Das verspricht ein spannender Sonntagabend zu werden: Das ZDF zittert sich hin zum Sommerinterview mit Tino Chrupalla, dem Co-Vorsitzenden der AfD. Sie zittern sich hin, weil sie das Vorgängergespräch mit Alice Weidel, ebenfalls Parteichefin der AfD, so grandios vergeigt haben, als sie mittels eines lärmenden Haufens von Linksextremisten offenbar von einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Antworten von Dr. Weidel ablenken wollten.
Noch so einen Shitstorm wollen sich die Öffentlich-Rechtlichen nicht einfangen. Aber sie wollen pfiffig bleiben, gewohnt schlauer als ihre Zuschauer, manipulierender, insistierender, propagandistisch entlang der Volksempfänger. Und dafür nutzt das ZDF nun eine Vorankündigung zur Sendung heute um 19:10 Uhr, die sie als Anheizer gewohnheitsmäßig mit einem kurzen Ausschnitt aus dem bereits aufgezeichneten Interview garnieren.
Das verspricht nun deshalb spannend zu werden, weil es so abenteuerlich um die Ecke herum gedacht ist: Man will Parteichef Chrupalla also beschädigen, indem man ihm eine Nähe zu Kanzler Merz in der Gaza-Frage bescheinigt. Aber bei wem beschädigen? Der Fokus des ZDF liegt auf einer Aussage Chrupallas zu den neuen Einschränkungen bezüglich Waffenlieferungen an Israel.
Chrupalla wird in dem 24 Sekunden langen Ausschnitt des Gesprächs gefragt, ob sich Israel an das Völkerrecht hält. Zurecht verweist der AfD-Chef in seiner Antwort zunächst darauf, dass das Aufgabe der Experten sein muss:
„Das ist nicht Aufgabe von Politikern, das zu bewerten, das sollen im Nachgang diejenigen machen, die dafür zuständig sind. Das sollen Gerichte machen, das soll die UNO machen.“
Chrupalla beklagt zudem die Versorgung der Zivilisten im Gaza, die hungernden und die getöteten Kinder. In dem Zusammenhang müsse man, so Chrupalla, davon sprechen, „dass dort Verbrechen stattfinden“, das sei keine Frage, und die müssten „dementsprechend gesühnt werden“.
Was an dem kurzen Ausschnitt mit Chrupalla auffällt, ist – hier zunächst unabhängig vom Inhalt – dessen Klarheit im Auftritt. Hier weist nichts darauf hin, dass Chrupalla etwa unsicher in der Beantwortung wäre.
Damit es der Leser bloß richtig erinnert, fügt das ZDF wörtlich hinzu:
„Inhaltlich stützt er den Kurs von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Bezug auf den verhängten teilweisen Rüstungsstopp nach Israel.“
Das ZDF ergänzt noch, was Tino Chrupalla ebenfalls zum Thema Israel sagte, was aber in dem kurzen beigefügten Ausschnitt nicht zu sehen war:
„Israel bleibe für die AfD „ein Partner und auch ein befreundetes Land.“ Es müsse aber dennoch möglich sein, dass man Freunde auch kritisieren sollte, „wenn sie politisch falsch liegen“. Das mache Freundschaft aus. Kein Unrecht rechtfertige weiteres Unrecht. „Und da geschieht Unrecht“, so Chrupalla. Man müsse Druck auf Israel ausüben.“
Aber bei wem könnte man Chrupalla und die AfD beschädigen? Eine Forsa-Umfrage will herausgefunden haben, dass sich eine Mehrheit der Deutschen für eine Anerkennung eines Staates Palästina aussprechen.
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Und eine weitere Umfrage ist noch deutlicher im Meinungsbild. Auf die Frage: „Halten Sie das militärische Vorgehen Israels im Gaza-Streifen nach den Terroranschlägen der Hamas im Oktober 2023 für gerechtfertigt?“, antworten 80 Prozent mit „Nein“ und nur 12 Prozent mit „Ja“.
Mit anderen Worten: Tino Chrupalla ist mit seiner Haltung zum vom ZDF in ihrer Vorankündigung hervorgehobenen „Gaza“-Thema mutmaßlich so mehrheitsfähig, wie die AfD zu kaum einem anderen Themenkomplex in den bundesdeutschen Debatten.
Und noch eine Umfrage stützt Chrupalla direkt: Wieder Forsa will zudem herausgefunden haben, wie die „Zeit“ berichtet, dass sich 74 Prozent der Menschen in Deutschland mehr Druck der Bundesregierung auf Israel wünschen.
Also wie und gegenüber wem könnte das ZDF Tino Chrupalla beschädigen, wenn man diese Absicht unterstellt?
Der Angriff wird hier gegen Friedrich Merz gefahren! Der Wächter der Brandmauer findet sich gemeinsam mit dem Vorsitzenden der AfD jenseits jener Brandmauer wieder, die Kritiker Israels ausgrenzt.
Aber damit nicht genug, es gibt noch einen Angriffspunkt, der deutlich subtiler und um die Ecke gedacht erscheint: Das ZDF hatte zuletzt die Neuen Medien beschuldigt, eine Kampagne zu fahren gegen die mittlerweile tatsächlich zurückgetretene Verfassungsrichter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf.
Hier stand auch Julian Reichelts „Nius“ im Brennpunkt des ZDF. Die Neuen Medien als Verhinderer eines Bundesverfassungsgerichts, das die AfD verbieten könnte?
Von „Nius“ weiß das ZDF, dass Julian Reichelt in der Gaza-Frage All-In gegangen ist. Kritiker welche sich auf die massiven Kollateralschäden beim Vernichtungsfeldzug gegen die Hamas stützen, werden seit Tagen von Reichelt und Co mit brennendem Furor weggefackelt. Hier erkannte das ZDF möglicherweise eine lohnenswerte Bruchstelle.
Dieses Sommerinterview verspricht spannend zu werden. Wenn Tino Chrupalla es hier nur annähernd schafft – und alles sieht bisher danach aus – hier ohne Störungen von außen einen souveränen und staatsmännischen Auftritt hinzulegen, dann wird er am Sonntagabend auch in der Gaza-Frage als Sieger vom Platz gehen. Die Wutausbrüche darüber werden dieses Mal aus einer vollkommen unerwarteten Ecke kommen.
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Kommentar von Josef Konrad
Kann die AfD einen Vorteil aus der Teilnahme an einer Desinformations-Ablenkungs-Kampagne der Altmedien erzielen?
Die seit einigen Monaten auch international in den Altmedien bzw. den sog. Mainstreammedien gepushte, moralisierende Empörungskampagne zum angeblichen Hunger-Kindermord in Gaza hat 4 Ziele:
(1) Ablenkung vom seit 3,5 Jahren von den europäischen Regierungen und damit auch von Deutschland (mit verhinderter Verhandlungslösung) selbst geführten Stellvertreterkrieg in der Ukraine mit mindestens 500.000 getöteten Soldaten beider Seiten sowie 1-2 Millionen schwerster Kriegsverletzungen.
(2) In den seit der Trump-Präsidentschaft aus der Ukraine-Kriegsfront ausgescherten USA soll dessen Versuch, den fast 80-jährigen arabisch-israelischen Krieg bzw. Konflikt nachhaltig zu lösen als moralisch verwerflich hingestellt werden, und damit auch die moralische Legitimation seiner Präsidentschaft.
(3) In Europa und damit auch in Deutschland soll die große Gruppe der islamischen Einwanderer auf die Seite der Regierungen gezogen und beschwichtigt werden.
(4) Die europäischen Linksregierungen sind mit ihren Großprojekten Klimaapokalypse, islamische Migrationsförderung und Ukrainekrieg mittlerweile trotz Einsatz aller Propagandamittel so unbeliebt, dass diese meinen, auf eine wichtige Unterstützergruppe nicht verzichten zu können: Die Gruppe der über ihre Furcht vor den Juden oder ihren Hass auf die Juden emotional ansprechbaren europäischen Bürger. Diese Gruppe hat selbstredend eine Schnittmenge mit der wesentlich größeren Gruppe derer, welche grundsätzlich für emotionalisierte Propagandakampagnen jeglicher Art, wie z.B. Klima oder Corona, ansprechbar sind.
Wie könnte in dieser Situation die AfD als Partei profitieren? :
(a) Sozialistisch erzogene oder national motivierte Antisemiten könnten im Falle des Schweigens der AfD zum Thema Nahost aus Wut (z.B. "auch AfD von Juden gekauft") nach links abwandern.
- Aber wie lange würden diese links bleiben?
(b) Die Intervention von Chrupalla produziert sog. Noise und verwischt damit die Unterschiede zwischen den Parteiprofilen links und rechts der Brandmauer, indem sie einen Teil des Propagandawindes des Mainstreams in die Segel der AfD lenkt.
- Das ist ein einigermaßen gewichtiges Argument.
Allerdings bleibt die in ihrer Glaubwürdigkeit hierdurch sogar noch etwas gestärkte Propagandakraft der Mainstreammedien fest im Besitz der Parteien links der Brandmauer und kann jederzeit erneut direkt gegen die AfD gerichtet werden.
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Kommentar von Joly Joker
Was muss Israel noch alles tun, um in seinen Grenzen gehalten zu werden? Israel ist ein demokratischer Staat? Ein Staat der seine eigenen ausgebildeten Killer gerne auch weltweit zum Morden losschickt oder wie in den 60ern und 70ern Briefbomben an deutsche Entwicklungshelfer und deren Familienangehörigen schickte... Ist das ein demokratischer Staat?
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Kommentar von Ulrich Viebahn
Ich bin immer dankbar für Ihre wohl- und selbstbedachten Einschätzungen. (Analüsen sind ja inzwischen das Vorrecht der Sportreporter.)
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Kommentar von Schwar Zi
Es begab sich vor langer Zeit, in einem fernen Land, da kehrte ein Bauer von seiner Reise zum Markt zurück. Er fand seinen Hof verwüstet vor, seine Schafe waren tot genau wie sein jüngstes Kind, ein Rudel Wölfe war in seiner Abwesenheit über seinen Hof hergefallen. Der Mann nahm seine Muskete und folgte dem Wolfsrudel, er löschte es aus, Stück für Stück, bis kein einziges Mitglied des Rudels mehr an Leben war. Denn mit Wölfen kann man nicht verhandeln...
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Kommentar von winfried Claus
Wie wäre die Umfrage ausgegangen, wenn die Leute das wüssten was in Israel diskutiert wird?
Das die Geheimdienste vom Ausbruch gewusst haben, das man es zugelassen hat und unterstützt hat, das man einen großen Teil der Opfer selbst erschossen hat? „Hannibal-Direktive“
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Kommentar von Josef Konrad
Das nette Hündchen,
sprang über's Stöckchen
- und brach sich das Genick.