Sozialneid vorprogrammiert – Deutsche Bürokratie ist auch in vereinfachter Form ein Hindernislauf

Zweieinhalb Monate Wartezeit auf Sozialhilfe für bedürftige Einheimische

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Zweieinhalb Monate Wartezeit schon für die vereinfachte Form. Und noch dazu, ohne überhaupt im Jobcenter vorsprechen zu müssen: Wegen Corona finden keine persönlichen Kontakte statt.© Quelle: Pixabay / ales_kartal

Ein Jahr nach Beginn der Zuwanderungskrise mahnt der damalige SPD-Chef Siegmar Gabriel 2016 an, dass es keine Neiddebatte geben dürfe: Gerade auch für bedürftige Deutsche müssten angesichts überwältigender Hilfeleistungen für Migranten und Flüchtlinge neue Hilfepakete geschnürt werden.

Damals handelte sich Gabriel den Vorwurf ein, die Neiddebatte mit solchen Einlassungen erst zu schüren. Aber was bedeutete das im Umkehrschluss? Über die bestehenden Probleme erst gar nicht sprechen, sie totschweigen? Der polit-mediale Komplex sah das offensichtlich so, nichts durfte den Zuwanderungspläne der Kanzlerin im Wege stehen, die Welt titelte: „Ausgerechnet Gabriel treibt Keil in die Gesellschaft“.

Als Antwort auf die Idee von Gabriel, für Einheimische ein „Sozialpaket“ zu schnüren, warf ihm die Zeitung vor:

„Mit solch einer völlig fehlgeleiteten Anreizpolitik schürt Gabriel nur Erwartungen in einer Gesellschaft, die allemal lernen muss, nicht immer auf die gebende Hand des Staates zu setzen.“

Eine solche zynische Bemerkung auf dem Höhepunkt der Gebefreundlichkeit der Deutschen gegenüber Millionen neuen Zuwanderern muss man erst einmal hinbekommen. Die Welt warf Gabriel damals vor, er wäre ein Spalter.

Warum? Weil der Sozialdemokrat darauf aufmerksam machte, dass man die Deutschen nicht vergessen dürfe, wenn man ihnen auf so massive Weise aufbürdet, Millionen Menschen vollzuversorgen, von denen der überwiegende Teil aus wirtschaftlichen Gründen und zudem vielfach illegal eingereist war?

Wie sieht es heute, 2022 und über sechs Jahre später, aus? Immer noch sind viel zu viele der damals Eingereisten Hilfeempfänger. Die im Überschwang abgegebenen positiven Prognosen haben sich bei weitem nicht bewahrheitet. Und viele sind, wie sich jetzt herausstellt, gekommen um zu bleiben, die Rückkehrerquote ist viel zu gering und die Anreize der Ampelregierung sorgen zudem dafür, dass immer mehr Migranten dauerhaft bleiben wollen und immer mehr Zuwanderer neu einreisen.

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Gibt die aktuelle Situation Einheimischen Anlass für eine Neiddebatte? Aktuell wurden bereits mehr als 600.000 Ukrainer als Flüchtlinge erfasst und versorgt. Zudem ist der monatliche Zuzug von Migranten immer noch so hoch, dass er weit über einer einmal anvisierten Seehofer-Obergrenze von 200.000 im Jahr liegen dürfte.

Die Corona-Maßnahmen haben vielen Deutschen auch wirtschaftlich zu schaffen gemacht und vielfach echte Notlagen produziert, Einkommen sind weggebrochen, die jetzt aufgestockt oder ganz ersetzt werden müssten.

Für eine schnelle Hilfe wurde extra ein erleichterter Zugang zur Sozialhilfe eingerichtet, unbürokratischer soll es zugehen, den Bedürftigen soll schneller geholfen werden.

Praktisch sieht das allerdings leider ganz anders aus, wie hier einmal an einem Beispiel aus der Praxis nacherzählt werden soll:

Eine niedersächsische Familie – die Redaktion konnte die gesamte Korrespondenz einsehen – beantragt Anfang März 2022 Arbeitslosengeld II / Sozialhilfe und bekam eine erste Zahlung erst Mitte Mai überwiesen. In diesen zweieinhalb Monaten wird die Familie mit Post nur so bombardiert. Briefe in allen Formaten, Anträge die doppelt und dreifach zugesandt werden und dazu noch eine Reihe von Telefonaten, die immer ähnlich enden: Bald, ja, bald wäre es soweit, dass sei doch schon die vereinfachte Form der Antragstellung.

Als die Familie einmal fragt, was sie denn nun machen soll, es wäre schon niemand mehr da, wo man sich noch Geld leihen könne, wird auf eine Stelle im Amt verwiesen, wo man sich unbürokratisch Gutscheine (Tafel?) abholen dürfe. Für eine Mietüberbrückung sei aber eine andere Stelle zuständig, da müsse man wieder neue Anträge stellen.

Außerdem wird telefonisch berichtet, dass der Sachbearbeiter krank geworden sei und ein Vertreter leider ebenfalls. Aber nächste Woche … und wieder nächste Woche und wieder …. Und das sei ja die vereinfachte Form.

Wie lange würde es wohl dauern, wenn es stattdessen die Standardanträge wären?

Laut einer Online-Hilfeeinrichtung für Antragsteller liegt die durchschnittliche Wartezeit/Bearbeitungszeit bei mindestens drei bis vier Wochen. Wer also heute bedürftig ist, kann frühestens in einem Monat mit Hilfe rechnen, besagte Familie musste zweieinhalb Monate warten.

Warum es unterschiedliche Wartezeiten gibt zwischen Einheimischen und Flüchtlingen oder Migranten, mag verschiedene Gründe haben. Eine Rolle spielt sicher, dass der Deutsche im bürokratischen System tiefer verankert ist. Hier können und werden eine Vielzahl mehr an Unterlagen eingefordert, die zunächst einmal bei besagten Ämtern eingeholt werden müssen.

Aber als Faustregel gilt eben auch: Vom hohen Aufkommen der zu bearbeitenden Fälle sind alle gleichermaßen betroffen.

Zweieinhalb Monate Wartezeit schon für die vereinfachte Form. Und noch dazu, ohne überhaupt im Jobcenter vorsprechen zu müssen: Wegen Corona finden keine persönlichen Kontakte statt, aber man könne neuerdings die Zoom-Funktion nutzen, das würden schon etwa fünfzig Prozent der Antragsteller machen, aber nein, es wäre keine Bedingung für eine Bewilligung.

Aktuell wurden jetzt zudem alle Sanktionen ausgesetzt. Aber die können sowieso erst greifen, wenn den Bedürftigen auch Leistungen bewilligt wurden.

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