„Im Moment ist Strack-Zimmermann wohl die beste Sprecherin der Bundesregierung“

BR-Oberheeresbericht: „Die Bundesrepublik wird an der Ostfront der Ukraine verteidigt“

von Alexander Wallasch (Kommentare: 13)

Der öffentlich-rechtliche Experte: „Es endet im letzten mit der Niederlage Russlands. (…) Solange Putin an der Macht ist, wird dieser Krieg weitergeführt werden.“© Quelle: Mediathek Bayerischer Rundfunk

Man kann die Kriegslüsternheit der deutschen Medieneliten kaum besser belegen, als mit einem „Experten“-Interview des Bayerischen Rundfunks zum Ukrainekrieg. Selten waren Schlafwandler so schrill und laut. Hier spricht einer der schrillsten Kriegstreiber von allen.

Das Kontrovers-Interview im Bayerischer Rundfunk (BR) vom 25. Januar 2023 mit Politikwissenschaftler Stephan Bierling wird vom BR folgendermaßen anmoderiert:

„Völkerrechtlich sind die zugesagten Panzerlieferungen Deutschlands unproblematisch, analysiert Stephan Bierling, Politikwissenschaftler für Internationale Politik an der Universität Regensburg im Kontrovers-Interview. Doch wo soll die Unterstützung Deutschlands aufhören? Moralisch und politisch erst mit der Niederlage Russlands, findet Bierling.“

Der Oberammergauer Stephan Bierling lehrt seit 2000 als Professor für Internationale Politik an der Universität Regensburg und leitet die Professur für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen. Er ist seit 2009 „Vertrauensdozent“ an der Konrad-Adenauer-Stiftung und er war als Gastprofessor in den USA, Israel und Südafrika tätig.

Und das, was er dem Bayerischen Rundfunk zum Besten gibt, klingt wie die Blaupause für die Aussage der grünen Außenministerin Baerbock im Europarat: „We are fighting a war against Russia.“

Hier das BR-Interview in der Transkription:

Bayerischer Rundfunk (BR): Im Kontrovers-Interview der Politikwissenschaftler Professor Stephan Bierling. Er ist Spezialist für transatlantische Beziehungen und Sicherheitspolitik. Herr Professor Bierling, die Lieferung der Leoparden, ist es jetzt ein Dammbruch, was unsere Rolle im Krieg – in diesem Krieg – betrifft?

Stephan Bierling: Nein, das ist kein Dammbruch. Und wenn‘s einer wäre, dann haben wir schon viele Dämme vorher gebrochen. Wir haben Artillerie geliefert, die wir am Anfang nicht liefern wollten. Wir haben Schützenpanzer geliefert, die wir am Anfang nicht liefern wollten. Jetzt liefern wir halt schwere Panzer und davon nur 14 Stück. Das heißt, die Eskalation, die auch in der deutschen Lieferungspolitik zu sehen ist, ist einzig ’ne Reaktion auf das russische Kriegsgeschehen.

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BR: Aber der russische Botschafter nennt diese Lieferungen sehr gefährlich. Wie riskant ist das, was Deutschland da gerade macht?

Stephan Bierling: Nun, wir sollten als Letzten auf den russischen Botschafter hören, der versucht natürlich durch psychologische Kriegsführung uns zu schwächen. Im letzten hat er sich das selbst zuzuschreiben. Russland bombardiert die Städte, bombardiert die Wohngebäude in der Ukraine, hat die Ukraine überfallen, terrorisiert die Zivilbevölkerung. Alles, was der Westen jetzt macht, ist der Versuch, der Ukraine in dieser überaus schwierigen Lage beizustehen. Und dazu sind im Moment auch schwere Waffen nötig.

BR: Der Vizeaußenminister der Ukraine, der ehemalige Botschafter in Deutschland, Melnyk, der hat getwittert: „Liebe Verbündete, lasst uns eine mächtige Kampfflugzeug-Koalition für die Ukraine bilden.“ Müssen wir damit rechnen, Herr Bierling, dass bald noch mehr Forderungen auf uns zukommen? Immer weiter rein in diesen Krieg. Wo ist da die rote Linie?

Stephan Bierling: Nun, die rote Linie ist recht klar. Das heißt, es gibt keine Kampfverbände der NATO, keine deutschen Soldaten in der Ukraine. Das ist die Stufe, die im Grunde eine Kriegsbeteiligung Deutschlands und des Westens dann bedeuten würde. Alles andere ist unter dieser Schwelle völkerrechtlich völlig legal. Wir können liefern, was immer wir wollen, im letzten auch Flugzeuge. Die sind im Moment allerdings nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Aber es ist natürlich die Aufgabe des Vizeaußenministers Melnyk, als Botschafter schon hier in der Bundesrepublik, das Maximum für das eigene Land zu fordern. Und er lag ja im letzten auch immer ganz richtig. Nach mehreren Monaten haben die westlichen Alliierten, hat auch die Bundesrepublik, in der Regel das getan, was die Ukrainer gefordert haben.

BR: Ja, deshalb die Frage: Wo endet das? Wie geht das weiter?

Stephan Bierling: Es endet im letzten mit der Niederlage Russlands. Das ist das einzige wirkliche Szenario, das man moralisch und politisch vertreten kann. Solange Putin an der Macht ist, wird dieser Krieg weitergeführt werden. Es gibt keine schnelle Friedenslösung. Wir müssen alles tun, um die Ukraine in den Stand zu setzen, diese nächste große Frühjahrsoffensive, die offenbar in Moskau geplant wird, zu überstehen. Wir müssen alles tun, dass die russischen Verbände geschlagen werden, und zwar so geschlagen werden, dass es vielleicht zum Sturz des Regimes in Russland und zu einem neuen Russland führt, mit dem wir dann auch einigermaßen geordnete Beziehungen wiederherstellen können.

BR: Der Bundeswehrverband warnt, dass unsere Landesverteidigung geschwächt wird durch die Panzerlieferungen. Wird die Lage doch immer gefährlicher für uns?

Stephan Bierling: Nein, das ist, glaube ich, die Aufgabe des Bundeswehrverbandes, darauf hinzuweisen, wie katastrophal der Zustand der Bundeswehr ist. Aber das haben die regierenden Parteien seit 20 Jahren – SPD und CDU in großer Koalition – systematisch ruiniert den Zustand der Bundeswehr. Jetzt ist der Kampf zu gewinnen gegen Russland. Und da müssen die Deutschen alles tun, um das zu tun. Landesverteidigung ist im Moment nicht wirklich das oberste Gebot. Das Land der Bundesrepublik wird an der Ostfront der Ukraine verteidigt, und deshalb müssen wir alles tun, um diesen Krieg, der auch unser Krieg ist, nicht nur der ukrainische Krieg … Da geht es um unser Wertesystem, da geht es um unsere Sicherheit, da geht es um die westliche liberale Ordnung, die dort von den Ukrainern verteidigt wird. Und da muss auch die Bundesrepublik alles tun, und sie tut bei weitem nicht so viel wie andere Staaten. Da muss auch die Bundesrepublik alles tun, um den Ukrainern beizustehen und ihnen den Sieg gegen Russland zu ermöglichen.

BR: Herr Bierling, aber viele Deutsche haben Angst. Die Gesellschaft ist sehr gespalten, was die Waffenlieferungen betrifft. Wie muss man das kommunikativ einfangen? Wie muss man da Vertrauen herstellen und diese Angst nehmen?

Stephan Bierling: Nun, das erste ist: Auf diese Angst setzt Russland. Die Drohung mit Nuklearwaffen durch Putin durch Medwedjew, die wir jetzt mittlerweile seit einem halben Jahr erleben, ist nur darauf ausgerichtet, in Deutschland Angst zu verbreiten.

Die Aussagen, die wir am Anfang dieses Interviews diskutiert haben, des russischen Botschafters, gehen in die gleiche Richtung. Er will versuchen, in Deutschland einen Keil reinzuschlagen. Es gibt sozusagen auch Parteien, und Personen in diesen Parteien, in der AfD, in der Linken, die die russische Propaganda eins zu eins weitertragen. Hier wäre gefordert, dass die Bundesregierung wirklich viel besser kommuniziert.

Im Moment ist Strack-Zimmermann wohl die beste Sprecherin der Bundesregierung. Aber die Verteidigungsministerin, die gerade zurückgetreten ist, der neue Verteidigungsminister, der Kanzler, sind eigentlich in der Erklärung dessen, was sie wollen und wofür Deutschland steht, ein Totalausfall. Deshalb die Verwirrung auch in der deutschen Bevölkerung. Weil aus der politischen Elite, die gewählt ist, die im Amt ist, im Kanzleramt residiert, keinerlei Leitbild, Leitlinie kommt, warum man denn Panzer liefern soll oder warum man sie nicht liefern soll. Das hat Scholz im Grunde völlig vergeigt.

BR: Soweit die Einschätzung und die Meinung von Professor Stephan Bierling. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

Stephan Bierling: Bitte schön.

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