Willkommen bei den Bösen: Ex-BILD-Chef will mit jungen Autoren der Alternativen Medien groß werden

Abgeworben: Julian Reichelt holt Team aus Roland Tichys junger Kaderschmiede

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Unsere Recherchen deuten darauf hin, dass Julian Reichelt mit vollen Händen mitten in den Brutkasten der Alternativen Medien gegriffen und dort ein eng zusammengeschweißtes junges Team gleich im Paket verpflichtet hat.© Quelle: Pixabay / AnnER / Clker-Free-Vector-Images / Youtube / Achtung, Reichelt! / Tichys Einblick, Montage Alexander Wallasch

Julian Reichelt, der gefeuerte Ex-Chef der BILD, hat Teile der jungen Kaderschmiede bei Tichys Einblick abgeworben. Reichelt scheut sich nicht, aggressiv bei den neuen Mitbewerbern der Alternativen Medien zu wildern – aber wie wird das dort aufgenommen?

Klar, Watergate geht anders, aber als unser für investigative Aufträge zuständiger Mitarbeiter nach drei Tagen rumlungern vor den stylischen Berliner Büros der neuen Redaktion von Julian Reichelt mehrfachen Sichtkontakt meldete, war die Bestätigung da, ihr könnt die Geschichte jetzt eintüten:

Wer wird Julian Reichelt helfen, jene Millionen auszugeben, welche ihm der philanthropische Milliardär Frank Gotthardt (u.a. Besitzer der Kölner Haie) laut verschiedener Medienmeldungen als Starterkit zur Verfügung gestellt haben soll?

Für die Guten wie für die Bösen, für Mainstream Medien gleichermaßen wie für die Alternativen Medien ist die Nachricht heiß, mit wem sich Reichelt zusammentun wird, welcher Mitbewerber ihnen da zukünftig ins Haus steht, mit welchem Team er sich seine Zuhörer und Zuschauer erobern will.

Wird Reichelt auf Augenhöhe mit den Etablierten gehen oder fühlt er sich berufen, der neue Anführer der neuen Wilden zu werden, der Leuchtturm der Alternativen Medien, welche er in seiner Funktion als Bild-Chef allerdings geflissentlich ignoriert, aber fleißig nachgeeifert hat?

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Hieß es zunächst spekulativ, Reichelt hätte ein paar gute Freunde und Kollegen von Springer zusammengetrommelt, darf sich der Mainstream jetzt auf eine Breitseite des gefallenen Bengels der etablierten Medien gefasst machen.

Unsere Recherchen deuten unmissverständlich darauf hin, dass Julian Reichelt mit vollen Händen mitten in den Brutkasten der Alternativen Medien gegriffen und dort ein in den letzten Jahren eng zusammengeschweißtes, sehr junges Team gleich im Paket verpflichtet hat.

Um die Frage sofort zu beantworten: Ausgerechnet das Team des Leitwolfs der alternativen Medien scheint von Reichelt empfindlich ausgedünnt worden zu sein.

Roland Tichy hatte gerade erst im September 2021 ein Dutzend junge Autoren der Jugendseite „Apollo-News“ verpflichtet. Ein populäres Medienportal zitierte damals Roland Tichy, der die Zusammenarbeit mit dem Bienenschwarm samt exzentrischem jungen Drohnenkönig damals hoffnungsvoll so erzählte:

Wir wollen jungen Menschen ein Sprachrohr bieten, sich jenseits erwünschter Narrative frei äußern zu können und Einblicke in ihre Gedankenwelt zu ermöglichen.“

Kress.de ergänzte:

„Tichy will nun in jeder Ausgabe Raum für die Beiträge des Apollo-Teams schaffen. Zugleich bietet er den jungen Autoren regelmäßige journalistische Schulungen an.“

Der Anführer von Tichys Halbstarken an der Tastatur griff beherzt zu und der alte Hase ließ ihn gewähren samt einer Übernahme der Redaktion mit Augenzwinkern:

„Achtung,“ schrieb Max Mannhart bei Tichys Einblick, „dies ist eine Übernahme, werte Leser! Denn heute schreiben auf TE nur Autoren unter 30 Jahren, viele davon unter 20. Wir finden: Nach anderthalb Jahren, in denen unsere Interessen immer als letzte kamen, können wir auch mal was sagen!“

Julian Reichelt soll nun dieses von Roland Tichy bereits auf Alternative Medien umgemodelte und geschulte Personal in Taubenschlaggröße abgeworben haben.

Und Tichy hat keine Mühen gescheut, Reichelts neues Team auf seine Arbeit vorzubereiten. Mannhart berichtete stolz, dass zwanzig Autoren in einem „schönen Hotel nahe Berlin“ untergebracht und „von erfahrenen Publizisten wie Roland Tichy, Josef Kraus und Peter Hahne gecoacht wurden.“

Wer sich bisher die Autorenseite bei Tichys Einblick anschaute, der mag sich auch an den jungen Autorinnen erfreut haben, von denen einige mutmaßlich bereits die imaginäre Besetzungsliste bei Reichelt schmücken, als würde er sich die gewesenen BILD-Arbeitsbedingungen einfach neu zusammenbauen.

Bei einem der letzten Autorentreffen bei Tichy in Frankfurt traf man am Veranstaltungsort zuerst auf die genannten Damen, die sich angeboten hatten, den geladenen Autoren das Corona-Test-Stäbchen in die Nase zu schieben. Aber das Jungvolk war alles andere als nur ein beliebtes Corona-Test-Zentrum.

Spaß beiseite, die Apollos durften in den letzten zwei Jahren jede Schraube in Tichys Maschinenraum studieren, dort, wo der Maschinist den aufgestauten Dampf durch das Signalhorn ablässt.

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Im Mittelpunkt der wissbegierigen Truppe steht Max Mannhart, alias „Air Türkis“, er ist so etwas wie der junge Leithengst der Herde. Und man darf annehmen, dass Reichelt ihm jetzt eine ziemlich große Möhre hingehalten haben muss aus dem Futterkasten seines Milliardärs, die Mannhart nicht ablehnen konnte. Er nahm seine Herde und wechselte mit wehendem Schweif über.

Von Roland Tichy wurde der als exzentrisch geltende 21-jährige Wunderknabe erstaunlich gut eingebettet, bis hin zu gemeinsamen Live-Übertragungen an Wahltagen und einer eigenen Kolumne im Print-Magazin von Tichys Einblick.

Der erfahrene Journalist behielt erstaunlicherweise sogar die Nerven, als seine junge Truppe einmal die Übertragungstechnik furchtbar versemmelte. Es schien so, als würde hier einer sein Haus bestellen und sich seine Erben aufbauen. Nun sind sie weg.

Wer bis hierher gegrübelt hatte, mit wem von den Alternativen Medien sich Reichelt am ehesten zusammenraufen würde, um das begehrte Publikum der Outlaws noch schneller zu erobern, der muss vor dem bissigen Ex-Bild-Journalisten den Hut ziehen.

Rein geschäftlich betrachtet kann man kaum besser seine alte Haut abstreifen und in das wilde Fahrwasser der Alternativen Medien eintauchen. Ein Zugewinn, den man ansonsten teuer bezahlen müsste.

Nicht, dass wir ausschließen wollen, dass bei Tichys Einblick der eine oder andere sich bekreuzigt hat, als diese FDP-Jugendfußballmannschaft aus heiterem Himmel aufstiegsorientiert Liga und Trainer wechselte, es bleibt ein übler Nachgeschmack.

Wer beispielsweise Pauline Schwarz in Tichys Vlog auf TV-Berlin erlebt hat, der sah eine taffe und selbstbewusste, eine intelligente, junge Journalistin, die wohl in jeder Redaktion der Welt den Schreibtisch am Fenster bekommen hätte.

Julian Reichelt hat seinen lockmittelgetränkten Milliardärskescher einmal durch die Kinderstube der Haie im seichten Gewässer bei Roland Tichy gezogen und fette Beute gemacht. Damit ist dann auch die Frage beantwortet, in welche Richtung die Arbeit des bei Springer gefeuerten BILD-Chefs zukünftig gehen wird und mit wem er sich zusammentun und wachsen will.

Warum ist das interessant? Weil einige Vertreter der Alternativen/Neuen Medien sich von Reichelt eine Scharnierfunktion zurück in den Mainstream, sprich eine Aufwertung ihrer über Jahre hinweg polit-medial verteufelten Arbeit erhoffen. Entsprechend hoch auch die Beißhemmung gegenüber Reichelt. Das dürfte jetzt allerdings endgültig vorbei sein, das Visier wurde heruntergeklappt, die Lanzen gehoben.

Um das genau zu verstehen: Reichelt möchte gerne Alternative Medien sein, scheut dieselben aber wie der Teufel das Weihwasser, weil damit sein Fuß im Mainstream zum Huf werden würde. Entsprechend ist Distanz zu seinem zweiten Vornamen geworden. Jetzt hat er sich ins Kinderzimmer getraut.

Julian Reichelt wäre heute noch bei den Etablierten, wenn man ihn dort nicht vertrieben hätte. Die Frage, die noch im Raum stand, war, wem er auf welche Weise Konkurrenz machen wird und wie seine Redaktion zusammengestellt und ausgerichtet sein wird.

Mit dem Einkauf der Jünger von Roland Tichy hat Reichelt sich ziemlich eindeutig positioniert.

Der Publizist und Herausgeber von Tichys Einblick, Roland Tichy, bestätigt das Ausscheiden seines Hauptstadtkorrespondenten: "Max Mannhart scheidet im gegenseitigen Einvernehmen bei TE aus. Wir wünschen ihm viel Erfolg auf neuen Wegen. Die Zusammenarbeit mit Apollo News besteht."

PS: Alle Beteiligten wurden rechtzeitig um eine Stellungnahme gebeten. Sollten noch weitere Antworten eintreffen, werde diese zeitnah nachgereicht.  

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