch hier knifflig für die Weimers werden. Und so wirbt Weimer dann auf seiner Website um Kunden, denen er sein Adressbuch quasi zum Verkauf anbietet:
„Große Adressen der Finanzbranche nutzen regelmäßig das Instrument der Stand-Alone-Mailings der WEIMER MEDIA GROUP für ihr Permission-Marketing. Hier gilt: Kunden verbreiten ihre Offerten und Produktinformationen in ihrem Corporate Design direkt in das Postfach der Interessenten, ohne jeglichen Streuverlust. Die Unternehmen profitieren dabei von individuellen Verteilern mit bis zu 117.000 registrierten Nutzern und dem umfangreichen Know-how bei der Nutzung dieses direkten Online-Kommunikationsweges.“
Und darf man auch die Vorgeschichte hin zu einer Unternehmensgründung erzählen. Aber dann sollte es sauber getrennt und erkennbar sein. Hier folgt es in seiner Intention den Lügen der Autorenschaften von „TheEuropean“ und den mit Unterlassungsklage mittlerweile als Lüge bestätigten „2000 Autoren“ auf dem Fuß.
Aber auch da, wo nicht gemauschelt wurde, wenn mit Datum „2019“ die Gründung eines „WeimerMedia TV“ in der Historie auftaucht, fragt man sich wie schon bei den vorangegangenen Produkten: Was steckt hinter dem grafischen Logo? Konkret geht’s hier wohl lediglich um die Berichterstattung mit Kamera von Weimers Events, die Weimer selbst veröffentlicht bzw. für berichtende Medien zur Verfügung stellt.
Weimer schreibt dazu:
„Für die werbetreibende Industrie und Agenturen ergeben sich somit neue, innovative Kommunikationsmöglichkeiten auf den erfolgreichen Digitalplattformen der WEIMER MEDIA GROUP.“
Und dann folgen prekäre Produkte wie „TheEuropean“ als Flaggschiff mit Lesezahlen, die sich im Bereich von wenigen Zehntausend Lesern bewegen, wo etwa Tichys Einblick oder Nius bei etlichen Millionen liegen.
Irgendwo läuft alles irgendwie schräg. Jeder Laie erkennt es auf den ersten Blick, schon wenn man versucht, die Weimer-Produkte via Google-Suche zu erfassen, geschweige denn einmal herauszufinden, ob, wann überhaupt und wie viele von diesem oder jenem Produkt verkauft werden, geschweige denn irgendwo online oder in einer Printausgabe zur Verfügung stehen.
Nach dem Leichenparcours in der „Historie“ folgt noch ein bedeutungsschweres Nachwort mit dem Opener: „Die Weimer Media Group auf Wachstumskurs“. Für die gerade vorgestellten Produkte kann das nicht zutreffen, allenfalls für die Events in Frankfurt und am Tegernsee, die, man ahnt es ja, ebenfalls in der Historie zu finden sind und die als Jungbrunnen rund um die sie umgebenden Leichen drapiert wurden.
Mutig schreiben die Weimers:
„Die WEIMER MEDIA GROUP gehört zu den erfolgreichsten Verlagsgründungen Deutschlands.“
Klar ist das glatt gelogen, wenn man die Mini-Davos-Partys nicht einrechnet, was man seriöserweise auch nicht tun sollte.
Die Weimer Media Group bezeichnet sich hier selbst als einen „der großen Online-Publisher Deutschlands“. Also Weimers Schrottimperium einfach mal auf Augenhöhe mit den echten Größen wie Axel Springer SE, Hubert Burda Media, Spiegel-Verlag oder Funke Mediengruppe.
Um es bildhaft zu machen: Der Kiosk ums Eck nennt sich Supermarkt oder gleich Shopping-Mall – aber es bleibt „Einkaufen bei Mutter Weimer“ und an der Tür meistens das Schildchen „Heute wegen Trauerfall geschlossen“.
Spektakulär auch die Selbstveredelung der Schrottwichtel-Produkte:
„Geschäftlich baut der Verlag innovative Hybride – und wurde dafür schon vom Institut für das Erfindungswesen mit der renommierten Dieselmedaille ausgezeichnet.“
Was bedeutet in dem Kontext „innovative Hybride“? Der Begriff bezeichnet allgemein eine Kombination aus zwei oder mehr unterschiedlichen Elementen, die zu etwas Neuem, oft Leistungsstärkerem oder Effizienterem verschmelzen.
Okay, da steckt ein Fünkchen Wahrheit drin: Wenn ich mehrere Schrottmarken zusammenfüge und Kunden suggeriere, der Schrottplatz wäre in Summe ein Ferrari, dann ist das Event am Tegernsee tatsächlich die Luxuskarosse, das jetzt gelüftete Geheimnis vom Stroh zu Goldspinnen: Oh wie gut, dass niemand weiß …
Und zuletzt wird noch drauf hingewiesen, dass die Weimer Media Group auch was für den Nachwuchs tut. Dass es der eigene Nachwuchs ist, hat Weimer aber vergessen dazuzuschreiben, wenn es über mittlerweile schiffbrüchige Unternehmung eines der Söhne der Weimers heißt:
„Die WEIMER MEDIA GROUP fungierte zudem als Start-up-Hilfe für das Kaufhaus des Guten (kadegu).“
Dieses Kaufhaus ist ein kleines Lädchen ebenfalls am Tegernsee, mit teilweise verheerenden Online-Kritiken, als es noch ein paar Kunden hatte. Angeblich, so heißt es in der „Historie“ bei Weimer Media Group weiter, sollen bei „kadegu“ von jedem Einkauf ein fester Betrag „an Waisenkinder in Argentinien“ gehen. Nein, man mag gar nicht nachfragen, was an Spenden zusammengekommen ist. Wir haben es trotzdem getan. Zahlen werden nachgeliefert.
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