Wie vor 80 Jahren: Durchhalteparolen an deutschen Schulen

„Wer Putin schaden will, spart Energie“ - Klimakids auf dem Kriegspfad

von Alexander Wallasch (Kommentare: 2)

Ein Schüler eines Braunschweiger Gymnasiums brachte einen in den Klassenzimmern aufgehängten DinA4-Zettel mit nach Hause, um seine Familie zu befragen, was sie davon hält. Immerhin war der Junge alarmiert genug, zu erkennen oder zu erahnen, dass hier etwas möglicherweise in eine falsche Richtung geht.

Bei besagtem Aushang handelt es sich um eine Aufforderung, an der Schule mitzuhelfen, Energie zu sparen. Das ist ja grundsätzlich keine schlechte Idee, da Energie knapp ist oder knapp zu werden droht. Aber wie alarmistisch an dieser Schule mit diesem Thema umgegangen wird, lässt aufhorchen. Die Klimakids werden auf den Krieg eingeschworen.

Die Überschrift lautet: „Wer Putin schaden will, spart Energie“. Und diese Schlagzeile ist gekennzeichnet als Zitat von „Robert Habeck – deutscher Wirtschaftsminister“.

Es folgt ein Textblock aus der „Tagesschau“, der zunächst erklärt, dass mehr als die Hälfte des in Deutschland genutzten Erdgases aus Russland kommt. Und weiter heißt es da: „Einsparung von Energie ist durchaus ein relevanter Faktor, wenn es darum geht, von russischem Gas unabhängiger zu werden.“

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An der Braunschweiger Schule werden Kinder und Jugendliche auf den Krieg eingeschworen, indem man ihnen suggeriert, sie könnten ganz konkret etwas tun, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Das Gemetzel verlängere sich hingegen, wenn sich die Schüler nicht an den empfohlenen Maßnahmen beteiligen. Durchhalteparolen der Weltkriege funktionierten immer ähnlich.

Den Schülern wird ein schlechtes Gewissen gemacht, schon wenn sie im Schulraum die Heizung aufdrehen, jedenfalls dort, wo diese Anlagen nicht sowieso zentral vom Hausmeister angesteuert werden. Das ist schon deshalb perfide, weil hier die Klima-Debatte und der Krieg in der Ukraine miteinander vermengt werden.

Und es ist noch einmal perfider, weil der größte Gasabnehmer in Deutschland die Industrie ist und eben nicht die Haushalte. In den vergangenen zwei Jahren ist der Gasverbrauch der Industrie im Verhältnis zu jenem der deutschen Haushalte noch angestiegen, der Abstand größer geworden.

Der auf dem Aushang zitierte grüne Wirtschaftsminister bestätigt das sogar, wenn er warnt, dass die Gasversorgung für den kommenden Winter noch nicht komplett gesichert sei. Und sollte es zu Engpässen kommen, könnte es zu einer Zwangsabschaltung von Unternehmen kommen.

Der Anteil der Haushalte ist deshalb aber kein kleiner: Fast die Hälfte aller Wohneinheiten in Deutschland werden mit Gas beheizt. Aber auch das wird endlich sein, wenn Neubauten laut Ampel-Koalitionsvertrag ab 2025 mit mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien beheizt werden müssen.

Aber zurück zum Aushang an der Schule. Auf dem DinA4-Zettel wird auf eine Denkfabrik „Agora Energiewende“ hingewiesen. Diese Denkfabrik hätte „weitere Ideen zur Energieeinsparung“.

Ideen, die an Energiespartipps der Großmutter – „das letzte Stück Kohle in nasses Zeitungspapier einwickeln“ – erinnern: Den Schülern wird eine Idee der Denkfabrik an Herz gelegt, die besagt, dass „bei Abwesenheit die Heizung herunter gedreht“ werden soll. Und das so sechs Prozent des Energiebedarfs deutscher Haushalte eingespart werden könnte. Mal davon ab, dass das nicht einmal gesichert stimmt, dafür braucht es die Denkleistung einer gemeinnützigen GmbH?

Der Staat hat sich seine Zivilgesellschaft selber aufgebaut, die Regierung kontrolliert die außerparlamentarische Opposition: Der Gründer der Denkfabrik wechselte 2014 als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium. Und sein Nachfolger in der Denkfabrik ging einfach den umgekehrten Weg: Er war zuvor Referatsleiter im Bundesumweltministerium. Und 2021 wechselte derselbe Mann aus der Denkfabrik in Robert Habecks Bundeswirtschaftsministerium.

Hinter der „Agora Energiewende“ stehen u.a. die private politische Stiftung Mercator und die European Climate Foundation. Alles ist irgendwie miteinander verwoben, die grüne Heuschrecke wirkt in der Gesellschaft raumgreifend. Unnötig zu sagen, dass die Stiftung hier wesentlich an der Finanzierung beteiligt ist. Aber auch staatliche Geldgeber sind mit 23 Prozent an der Gesamtsumme der Zuwendungen beteiligt.

Solche toxischen Rochaden zwischen Thinktanks und einer deutschen Regierung mit offensichtlich autokratischen Herrschaftsfantasien führt nicht einmal mehr zum Skandal – zuletzt wurde nach dem bewerten Muster mit der „Agora Verkehrswende“ eine weitere Denkfabrik ins Leben gerufen.

Vom Aushang an der Braunschweiger Schule über den Tipp einer Denkfabrik, die Heizung runterzudrehen hin zu einem erstaunlichen Lobby-Geflecht: Im „Rat der Agora“ - ja es klingt gleichsam nach dem rosa Kaninchen wie bedrückend nach einem dystopischen Science-Fiction – sitzen zwei Staatssekretäre und fünf Bundestagsabgeordnete (Grüne, CDU, SPD, FDP). Das ist nicht weniger als die unverstellte Penetration der eigentlichen Zivilgesellschaft durch die Bundesregierung.

Der Krieg ist im Klassenzimmer angekommen. Und es ist ein Mehrfrontenkrieg gegen Putin, für das Klima und für eine Zivilgesellschaft, die jedwede außerparlamentarische Opposition im Keim ersticken soll.

Fehlt nur noch eine Fotografie eines ernst dreinschauenden grünen Ministers Robert Habeck, der die Braunschweiger Schüler mit mahnendem Zeigefinger gegen Putin und gegen ihre Heizenergie verschleudernden Eltern einschwört. Frei nach einem öffentlichen Aushang der 1940er Jahre:

Du bist ein Verräter, wenn du die Heizung nicht runter drehst.

Du bist ein Verräter, wenn Du mit dem Feind paktierst.

Du bist ein Verräter, wenn du nicht freitags demonstrieren gehst.

Du bist ein Verräter, wenn Du Dich nicht impfen lässt.

Du bist ein Verräter ...

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Trägst Du auch die Maske des Biedermanns, des Menschenfreunds. Du entgehst uns nicht. Wir packen zu, schnell und sicher und …?“

Letzterer Satz stand so tatsächlich so auf einem Aushang, der in Deutschland 1945 plakatiert wurde.

Vermeintlich harmloser geht es weiter auf dem Aushang der Schule von 2022: „Ihr könnt in der Schule sparen“ Dieser Satz wurde als Erinnerung farblich hervorgehoben und korrespondiert so mit der ebenfalls farblich markierten Überschrift „Wer Putin schaden will, spart Energie.“

Und wie sparen die Schüler Energie? In der Schule sollen die Fenster in den großen Pausen und nach Unterrichtsschluss geschlossen werden, auch Dauerlüften während der Stunden sei in Bezug auf Corona nicht notwendig.

Von deutschen Klassenzimmern aus fegt der Kampf gegen Putin die bestehenden Empfehlungen des Umweltbundesamtes zum Lüften gegen Corona einfach vom Tisch. Dort nämlich heißt es weiter unmissverständlich:

„Während des Unterrichts wird alle 20 Minuten oder öfter mit weit geöffneten Fenstern gelüftet. Alle Fenster müssen weit geöffnet werden (Stoßlüften). Je größer die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen ist, desto effektiver ist das Lüften.“

Und wie erzeugt man eine große Temperaturdifferenz? Indem man in der kälteren Jahreszeit in den Innenräumen mehr heizt als sonst. Wenn es nicht schon insgesamt so grotesk wäre, müsste man hier feststellen: Der Kampf gegen Putin und für das Klima kontaminiert die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona.

Ach so: „Auch der Beamer am Smartboard muss nicht durchgehend an sein.“ Aber wie inkonsequent ist das nun wieder? Warum nicht konsequent zurück zu Tafel, Schwamm und Kreide? Aber darauf ist der mit der Bundesregierung verlobte Denkfabrik noch nicht gekommen.

Unterzeichnet wurde der an der Schule vielfach geklebte Aushang übrigens von der „AK Umweltschule“, einem schulischen Arbeitskreis, der sich zusammensetzt aus Elternvertretern, Schülervertretern, Schulleitung und Lehrervertretern. Und das ist dann alles wieder so DDR, dass einem fast schwindelig werden kann.

Die Selbstdarstellung dieser Gruppe auf ihrer Webseite im Internet klingt dann so:

„Mitglieder erhalten einen umfassenden Einblick in die Aktivitäten im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Schule. Die Steuergruppe Umweltschule lädt Experten ein und ist Ansprechpartner für Externe und schulinterne Interessierte.“

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