„Muss der Gesundheitsminister nach Kiew reisen? Es ging hier offensichtlich eher darum, dass der Herr Lauterbach von der Medienöffentlichkeit wegen des Ukrainekriegs auch ein Stückchen abhaben wollte. Gut machen sich derzeit immer Fotos mit Staatspräsident Selenskyj. Sie zeigen, dass man auf der richtigen Seite steht.“
Jetzt ist die Reise eines Ministers der Bundesregierung eine Sache. Immerhin werden deutsche Sicherheitsbehörden Lauterbachs Besuch in Kiew genaustens unter die Lupe genommen und entsprechend gefahrenabwehrend begleitet haben.
Aber wie erklärt es sich, dass einem einfachen Mitarbeiter eines großen Automobilherstellers gerade eine Bildungsreise nach Kiew/Tschernobyl bewilligt wurde?
Die Frage beim Veranstalter, ob diese Reise aktuell nicht unmöglich sei, erübrigt sich, ein Arbeiter mit Wunsch auf Bildungsurlaub hatte angefragt und ein Okay des Veranstalters samt ausgefülltem Antrag für den Arbeitgeber (Formsache) bereits zugeschickt bekommen.
Konkret wurden unter anderem folgende Details eingetragen:
„Bildungsreise: Kiew und die gesperrte Zone um Tschernobyl (5 Tage), 17.10.2022 - 21.10.2022, 5 Tage Kursdauer, Unterbringung im Hotel Ukraina, Instytutska Street, Kiew, Ukraine.“
In einem weiteren Dokument wurde dem Bildungsurlauber in spe auch ein „persönlicher Bildungsurlaub-Guide“ für seine Reise nach Kiew zur Verfügung gestellt.
Auch das Ziel des Bildungsurlaubs wird dort ausführlich beschrieben:
„Ziel der Bildungsreise ist nicht nur die Vermittlung der historisch-politischen Hintergründe zur größten Nuklearkatastrophe der Welt, sondern auch der heutige Umgang mit den Auswirkungen auf die Bevölkerung und Umwelt, die bis in die Gegenwart andauern. So erhalten die Teilnehmer einen ungewöhnlichen Blick welche Gefahren von Atomkraftwerken ausgehen können und welche Folgen auch 35 Jahre nach der Katastrophe in der Umwelt zu finden sind. Daneben werden auch weitere Themen vermittelt: wie veränderte sich der Umgang der politischen Administration mit der Region und wie entwickelte sich die Natur in der abgeschotteten Zone? Zusätzlich beleuchten wir auch die aktuellen politischen Ereignisse und die Lebenssituation in der Ukraine.“
Der letzte Satz dieser Schilderung beseitigt Unklarheiten. Der Anbieter scheint sich durchaus im Klaren darüber zu sein, dass die Ukraine sich aktuell in einer – sagen wir einmal – außergewöhnlichen und eher urlaubsunfreundlichen Situation befindet. Aber Bildungsurlaub soll ja kein reines Vergnügen sein, könnte man meinen.
Die E-Mail an den Arbeiter im Automobilwerk beginnt übrigens so:
„Hallo Xxxxxx, großartig, Dein Bildungsurlaub ist schon fast greifbar!“
Weiter informiert die Rückmeldung darüber, dass der Anbieter „schnellstmöglich“ auch persönlich Kontakt aufnimmt, um weitere Details zu besprechen.
Die Leistungen des Bildungsurlaubs Kiew/Tschernobyl/Ukraine werden ebenfalls bereits bekanntgegeben:
„Inklusivleistung:
· deutschsprachige Reiseleitung an 5 Tagen durch Xxxxx Xxxxx
· 2x Übernachtung/Frühstück im Mittelklassehotel im Zweibettzimmer in Kyiv/Kiew
· 2x Übernachtungen/Frühstück im einfachen Gästehaus in Tschernobyl mit Gemeinschafts-Bad/WC im Zweibettzimmer
· Mittag- und Abendessen in der gesperrten Zone
· Programm wie ausgeschrieben
· Transfer im klimatisierten Kleinbus an den ersten drei Exkursionstagen
· englischsprachiger zusätzlicher Guide in der gesperrten Zone an allen drei Exkursionstagen
· Organisation aller notwendigen Genehmigungen für den Zutritt in die gesperrte Zone
· Organisation aller notwendigen Genehmigungen für den Besuch des Kraftwerks
· persönlicher Filmdosimeter für den gesamten Aufenthalt in der gesperrten Zone
· ein Geigerzähler/Dosimeter zur Anzeige der Strahlenbelastung der Umgebung für die Seminargruppe
· Falt- und Informationsplan „Die gesperrte Zone“
·Sicherungsschein des Reiseveranstalters
·Zertifikat für die Teilnahme der Bildungsreise
Exklusiv:
Die An- und Abreise nach Kyiv/Kiew kann entweder mit einem Linienbus oder dem Flugzeug erfolgen und kommt zu den Kosten der Bildungsreise hinzu. Gern sind wir bei der Buchung behilflich. Daneben ist auch der Transfer vom Busbahnhof bzw. Airport nicht automatisch im Reisepreis enthalten, kann aber optional organisiert werden.“
Abschließend heißt es vom Anbieter noch:
„Fragen? Dann kannst Du uns jederzeit schreiben: E-Mail
Keine Fragen? Dann ab in den Bildungsurlaub!“
Na, dann mal ab in den Bildungsurlaub.
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Kommentar von Herbert Wolkenspalter
Wie damals beim Majdan, als unsere Spitzendemokraten nach Kiew gepilgert sind, um den undemokratischen Putsch zu feiern, den sie vorher fleißig geschürt hatten.
Angemessener, als ihr Konterfei schon wieder in Kiew publikumswirksam zur Schau zu stellen, wäre angesichts der Folgen des geostrategischen Experiments um den Raum im Osten, den Kopf unter einem Sack zu verbergen.