Ein großer Automobilkonzern möchte seine Welcome-Refugees-Begeisterung gern vergessen machen

Wir fragen Mercedes-Benz: Wo sind die Syrer und Afghanen geblieben, die ihr alle einstellen wolltet?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Mercedes-Boss Dieter Zetsche 2015: „Die meisten Flüchtlinge sind jung, gut ausgebildet und hoch motiviert. Genau solche Leute suchen wir."© Quelle: YouTube / Motoren & Mehr

Der Chef von Mercedes-Benz jubelte 2015 von einem kommenden neuen Wirtschaftswunder dank Massenzuwanderung. Dieses Wunder ist bis heute nicht geschehen. Im Gegenteil. Aber wie viele der syrischen und afghanischen Fachleute hat Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche eigentlich seit 2015 in den Betrieben untergebracht? Wir fragen nach.

Auch wenn Angela Merkel und ihre Entourage es bis heute so aussehen lassen wollen und am liebsten so in die Geschichtsbücher stanzen möchten: Die 2015 begonnene Massenzuwanderung vornehmlich von Arabern und Afrikanern ist keine Naturkatastrophe, sondern sorgsam orchestriert. Die Grünen spielten dabei zu Beginn eine Nebenrolle. Sie waren zunächst nur die Claqueure Merkels, die ihrerseits gern ablieferte, hoffte sie doch damals noch auf ein Kabinett mit Katrin Göring-Eckardt und Co.

Wer gehörte damals zur Zuwanderungs-Entourage von Merkel? Die Bundeskanzlerin erhielt 2015 Unterstützung auch aus den Industrieverbänden und den Vorstandsetagen der Automobilindustrie. Allen voran Dieter Zetsche, der ehemalige Chef der Mercedes-Benz AG, heute Aufsichtsratsvorsitzender der TUI AG. Zetsches TUI bietet aktuell 300 Hotels und Ressorts in Tunesien und Marokko an, Tunesien ist seit Ende 2022 das nordafrikanische Land, aus dem die meisten Geflüchteten in Richtung Europa in See stechen.

Aber bleiben wir bei Zetsches Zeit an der Spitze von Mercedes. Als der Manager Mitte September 2015 auf der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) seine Vision eines mitdenkenden Autos vorstellte, äußerte er sich auch zur beginnenden Massenzuwanderung, die zum Thema Nummer eins in Deutschland geworden war, nachdem die Bundeskanzlerin die vorbereitete Schließung der Grenzen mit der Behauptung, man wolle keine unschönen Bilder produzieren, storniert hatte.

Das Ergebnis ist bekannt: Die vielfach illegale Massenzuwanderung hält bis heute an, Merkels spätere Aufforderung, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, wurde zum Lippenbekenntnis. Heute wissen wir: Merkel tat nichts dafür, ihre Massenzuwanderung zu stoppen.

Dieter Zetsche steht also im September 2015 am Mikrofon auf der Automesse – wusste er schon, dass er damals bereits am Grab der deutschen Automobilindustrie stand? – und feierte voller Enthusiasmus Merkels Zuwanderung.

Wörtlich erklärte Zetsche, im besten Fall könne diese Massenzuwanderung „eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden - so wie die Millionen von Gastarbeitern in den 50er und 60er Jahren ganz wesentlich zum Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen haben“.

Natürlich, so Zetsche, sei nicht jeder Flüchtling ein brillanter Ingenieur, Mechaniker oder Unternehmer. Aber wer sein komplettes Leben zurücklasse, sei hoch motiviert. „Genau solche Menschen suchen wir bei Mercedes und überall in unserem Land.“ Studien zufolge drohten fast 40.000 Lehrstellen unbesetzt zu bleiben. Deshalb müssten Flüchtlinge in Deutschland willkommen geheißen werden. „Wer an die Zukunft denkt, wird sie nicht abweisen.“

Der Manager sagte Sätze, die man sich heute nicht mehr erklären kann, ohne eine böse Absicht zu unterstellen. Gegenüber einer Zeitung sagte Zetsche weiter:

„Die meisten Flüchtlinge sind jung, gut ausgebildet und hoch motiviert. Genau solche Leute suchen wir".

Der Autobauer erklärte zudem, er wolle in Asylunterkünften neue Arbeitskräfte finden. Das war 2015. Bis heute wurde Zetsche in keiner Asylunterkunft gesichtet. Das störte etwa den Spiegel nicht, der damals voller Begeisterung titelte: „Daimler-Boss lässt in Flüchtlingszentren nach Arbeitskräften suchen“.

Immerhin fragte das Hamburger Magazin ein Vierteljahr später nach, ob die neue Belegschaft in den Betrieben schon überwiegend Farsi spreche. Und die Schlagzeile fiel da schon deutlich ernüchtert aus: „Zetsches Versprechen - und was daraus wurde“.

Im Januar 2016 war Zetsches Vision eines autobauenden Damaskus in Sinsheim jedenfalls noch nicht umgesetzt. Das Blatt schrieb ernüchternd: „Viel ist aus den Ankündigungen nicht geworden.“ Das neue deutsche Wirtschaftswunder war noch nicht gestartet, die Suche noch nicht erfolgreich. Allenfalls ein paar wenige Praktika waren besetzt worden.

Aber gut, vielleicht waren drei Monate einfach zu kurz gedacht vom Spiegel. Wie wäre es mit acht Jahren später? Die Massenzuwanderung wurde von der Ampel-Regierung inklusive FDP zwei Jahre lang noch zusätzlich befeuert und befindet sich aktuell auf einem neuen Allzeithoch. Es strömen demnach Tag für Tag weitere engagierte Autobauer ins Land, die ja irgendwann in den Werken ankommen müssten, noch mehr, wenn sich die Autobauer, wie es Zetsche versprach, gleich direkt aus den Unterkünften ihre zukünftigen Fachleute abholen wollten.

Alexander-wallasch.de will von der Mercedes-Benz AG wissen, wie viele Zuwanderer, die ab 2015 nach Deutschland gekommen sind, mittlerweile bei Mercedes arbeiten. Das ist deshalb von Bedeutung, weil auch die prominent gesetzten und mehrfach wiederholten Aussagen von Dieter Zetsche ein „Welcome-Refugees“-Klima erzeugten.

Ein Klima, noch befeuert von Julian Reichelt, dem damaligen Chefredakteur der Bildzeitung, der millionenfach Welcome-Refugees-Aufkleber drucken und in sein Blatt einlegen ließ. Der damalige Vizeminister Sigmar Gabriel (SPD) pinnte sich so einen Aufkleber sogar an seinen Blazer und setzte sich stolz wie Bolle neben Angela Merkel auf die Regierungsbank.

Alexander-wallasch.de will von Mercedes Benz also im Oktober 2023 wissen, wie viele Afghanen und Syrer acht Jahre später in den Betrieben beschäftigt sind. Die Antwort klingt wie Prosa aus der Marketingabteilung:

„Vielen Dank für Ihre telefonische Anfrage. Folgendes kann ich Ihnen dazu sagen: Den Aufenthaltsstatus unserer Beschäftigten weisen wir nicht aus.
Mercedes-Benz steht für Toleranz, Offenheit, Vertrauen und Fairness. Wir stehen ein für Vielfalt und fördern Integrität. Wir sind ein globales und aufgeschlossenes Unternehmen und setzen auf die Unterschiedlichkeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind überzeugt, dass mehr Vielfalt zu besseren Ergebnissen führt. Weltweit arbeiten rund 170.000 Menschen aus fast 145 Nationen gemeinsam bei Mercedes-Benz. Wir fördern Menschen unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung sowie sozialer Herkunft und verurteilen jede Form der Diskriminierung. Von allen Mitarbeitenden erwarten wir, dass sie einander mit Respekt und Fairness begegnen. Diversität bildet neben Nachhaltigkeit und Integrität das Fundament der nachhaltigen Geschäftsstrategie von Mercedes-Benz. Wir schaffen ein wertschätzendes Arbeitsumfeld – unabhängig von Herkunft und Nationalität. Mit freundlichen Grüßen  / Best regards“

Unsere Frage ist nicht beantwortet worden. Wie viele Afghanen und Syrer genießen denn acht Jahre später dieses „wertschätzende Arbeitsumfeld“? Wären es besonders viele, darf man davon ausgehen, dass Mercedes-Benz es auch voller Stolz in die Welt posaunt hätte. Haben sie aber nicht. Also fragt alexander-wallasch.de noch einmal nach:

„Wäre demnach der Satz richtig, Mercedes-Benz kann oder will keine Angaben dazu machen, wie viele Flüchtlinge, die nach 2015 kamen und vom damaligen Mercedes-Chef explizit als zukünftiges Pool von Facharbeitern ausgelobt wurden, 2023 im Konzern beschäftigt sind?“

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Diese Mal kommt die Antwort nicht mehr schriftlich, eine Sprecherin des Hauses ruft zurück und erklärt, sie habe sich auch mit dem „Kollegen aus dem HR-Bereich“ noch einmal abgestimmt, also dem Bereich „Human Resources“.

Dort habe man gesagt, man würde es „systemseitig“ nicht erfassen, welchen Aufenthaltsstatus – „also ob Flüchtling oder nicht“ – jemand hat, weil das keine Rolle spiele.

Natürlich spielt das eine Rolle, mindestens arbeitsrechtlich. Und natürlich ist das im Unternehmen auch zählbar. Wir erinnern noch einmal daran, dass es schon 2016 eine Reihe von negativen Berichten in den Medien gab, als durchaus Zahlen genannt wurden, wie viele Zuwanderer dem Ruf Zetsches gefolgt oder von Mercedes direkt aus den Unterkünften in die Fachabteilungen geholt wurden – praktisch keiner.

Acht Jahre später sollen solche Zählungen nicht mehr möglich sein? Es kann dafür eigentlich nur eine Erklärung geben: So eine Zählung wäre eine Blamage für den Konzern bezogen auf die Welcome-Refugees-Prognosen ihres Vorstandsvorsitzenden.

Es sei ja nun auch schon ein paar Tage her, will eine Sprecherin beschwichtigen. Aber, das bestätigt sie dann doch, „die Nationalität wird durchaus erfasst“.

Aber der so erfasste Ausländer müsse ja nicht ausweisen, warum er das Land verlassen hat. Worauf die Sprecherin hinaus will: Es könne ja auch sein, dass Automobil-Fachleute aus Syrien und Afghanistan nicht als Flüchtlinge aus Damaskus und Kabul gekommen sind, sondern als Experten.

Ob denn üblicherweise vielfach Automobilfachleute aus Afghanistan und Syrien nach Mercedes-Sindelfingen kämen, wollen wir wissen. Ja, es ist auf eine Weise grotesk, dass wir uns am Telefon das Lachen ein bisschen verkneifen müssen, aber die Dame am anderen Ende bleibt professionell freundlich und macht ja auch nur ihren Job.

Wir setzen nochmal neu an und fragen nach Kursen und Praktika und was denn aus den Teilnehmern geworden sei, das müsse sich doch unternehmensseitig feststellen lassen, wie viele davon in den Fachabteilungen oder am Fließband gelandet sind. Und wenn man die Nationalität bei Einstellung festhält, wäre eine Zählung in einer digitalisierten Personalabteilung doch auch nur einen Klick entfernt.

Die Sprecherin bleibt dabei: Ja, man könne nach Nationalität auswählen, aber das hieße ja nicht, dass jeder, der die Nationalität Syrer oder Afghane hätte, auch gleichzeitig ein Flüchtling sei.

Noch ein Versuch: Wir verzichten darauf, dass uns Mercedes-Benz den Aufenthaltsstatus mitteilt, wir wollen einfach gern wissen, wie viele Syrer und Afghanen beschäftigt sind, das sei ja auslesbar, wie die Sprecherin zuvor selbst versichert hatte. Das Gespräch zieht sich jetzt ein wenig.

Antwort: „Wir berichten nicht auf der Detailebene.“ Leider stimmt auch das nicht. Denn wenn man beispielsweise erfahren will, wie hoch der weibliche Anteil der Mitarbeiter bei Mercedes ist, erfährt man das recht schnell (21 Prozent) auf der digitalen Suche, so wie auch weitere Details über Mitarbeiter bis hin zum Impfangebot während der Corona-Jahre.

„Wir berichten nicht auf der Detailebene.“ Nachfrage: „Warum nicht?“ Antwort: „Machen wir einfach nicht.“

Wir wollen aber schon gern eine Begründung wissen. Wir fassen für die Sprecherin noch einmal zusammen: Erst heißt es, es gäbe keine Zahlen, dann doch, dann will man sie nicht nennen. Antwort: „Das stimmt nicht, die Zahl KANN ich Ihnen nicht nennen.“

Wir intervenieren ein letztes Mal: „Nein, Sie WOLLEN uns die Zahl der beschäftigten Syrer und Afghanen nicht nennen. Und das müssen wir dann auch so schreiben.“ Okay, kapituliert die Sprecherin, in dem Falle könnten wir den Satz dann „schlicht und ergreifend“ so stehen lassen.

Machen wir. Und wir versichern der Sprecherin zudem, dass es keine persönliche Sache sei. Mehr so ein journalistisches Ding, da hätte sie doch sicher Verständnis.

Ach so: Hatten wir schon erwähnt, dass besagter Dieter Zetsche jetzt Chef bei TUI ist? Die bieten aktuell im tunesischen Sfax ein „Business Hotel“ an. Da heißt es unter anderem:

„Innen- und Außenpools eignen sich hervorragend für regelmäßiges Aquatraining und aktive Erholung. Eine Sonnenterrasse lädt zum Verweilen ein. Abwechslung bieten verschiedene Angebote, darunter ein Spa, ein Schönheitssalon und Massage-Anwendungen.“

Sfax ist heute Drehscheibe der illegalen Migration über das Mittelmeer nach Europa und Deutschland. Das Schlepperwesen ist hier zum gigantischen Millionengeschäft geworden.

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