Keineswegs soll hier die wichtige Arbeit der Polizei generell kritisiert werden, aber was das Polizeipräsidium Osthessen im "Presseportal" veröffentlicht hat, ist bemerkenswert.
Heute um 13:40 Uhr startete besagtes Polizeipräsidium einen Zeugenaufruf in Verbindung mit einem Appell der osthessischen Polizei. Die Polizei nutzt dieses Medium, um nach Personen zu suchen, die um Mitternacht auf dem Festplatz von Obergude (233 Einwohner) „volksverhetzende Parolen“ zu einem Popsong skandiert haben sollen. Jeder ahnt, welcher Song hier wohl gemeint ist.
Abr so ganz sicher ist das alles nicht, die Polizei verweist auf „derzeit vorliegende Erkenntnisse“, möglicherweise wurde ja auch „Marmor, Stein und Eisen bricht“ gesungen, aber es klang nur so unheimlich Nazi, weil die, die dann also doch keine Nazis waren, einfach so unglaublich besoffen waren.
Jetzt sucht die ermittelnde Polizeidienststelle in Fulda nach Zeuginnen und Zeugen. Und hier wohl in erster Linie nach Ohrenzeugen. Denn etwas anders gibt es noch nicht. Deshalb wünscht sich die Polizei Ton- oder Videoaufnahmen, „die während des Abspielens des Liedes“ gefertigt wurden. Das wäre dann der Jackpot der Ermittlungen.
Aber weil nun die Sprecherin der Polizei selbst beim Tippen gemerkt hatte, wie dünn das alles ist, hat die Polizei der Meldung einen "Appell" angehängt. Vergleichbar etwa damit, dass man die Bevölkerung aufruft, bestimmte Areale zu meiden, wenn man weiß, dass dort gleich zwei verfeindete Fußballfangruppen aufeinandertreffen (könnten).
Der Appell im Wortlaut:
„Die osthessische Polizei appelliert in diesem Zusammenhang - unabhängig der strafrechtlichen Relevanz - sich von Personengruppen zu distanzieren, die solche Gesänge beziehungsweise andere fremdenfeindliche Äußerungen von sich geben oder ähnliches Verhalten in der Öffentlichkeit zeigen. Ein solches Verhalten ist inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen. Zeuginnen und Zeugen, die entsprechende Wahrnehmungen machen, informieren bitte sofort die Polizei. Die Polizei verfolgt entsprechende Straftaten konsequent und trifft umgehend alle notwendigen Maßnahmen.“
Hier fällt die Formulierung „unabhängig der strafrechtlichen Relevanz“ auf. Die Polizei wird zur Geschmackspolizei. Denn was sollte dem Absingen so eines Liedes für eine Straftat folgen? Was fürchtet die Polizei, das in Obergude passieren könnte? Es gibt demnach strafrechtlich relevante Taten und solche, die moralisch, ethisch oder wie auch immer „inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen“ sind, aber der Polizei keine Handhabe geben, den Sängern die Notenständer wegzunehmen.
Zum Schluss des Appells heißt es dann wiederum: „Die Polizei verfolgt entsprechende Straftaten konsequent.“ Da wird es dann tragisch mit dieser Meldung, denn es zeigt, dass da jemand offenbar nicht bis drei zählen kann, hatte die Sprecherin doch drei Sätze vorher noch erklärt, dass eine strafrechtliche Relevanz zweifelhaft sei.
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Kommentar von Max Meier
"Herr Polizist, Herr Wachtmeister, da singt noch! Na Sie wissen schon. Den verbotenen Song, wo diese schlimmen Parolen gesungen werden ... Der Typ da drüben singt zwar nicht richtig, der summt nur eine Melodie, aber wir alle wissen, was der eigentlich meint.
Der guckt doch schon so wie ein Nazi und grinst so frech ...
"Na, das haben wir gleich ..."
(Holt schon mal den Gummiknüppel raus und schlendert zur Parkbank.)
"Dem wird das Singen gleich vergehen."
(Erstickte Schmerzensschreie zu hören ...)
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Kommentar von Herbert Priess
Es wird immer verrückter! Man muß nun nicht nur aufpassen was man sagt sondern auch was man singt! Auf Malle wurde das auch gesungen, intoniert, gegröhlt, je nach persönlichem Empfinden, ist da jetzt die spanische Polizei zuständig? Ich kannte den Song überhaupt nicht aber ich habe ihn mir natürlich angehört im Original wie wahrscheinlich Millionen anderer auch. Nicht mein Musikgeschmack. Das gemeine Volk ist erfinderisch wenn es um die Umgehung von Verboten geht. Es wird eben acapella angestimmt wie bei Leyla auch und wenn die dann singen: Dada den Dadas , Dodos raus? Die Initiatoren dieser Massenhysterie bemerken gar nicht wie ihnen die Dinge entgleiten. Das Gelächter über diese Mischpoke wird immer größer und sie haben nicht begriffen, was sie da los getreten haben! Jetzt werden Lieder rausgekramt und verfremdet und nicht nur mit Dadas den Dodos, sondern Schmähgesänge über die Politik. Das wird ein Spaß!
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Kommentar von .TS.
Ein weiteres Zeugnis der Erosion des Rechtsstaats hin zum Gesinnungswillkürregime.
Und das alles dürfen die geschröpften verbleibenden Teuerzahler auch noch berappen.
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Kommentar von Bernhard Rossi
Chöre und Gesangsvereine sind nach Jahren der Altersdemographie und Nachwuchsproblemen endlich wieder angesagt. Gut so!
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Kommentar von Alfred Neumann
Als wäre der Titel eines "Songs" wirklich wichtig.
Jedes Lied lässt sich um dichten, so wie man es eben haben will.
Die Polizei ist hier nur der Erfüllungsgehilfe von der Innenminsterin. Mit ihren "general Überwachungsträumen" .
Hier sollte die Staatsanwaltschaft und der Verfassungsschutz mal genauer hinsehen, wer der "echte Feind der Verfassung" ist!
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Kommentar von Ostdeutsche
Es wird in diesem Land ja immer verdrehter und überdrehter. Messermänner, Vergewaltiger etc. sind schon Alltag, aber jetzt wird gelauscht, was jemand singt. Da ich nur klassische Musik höre, kenne ich keine Schlager, so auch nicht dieses Lied. Könnte es sein, daß die Nachbarn oder Passanten jetzt anfangen zu lauschen, ob das Original gesungen und gehört wird, oder ob es sich um einen darübergelegten Text handelt? Irgendwann wird dann auch das Original "verdächtig", weil es eine Anspielung auf die Anspielung ist. Wenn demnächst eine Anna Huber ein Taschentuch mit ihrem Monogramm verliert (mal davon abgesehen, daß die meisten Leute Papiertaschentücher verwenden), kommt eine Hundertschaft der Polizei, und der Staatsschutz ermittelt.
Dieses Land ist so überdreht, daß man nur hoffen kann, daß der Handwerkerspruch auch hier gilt.