Ein Moma-Einspieler von etwas mehr als einer Minute Dauer fragt: „Pressefreiheit: Wie steht es um die Berichterstattung in Polen? Ein Bericht aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVP in Polen.“
Und weiter heißt es da: „Polens Nationalkonservative haben TVP längst zum Haussender gemacht – für Polens Kulturminister ist dies kein Problem.“ Dazu werden Bilder vom Wahlkampf 2020 des polnischen Präsidenten Andrezej Duda eingespielt mit dramatischer Hintergrundmusik. Dann kommt Kulturminister Piotr Glínski (PiS) zu Wort:
„Eine demokratische Korrektur, wie ein Pendel: Jemand hat die Wahlen gewonnen und führt jetzt die öffentlich-rechtlichen Medien.“
Einspieler des ZDF: „Die Opposition verachtet das Sprachrohr der Regierung.“ Dazu Bilder von Straßenprotesten gegen die Regierung Polens. Ja, das kennt man doch auch aus Deutschland, aber irgendetwas ist hierzulande demgegenüber merkwürdig verdreht. Eben mit umgekehrten Vorzeichen.
Weiter heißt es beim öffentlich-rechtlichen ZDF über die öffentlich-rechtliche Situation in Polen: „Zuletzt demonstrierten Oppositionelle vor dem Hauptsitz des Senders TVP, da dieser die Regierungspolitik flankiert.“ Also in Polen die linke Opposition im „Lügenpresse“-Modus?
Dann geht es hinüber zu den Printmedien. Auch diese wären kontaminiert. ZDF textet:
„Auch Polens Printmedien sind gespalten – wenn auch in privater Hand. Als die auflagenstärkste Zeitung, ein Boulevardblatt mit deutscher Beteiligung, Duda im Sommer kritisiert, zeigt sich dieser erbost.“
Einspieler Andrej Duda auf einer Wahlkampfrede (3.5.2020): Will dieser Konzern, Axel Springer, mit deutscher Abstammung, dem die Zeitung 'Fakt' gehört, die Präsidentenwahl in Polen beeinflußen, ja? Die Deutschen wollen einen Präsidenten in Polen wählen, das ist eine Gemeinheit.“
Einspieler Morgenmagazin: „Ziel der Staatsspitze ist es, ausländisches Kapital aus dem Medienmarkt zu vertreiben.“
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Und wieder der polnische Kulturminister Piotr Glínski (PiS):
„Der Medienmakrt ist aufgrund seines Einflusses auf das Funktionieren der Demokratie besonders sensibel. Deshalb müssen wir diese Situation in Polen ändern.“ Dann ist der Teaser-Beitrag schon zu Ende.
Und auch die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ wird vom Morgenmagazin zitiert, mit der Aussage, die Pressefreiheit in Polen werde zunehmend eingeengt. Unabhängige Medien würden eingeschüchtert werden von der Nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Es würde „Verleumndungsklagen“ geben, „Werbeboykotte“, und „Strafverfahren.“
Da allerdings sollte in einem Rechtsstaat ja eigentlich kein Problem sein. Also an der Stelle auch ein indirekter Koruptionsvorwurf an die unabhängige polnische Justiz? Polen kein Rechtsstaat mehr?
Und weil es so schön war, schiebt ZDF-Moma einen weiteren Beitrag nach. Der befasst sich noch einmal explizit mit „Presse in Polen“. Da heißt es vorab vom ZDF: „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut der Demokratie. Doch vielerorts ist die freie Berichterstattung in Gefahr oder sogar unmöglich – zum Beispiel im Nachbarland Polen.“ Weiter: „Das stramme Regierungsfernsehen TVP wird von der Opposition verachtet. Zuletzt Demo vor TVP weil der Sender die Regierungspolitik flankiert.“
Ansonsten ist dieser zweite Kurzbericht quasi der identische Teaser nur mit einer zusätzlichen Off-Stimme garniert.
Und weil man nicht nur Fernsehen macht beim ZDF, sondern offensichtlich auch Kampagne, wird bei ZDF-Facebook gleich noch ein Bericht von Mitte des Jahres neu aufgewärmt mit dem Titel: „Polen: Repressionen gegen Presse-Kollegen.“ Ach ja, Themenwoche ist beim ZDF „Pressefreiheit“. Aber von den alternativen Medien ist dort niemand zu sehen oder haben wir etwas verpasst?
Aber auch die deutschen Print-Medien sind hier alles andere als aus dem Schneider, wo beispielweise der Chefredakteur der Zeit – gerne und häufig zitiert – Anfang 2017 gegenüber Cicero befand, er und seine Kollegen seien parteiisch gewesen zur Regierungspolitik der Kanzlerin: „Wir waren geradezu beseelt von der historischen Aufgabe“. Damals hätten die Medien den Generalverdacht erhoben, „dass eine von der Politik der Bundesregierung abweichende Meinung, manchmal auch schon krtitische Fragen, unter den Generalverdacht gestellt wurden, man habe etwas gegen Flüchtlinge oder betreibe das Geschäft der Populisten.“
Aber auch die Öffentlich-rechtlichen in Deutschland hätten dabei einen „missonarischen Eifer“ gegen die AfD an den Tag gelegt, so kein geringerer als der heutige SWR-Intendant Kai Gniffke der sich genötigt fühlte zu betonen: „Wir wollen informieren nicht missionieren. Wir sind Journalisten und keine Lügner.“
Das ZDF jedenfalls billigt dem polnischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen diese Haltung nicht zu. Im Gegenteil: Indirekt wird hier sogar das Geschäft des in Polen tätigen Axel-Springer-Medienhaus bzw. der in Polen auflagenstarken „Fakt“ gemacht.
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