Die öffentlich-rechtliche Diffamierung der neuen deutschen Friedensbewegung

Bei Hart aber fair: Klamroth und zwei Panzerfurien ballern gegen Wagenknecht

von Alexander Wallasch (Kommentare: 19)

Göring-Eckardt erstaunt: „Der Krieg hat ja nicht vor einem Jahr begonnen, sondern er hat 2014 begonnen. Es hat jeden Tag dort Krieg gegeben seit 2014. Und dieser Krieg ist massiv ausgeweitet worden vor einem Jahr.“© Quelle: Mediathek ARD/WDR, Screenshot

Ein weiterer Tiefpunkt der öffentlich-rechtlichen Zuarbeit zur grünen Ampelregierung. Wagenknecht muss sich bei Hart aber fair von Göring-Eckardt und Strack-Zimmermann in die Waden beißen lassen.

Wenn bei Hart aber Fair die Panzerfurien Katrin Göring-Eckardt und Agnes Strack-Zimmermann die Organisatorin einer Friedensdemonstration verbal meucheln wollen, dann titelt die FAZ am nächsten Morgen: „Sahra Wagenknecht wird in 'Hart aber Fair' dekonstruiert“ und eine weitere Schlagzeile des Blattes lautet: „Das Gespinst der Sahra Wagenknecht“.

Spätestens nach dieser Propaganda-Sendung weiß man allerdings, dass sich Deutschland tatsächlich im Krieg befindet. Und so ein Krieg schreibt nun mal seine eigenen Regeln: Leider spiegeln auch die Kommentare der berichtenden alternativen Medien diesen bedenklichen Zustand, dass man sich darüber die Augen reiben muss.

Da wird zwar noch der Spagat versucht, hinüber zu einer mutmaßlich überwiegenden Haltung der Leser, aber Wagenknecht wird hier genauso gemeuchelt wie bei den Öffentlich-Rechtlichen, nur dass die eindringende Klinge von warmen Worten begleitet wird.

Dabei sollte mindestens Göring-Eckardt dankbar sein, dass wenigstens die Linkspolitikerin noch in der Tradition der Friedensbewegung steht. Ansonsten müsste sie nämlich anerkennen, dass die AfD diese Rolle geentert hat.

An der Stelle darf dann attestiert werden, dass Hart aber fair – folgt man den Vernichtungsfantasien des Formats – bei der Auswahl der Gästeliste unklug agiert hat:

Hier wäre ein AfD-Bundestagsabgeordneter sinnvoll gewesen, denn dessen schiere Anwesenheit hätte Wagenknecht dazu verdammt, sich permanent zu distanzieren. Und man darf spekulieren, dass sie genau das auch geliefert hätte. War der Vernichtungswille der Öffentlich-Rechtlichen hier nicht ausgeprägt genug oder überwog die Sorge, die Sendung hätte mit Wagenknecht und beispielsweise Petr Bystron oder Karsten Hilse nach hinten losgehen, außer Kontrolle geraten können.

Das Thema der Sendung: „Frieden mit Russland: Eine Illusion?“ Ebenfalls am Tresen sitzen auf Barhockern Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung und der Politikwissenschaftler Herfried Münkler. Louis Klamroth macht den Plasberg. Die Gäste und ihre Positionen werden vom Moderator folgendermaßen vorgestellt:

„Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP ist überzeugt, dass Putin seinen brutalen Kurs fortsetzt, bis er militärisch gestoppt wird. Etwas anderes zu glauben, sei naiv. Falsch, sagt Sahra Wagenknecht von der Linkspartei, denn wenn man nur Waffen liefert, statt zu verhandeln, bleibt der Frieden eine Illusion. Nur die Ukraine kann entscheiden, Gespräche mit Russland zu führen, und zwar auf Augenhöhe, sagt Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen. Wer vor militärischer Eskalation warnt und für Friedensverhandlungen wirbt, sollte nicht pauschal als naiv oder Putin-Freund diffamiert werden, findet der Journalist Herbert Prantl. Und der Politologe Herfried Münkler meint, Russland setzt bei seinem Erschöpfungskrieg auf den Faktor Zeit und hat da zunächst auch die besseren Karten.“

Münkler bringt den Begriff „Erschöpfungskrieg“ ins Spiel. Klamroth fragt Prantl, ob die Grünen als „Friedenspartei“ noch auf dem richtigen Pfad sind.

„Ich glaube nein“, sagt Prantl und zitiert Willy Brandt: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ Ob der gemächliche und altersmilde Prantl hier wirklich der richtige Adjutant für Wagenknecht sein kann, wenn ihr gleich zwei schießwütige Damen der Ampel zum Duell gegenüberstehen? Was soll das werden: Panzergranaten gegen Friedenstaube?

Göring-Eckardt spricht von „unfassbar vielen diplomatischen Initiativen“ in Richtung Russland. Nachgefragt erwähnt sie „Gefangenenaustausch und Getreidelieferungen“. Blöd nur, dass es Zuschauer gibt, die in den Jahren seit 2015 längst ein Gespür für das Lavieren und die unsauberen Debattenbeiträge dieser Politikerin bekommen haben, um da nicht gleich hellhörig zu werden, wenn der Sinn des Gesagten so dünn wird. Aber vielleicht sind es noch zu wenige.

Während Sahra Wagenknecht spricht, verdreht Strack-Zimmermann permanent die Augen, schaut Wagenknecht nicht an, sondern demonstrativ zur Decke, immer in der Hoffnung, dass diese Gesten von der Kamera in Millionen Haushalte getragen werden.

An der Stelle müsste ein Moderator eigentlich nachfragen, ob Frau Strack-Zimmermann lieber wieder nach Hause gehen will, wenn sie so überdeutlich anzeigt, gar nicht gewillt zu sein, an einem an westlichen Werten orientierten Meinungsaustausch teilnehmen zu wollen.

Klamroth verpasst die Gelegenheit, die Dame heizt und hetzt sich innerlich weiter auf, das Drama nimmt seinen Lauf.

Kaum hat die Linke ein paar Sätze in Reihe gesprochen, kommt in der Runde schon Unruhe auf. Die weiteren Diskutanten samt Moderator sind es leider nicht mehr gewöhnt, Argumente auszutauschen, die über den Schlagabtausch in der Garderobe auswendig gelernter Parolen hinausgehen.

Der Kremlsprecher wird zitiert, er hätte gesagt, Verhandlungen würden derzeit von russischer Seite abgelehnt. Aber wie will Klamroth das abwiegen mit einem Selenskyj-Dekret, das Friedensverhandlungen sogar unter Strafe stellt? Heribert Prantl hat eine Idee:

„Ich hoffe inständig, dass man Verhandlungsbereitschaft auch herbeiverhandeln kann. (…) Der Frieden ist ein ungelegtes Ei, aber man kann das Nest bereiten.“

Ob solche weichgezeichneten vorösterlichen Stimmungsbilder gegen die Ampelkriegsdamen taugen? Strack-Zimmermann schaut dazu mit einem Leopardenblick, ihre Kehle hinunter zu den Stimmbändern wird zum abschussbereiten geladenen Rohr.

Strack-Zimmermann packt ein Zettelchen aus, auf dem sie ein Wagenknecht-Zitat notiert hat, dass sie vortragen will. Klamroth interveniert nicht, was seine Aufgabe gewesen wäre. Denn was wäre die Folge? In solchen Talkshows brächten Gäste ihre Laptops mit und zitierten gleich direkt vom Bildschirm.

Aber keine Sorge, es wird noch dreckiger. Klamroth: „Das müssen sie gar nicht selber machen.“ Und schon drückt er aufs Knöpfchen und das Zitat wird eingeblendet. Den Eindruck, den diese seltsame Kumpanei in diesem Moment macht, muss man nicht mehr kommentieren.

Worum geht’s? Wagenknecht hatte Tage vor dem Einmarsch der Russen bei Anne Will gesagt, so etwas würde Putin nicht machen, er sei ja kein durchgeknallter Nationalist, der Grenzen verschieben wolle. Das ist allerdings eine Steilvorlage. Denn im Nachsatz sagte Wagenknecht, wenn dem doch so wäre, „dann wäre Diplomatie hoffnungslos verloren“. Aus dem Zusammenhang gerissen?

Strack-Zimmermann spricht von gefolterten Kindern, verschleppten Kindern, Vergewaltigungen. Und sie spricht davon, dass ihr Puls am Anfang der Sendung noch relativ gut taktet. Sie bemühe sich, dass das so bleibe, aber es sei – mit Blick auf Wagenknecht – nicht ganz einfach. Putin sei ein Massenmörder und ein Terrorist, sagt die FDP-Bundestagsabgeordnete noch.

Die Friedensdemonstration war allerdings richtig, so Strack-Zimmermann. Aber die Teilnehmer sollten auch wissen, dass, wenn so eine Demonstration in Russland stattfände, die Teilnehmer zwanzig Jahre lang hinter Gittern landeten. Die Täter-Opfer-Umkehr kommt bei ihr ebenfalls zur Sprache. Wagenknecht darf immer noch nicht zum eingespielten Zitat Stellung beziehen. Das Zitat soll erst einmal tiefer sacken beim Zuschauer.

„Der Krieg in der Ukraine ist im Kern kein nationalistischer, sondern ein geostrategischer“, erklärt Sahra Wagenknecht. Aus dem Off lautes Ausstöhnen ins Strack-Zimmermann-Mikrofon.

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„Sie wissen doch, dass das nicht stimmt, das wird ja durch Wiederholen nicht besser“, wirft Göring-Eckardt dazwischen. So wird gelernt diskreditiert, ohne argumentieren zu müssen.

Klamroth kennt seine Rolle offenbar, es dauert keine fünfzehn Minuten und er wird zum weiteren Diskutanten gegen Wagenknecht, als hätte er in der Vorbereitung seiner Moderatoren-Aufgabe zu viele Lanz-Sendungen gesehen. Mit dem Unterschied, dass er als Moderator von Hart aber fair von niemandem ermahnt werden kann.

Wagenknecht wiederholt es auch hier wieder und wieder und über alle Diffamierungen hinweg: „Was tun wir, um dieses Grauen zu beenden? Immer mehr Waffen liefern?“ Das bleibt tatsächlich die Kernfrage, die man mit sachlich diskutieren müsste. Aber offensichtlich ist die Idee einer Diskussion darum selbst bereits zu Putin-freundlich. Aber wozu dann die Runde?

Und warum geht Wagenknecht dorthin, wenn sie doch wissen kann, dass es nur darum geht, Friedensinitiativen abzubügeln und Protagonisten der Bewegung zu diffamieren, während der Sendung und am Folgetag in den Medien?

„Der Krieg hat ja nicht vor einem Jahr begonnen, sondern er hat 2014 begonnen.“ Nein, das sagt nicht Wagenknecht, sondern Göring-Eckardt. Hier geht es der Grünen darum, ein vermeintliches Narrativ der Gegenseite via Umdeutung zu brechen. „Es hat jeden Tag dort Krieg gegeben seit 2014“, erklärt sie weiter, „Und dieser Krieg ist massiv ausgeweitet worden vor einem Jahr.“

Das sind erstaunliche Töne, aber Göring-Eckardt ist ja noch nicht fertig: „Putin kennt nur die Sprache des Krieges.“ Er hätte sich an keine Abmachungen gehalten. „Es geht nicht um Diplomatie oder Waffen, sondern um Diplomatie und Waffen“, so Göring-Eckardt. Und sie erinnert an die russischen Gefängnisse, in denen Oppositionelle landen.

Klamroth bringt „rechte Querdenker“ ins Spiel. Auftragsgemäß klingt das, pflichtschuldig und von wem auch immer bestellt. Im Zweifel im vorauseilenden Gehorsam. Aber was bedeutet diese Zuordnung eigentlich? Sie versucht die Rehabilitierung der Corona-Maßnahmen-Kritik zu verhindern, die sich in der Ecke der Querdenker so sehr verdient für diese Debattenkultur gemacht hat.

So wie Michael Ballweg im Knast verrotten soll als Mahnung an alle führenden Vertreter oppositioneller Bewegungen, sollen die gegen viele Widerstände standhaft gebliebenen Corona-Maßnahmenkritiker jetzt als Putin-Versteher diffamiert werden, mutmaßlich, weil sie in so erstaunlich vielen Punkten ihrer Kritik am Corona-Regime Recht behalten haben. Der Ukrainekrieg mit all seinem furchtbaren Leid wird hier vom polit-medialen Komplex missbraucht, um von einer sich immer deutlicher als verheerend herausstellenden Politik und Berichterstattung abzulenken.

Die Sendung geht noch weiter, die Zumutungen und Übergriffe gegen Wagenknecht werden intensiver, Moderator Klamroth will von Wagenknecht wissen, ob sie denn auch glaube, er sei Teil der „Lügenpresse“, wie es ihm auf Wagenknechts Demonstration entgegengeworfen wurde.

Vielleicht hat er es gar nicht erwartet, aber Wagenknecht ist durchaus gewillt, ihm eine deutliche Antwort zu geben:

„Dass die mehrheitliche Darstellung der Medien an einer Einseitigkeit krankt, das sehe ich auch. Auch die Reaktion auf unser Manifest.“

Klamroth kann seine Eitelkeit nicht überwinden, muss nachhaken: „Bin ich nun Teil der Lügenpresse?“ Und er bekommt als Antwort von Wagenknecht: „Diesen Begriff mache ich mir nicht zu eigen und habe ihn nie verwandt.“

Zieht Strack-Zimmermann jetzt einen Spickzettel neben ihrem Revolver aus der Hosentasche, der das Gegenteil beweist?

An der Stelle sei nun auf die Mediathek verwiesen, wer noch die Kraft hat, diese Sendung in voller Länge zu Ende zu schauen.

Aber um Louis Klamroth hier nicht mit dieser für ihn offenbar so wichtigen Frage im Regen stehen zu lassen, soll er eine Antwort noch in einer Ausführlichkeit bekommen, die Sahra Wagenknecht bei Hart aber fair nicht vornehmen konnte:

Lieber Louis Klamroth, was das eigentlich für eine hinterfotzige Frage? Und vollkommen naiv, angesichts einer jahrelangen Debatte um diesen Begriff und die Rolle der Medien. Sie fragten nicht inhaltlich, sondern um Wagenknecht irgendwo bei Pegida wegzupacken, was missglückte. Bitte machen Sie Ihre Hausaufgaben.

Kai Gniffke, heute Ihr Boss bei der ARD, hatte 2018 hinreichend deutlich gemacht, wie der Begriff „Lügenpresse“ zustande kommen konnte:

„Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir niemals belehren wollen und ich glaube auch nicht, belehrend waren. Dass wir aber gerade zu Beginn der ganzen AfD, des AfD-Großwerdens – Pegida-Phase – da hatten wir schon einen gewissen missionarischen Eifer. Ich glaube, wenn man sich unsere Texte anguckt, sind die alle irgendwie unangreifbar. Aber zwischen den Zeilen kam es aus jeder Pore: Ihr sollt die bitte doof finden. Das hatten wir, das hat eine ganze Weile gebraucht. Deshalb haben wir das immer noch wie so ein Stigma mit hinten dran geklebt: die rechtspopulistische AfD.“

Und um Ihnen ein weiteres Beispiel zu liefern, sei hier noch Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Zeit genannt, der 2017 im Cicero geständig war, wie weit sich die ehemals „Qualitätsmedien“ genannten Publikation in Richtung regierungsnahe Medien, oder wenn Sie so wollen „Lügenpresse“, gewandelt haben – hier im Kontext der illegalen Massenzuwanderung:

„Wir waren aber zumindest in der Anfangszeit geradezu beseelt von der historischen Aufgabe, die es nun zu bewältigen galt.(…) Damit einherging die Missachtung der Ängste in der Bevölkerung. Noch problematischer war die kritiklose Übernahme der Erklärungen einer Bundesregierung, der nun jedes Wort recht war, sich etwas nachträglich schönzureden, was in Wirklichkeit ungeplant passiert war. (…) Die Folgen sind bis heute zu spüren: Es gab eine beispiellose Vergiftung der Gesellschaft und einen Vertrauensverlust gegenüber den Eliten und den im Bundestag vertretenen Parteien. (…) Und ohne Not haben wir uns wieder dem Verdacht ausgesetzt, wir würden mit den Mächtigen unter einer Decke stecken, wir würden so uniform berichten, als seien wir gesteuert. (…)"

Zuletzt will ich außerdem auf hundert „Hart aber fair"-Folgen Ihres Vorgängers seit 2015 hinweisen, die ich fast allesamt kritisch rezensiert habe. Wenn sie nur ein paar Folgen dieser Sendung, die sie übernommen haben, gesehen hätten, oder ein paar der Rezensionen gelesen, dann hätten sie diese Frage nicht gestellt, sondern gehofft, dass Sahra Wagenknecht ihrerseits die ungeheure Verantwortung der Medien an den Gräben quer durch die Gesellschaft nicht zur Sprache bringt.

Es gäbe noch viel zu erzählen. Schreiben sSe mich an, rufen Sie mich an, ich nehme mir die Zeit, sie aufzuklären, was sie in den letzten Jahren möglicherweise verpasst und noch nicht nachgearbeitet haben.

Und, lieber Herr Klamroth, Ihre wunderbare Großtante Wiebke Bruhns war auch die Schwester meines Onkels, wir trafen uns auf Familienfeiern. Also keine Angst, ich bin Ihnen tendenziell sogar, familiär verpflichtet, wohlgesonnen.

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