Ein schlechtes Gewissen soll ich haben, weil ich „Welt“-Herausgeber Ulf Poschardt immer wieder aufs Korn genommen hatte, als er mit seinen alten Kumpels aus den Elfenbeintürmen auf Straßengang machte. Eine Chance geben sollte ich!
Mit meiner Häme wäre ich der beste Kandidat dafür, als eifersüchtiges Arschloch durchzugehen – schrieb mir wirklich jemand! Ich habe meine Leser verstanden und mich anderen Themen gewidmet, es liegen ja genug herum.
Aber wie bitte soll man noch an diesem gigantischen rosa Elefanten vorbeischauen? Es geht einfach nicht. Ich zitiere nur ein paar Sätze aus der neuen Kolumne von Ulf Poschardt. Jenes Poschardts, der sich mit „Shitbürgertum“ auch dank Einkäufe der Leser der Neuen Medien bis in die Spiegel-Bestsellerliste hochgeputscht hat. Unter anderem mit der Selbstbeschreibung, seine Gesellschaftskritik sei „provokant, analytisch und ein Weckruf zur Selbstreflexion“.
Eine aktuelle Poschardt-Kolumne für seine „Welt“ trägt jetzt den Titel: „Die FDP muss die Alternative für dieses Land werden.“ Und weiter steht da, Christian Lindner habe sich in der Ampel „heroisch gegen zwei linke Parteien wehren müssen.“
Christian Lindner und Marco Buschmann sind für Poschardt zwei intellektuelle und verantwortungsbewusste Kaliber. Und Liberalismus sei doch sowieso der organisierte Zweifel an der Macht, zitiert der Träger des Ukraine-Verdienstordens für Waffenpropaganda einen alten FDP-Granden.
Die FDP als Punk-Bewegung? Das ist so falsch, wie das possierliche Zitat auf Poschardts rasiertem und parfümierten Buchrücken: „Macht kaputt, was Euch kaputt macht!“ Sicher hatte Poschardt noch überlegt, sich vielleicht „Keine Macht für Niemand“ selbst hintendrauf zu schreiben, einen weiteren Titel der linksradikalen 1970er Kapelle Ton Steine Sterben – pardon: Scherben – die viel zu lange die Musik der anderen war, aber niemals die vom brav gescheitelten Popper-Autor.
Poschardt weiter: „Viele haben auf Merz gesetzt und sind enttäuscht – oder hoffen zunehmend verzweifelt, dass es nun endlich losgeht.“ Wer sind diese „Viele“? Es ist vor allem Poschardt selbst, der Kampagne für Merz gemacht hat. Es war der „Welt“-Herausgeber, der noch am 25. Januar 2025 titelte: „Die letzte Chance für Friedrich Merz“. Und dann befand der Schockverliebte:
„Friedrich Merz dagegen hat – nach Wochen der Weichspülerei – endlich einen klaren, scharfen Ton an den Tag gelegt.“
Und hier der zentrale Satz der neuen Poschardt-Kolumne:
„Die FDP muss die Alternative für das Land sein – ohne das Ressentiment und die reaktionäre Verbittertheit der sich selbst als Alternative bezeichnenden Partei.“
Der Shitbürger schafft es nicht einmal, die drei Buchstaben hinzuschreiben: AfD!
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Das ist kein Humor, das ist nicht satirisch gemeint. Da feiert einer seinen ganz persönlichen Aschermittwoch nach den aufregenden Tagen im Kostüm des Rebellen-Journalisten bis weit hinauf auf die Spiegel-Bestsellerliste. Jetzt aber schnell Alka Seltzer einwerfen und die licht- und blickdichten Rollos runterziehen, muss sich Poschardt selbst souffliert und sich die weißen Schaumflocken aus den Mundwinkeln gestrichen haben:
Eine neue FDP soll wie Phönix aus der Asche auftauchen und mit „neuen, frischen Gesichtern“ soll „gemeinsam der letzte Versuch gestartet werden“. Die FDP müsse anders werden: „Selbstbewusst, klug, elegant und scharf wie ein Samuraischwert. Antipopulistisch und populär.“
Die FDP scharf wie ein Samuraischwert? Das ist so strunzstumpfdämlich, dass einem wirklich die Metaphern ausgehen. Aber ein X-User erzählt diese unendliche Geschichte aus diesem pupsigen Elfenbeinturm gleich weiter:
„Sein WELT-Leitartikel heute (Print) ist auch herrlich: Merz, der Hoffnungsspender, aufgrund seiner ersten Kanzlerrede. (Von der mittlerweile bekannt ist, Scholzens vormaliger Redenschreiber habe entscheidend mitgewirkt.)“
Julian Reichelt schrieb am 26. April 2025 über seinen Bestbuddy Poschardt:
„Ulf Poschardt ist der einzige Gesamt-Chefredakteur bei Axel Springer, national wie international, der intellektuell gleichauf mit Mathias Döpfner ist und die Werte von MD und Axel Springer aus tiefstem Herzen empfindet – und auch formulieren kann. Ihn den Leuten zu opfern, die Axel Springer nur ‚Hofschranzen‘ nannte, ist vollkommen undenkbar und würde der freiheitlichen Strahlkraft des Unternehmens massiv schaden. Wo Döpfner sich dem Zeitgeist und den internen HR/DEI-Ideologen unterwirft, steht Poschardt stabil und unbeugsam und verschafft damit wiederum auch Döpfner Spielräume. Döpfner ist zu klug, um einen seiner Klügsten den Mittelmäßigen zum Fraß vorzuwerfen.“
Das muss doch alles Satire sein, oder?
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Kommentar von Ernst Viehweger
Selten so gelacht:
"Lindner musste sich in der Ampel gleich gegen zwei linke Parteien wehren..."
NEIN:
Er hat die Ampel erst ermöglicht!
Wenn er auf Ministergehalt und Dienstwagen verzichtet hätte,
wäre Deutschland die Ampel und Brandmauer erspart geblieben!
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Kommentar von Ernst Viehweger
Die WELT wird von Liz Mohn gelenkt, sie hat für ihre Freundin Merkel einen stets reservierten Tisch in ihrer Kantine! Ulf Poschardt ist Manöveriermasse, und hier der Versuch von der AfD etwas abzuspalten, wenigstens etwas.
Die FDP ist eine verlogene Kleinpartei die immer ausschließlich für ihre Großspender tätig war und nun erfreulicherweise zu einer der Klein-Partei-Dekaden sich wandelt, wo sie immer schon hingehörte. Sie hatte in letzten Bundestag bereits kein einziges Direktmandat, ausschließlich Listenmandate.
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Kommentar von Rainer Möller
Poschardt verdanke ich die schöne Formulierung "Staatsfetischismus". Die bringt auf dem Begriff, was CSU und SPD traditionell verbindet. Und ehrlich gesagt, alle Liberalen werden auf Dauer sowieso als "rechtslibertär" abgestempelt werden und so wachsen FDP und AfD zunehmend zusammen. Wobei die FDP mehr theoretischen Hintergrund hat als die AfD, auch wenn sie in der Praxis hinter ihre Theorie zurückfällt.
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Kommentar von Max Meier
Ah ja, die FDP wieder ... muss ja jetzt nicht verwundern.
"Intellektuell gleichauf mit Mathias Döpfner" - ... dazu gehört ja nun nicht viel. Der Typ ist nur aalglatt und ohne Rückgrat.
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Kommentar von Ombudsmann Wohlgemut
Christian Lindner habe sich in der Ampel „heroisch gegen zwei linke Parteien wehren müssen.“
Falls er das wirklich tat, dann hat er hoffnungslos versagt.
„Die FDP muss die Alternative für dieses Land werden.“
Aus Teilen der FDP wurde die einzige Alternative. Wir gehen nicht wieder back to the rotten roots.
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Kommentar von Judith Panther
FDP - Fang Den Poschardt ...
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Kommentar von Judith Panther
am 18.02.25 postete ich auf https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/fdp-und-die-zensur-drei-jahre-mittaeter-jetzt-ploetzlich-freiheitskaempfer/, wo Joana Cotar die Erzheuchelei der F ür D en P opo-Partei die Leviten liest, folgendes:
Was die FDP von einem Sack Reis in China unterscheidet ist die Tatsache, daß die FDP öfter umfällt.
Umfallen ist gewissermaßen ihr Markenkern, es gehört zu ihrer DNA.
Wer gerne Versprechen bricht und sich ungern an seine Zusagen hält geht
traditionell in die FDP, andere wiederum, die sich mehr auf die Kunst des Halswendens verstehen, landen in der CSU, wo sie sich mit geschmeidigem Gewinde langsam an die Spitze södern.
Wer hingegen beim „Langsam Vorpreschen und dann schnell wieder den Schwanz einziehen“ regelmäßig alle Rekorde bricht geht als Frühstücksdirektor bei der Oppositionspartei auf Vorsitzendentauchstation um von dort aus jedwedes Aufkeimen von Opposition zu verhindern.
Wenn Kubicki also heute sagt „Dieses grüne Zensurgesetz ist Bullshit! Das UNTERSCHREIBEN WIR NICHT!“
dann wissen wir, was morgen in der Zeitung steht:
„FDP hat zugestimmt“
„1 Söder/sec“ bezeichnet die Maßeinheit für die Anzahl der vollendeten
Halswendemanöver während einer Legislaturperiode, bei der Einheit
„1 Kubicki“ handelt es sich um den Zeitraum vom Versprechen zum Brechen und entspricht in etwa der Lebensspanne einer Halbtagsfliege.
Und jetzt beweist ihr liberales Feigenblatt Kubicki daß die FDP selbst dann, wenn sie schon am Boden liegen, noch umfallen kann.
Die zwingende psycho-logische Schlußfolgerung daraus, was nun den FDP-Wähler angeht:
Er will nicht wirklich, daß sich an der Politik einer Koalition, in der die FDP buchstäblich bis zum Umfallen mitregiert, irgendwas ändert, sonst würde er sein Kreuzchen nicht bei der FDP machen sondern bei einer Partei, die etwas ändert und nicht jedes verdammte Mal ihr Wort bricht.
Hatte beispielsweise Saus-und-Braus-Lebemann Lindner nicht
2017 hoch und heilig versprochen, „lieber nicht zu regieren als falsch zu regieren“?
Und?
Jetzt vielleicht umbenennen in
„F alschregierende D enunzianten P artei?
Was den FDP-Wähler von den Wählern anderer Lügenparteien unterscheidet ist sein offenbar unwiderstehliches Verlangen, regelmäßig und bei jeder einzelnen Gelegenheit, bei jeder einzelnen Wahl, jeder Abstimmung, ganz egal, worum es dabei geht, jedes einzelne Mal erneut und auf die exakt gleiche Art und Weise von seiner Partei des Herzens – hm … wie soll ich mich ausdrücken, ohne der Zensur anheimzufallen … Veräppelt? Hereingelegt? Über den Löffel balbiert und den Tisch gezogen, belogen, betrogen, an der Nase herum hinter die Fichte geführt und nach allen Regeln der Kunst in Grund und Boden verarscht zu werden?
Die FDP hat das traditionelle Politikerhobby „Wähler verarschen“ geradezu zu einer eigenen Kunstform erhoben.
Wie müssen sich die jungen Leute vorgekommen sein, die erstmals 2021 ihr demokratisches Wahlrecht ausüben durften, die die FDP ausdrücklich wegen ihres Versprechens gewählt hatten, den unseligen Lockdown zu beenden – und kaum 1 Kubicki später erleben mußten, wie die FDP ihre Freiheit und Gesundheit für ein paar lukrative Pöstchen verraten und sie ohne mit der Wimper zu zucken an die Orwell-Mafia verkauft hat?
FDP?
F… Dich, Partei!
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Kommentar von Judith Panther
Und Buschmann?
Eine Physiognomie, aus der niemals etwas herauskommen kann, über das jemand vorher nachgedacht haben muß.
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Kommentar von Ulric
Verehrter Herr Wallasch, bitte lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen einreden. Poschardt und Reichelt liefern Steilvorlagen, die einfach zu verführerisch sind. Und wenn Sie die dann mit köstlichen Texten 'verwandeln', ist das ein Hochgenuß.
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Kommentar von Kai v. Anschütz
Ein "schlechtes Gewissen" müssen Sie wegen Ihrer Artikel über einen Ulf Poschardt wirklich nicht haben. Im Gegenteil: Der Typ hat sich jeden Ihrer Sätze redlich verdient. Poschardt in den Redaktionsstuben der "Welt" ist eine Fehlbesetzung wie die FDP in einem deutschen Parlament.
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Kommentar von .TS.
Die einen glauben imemr noch an die konservative Wende mit der C-Partei, andere weiterhin noch an die "freiheitliche" Flitzpiepen.
Womöglich kommt noch jemand der die buntolivgrünen Waldvernichter noch für friedensbewegte Umweltschützer und die Spezialdemokraten für arbeiterfreundlich hält.
Immerhin ist wenigstens in der Ex-SED noch sehr viel SED drin.
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Kommentar von Rolf Oetinger
Ja, wenn beim Poschardt nicht mehr als eine FDP-2.0 rauskommt, dann ist das schon äußerst blass.
Klar fahren er und Lindner gerne Porsche. Und sehen beide gut aus.
Doch, sie sind wohl als gutaussehend einzuordnen.
Nur brauchen wir im Moment was ganz anderes, Jungs, die ins Ruder fallen können, die den rückwärts laufenden Motor stoppen und richtig herum starten können!
Wollen und können!
Herr Poschardts FDP-Flucht ist ganz ähnlich wie Dieter Nuhrs Alibisätze, der gerne austeilt gegen alle, nachdem er vorher für die ARD-Chefs und stille Beobachter verkündigt hat, dass die AfD "bäh" sei. Dann darf er weiter reden.
Er muss das immer erst sagen.