DIe taz: Nur grüne Kampfpostille oder Keimzelle grüner Verwerfungen?

Der politisch-mediale Komplex – Mythos oder Realität?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

Wenn Journalisten Redaktionen zu Thinktanks grüner Politik umgestalten und über Anti-Demokratie-Projekte nachdenken© Quelle: Youtube / Schauspielhaus Stuttgart, Screenshot

Die Kritik an einer Zusammenarbeit von Politik und Medien steht aktuell hoch im Kurs. Der Kampfbegriff „politisch-medialer Komplex“ war ursprünglich links konnotiert, gehört aber mittlerweile wie selbstverständlich zum Standardrepertoire konservativer bzw. rechter Systemkritik.

Die sich 2018 wieder einmal diesem Vorwurf ausgesetzt sehende „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ antwortete mit einem Aphorismus auf diese Zuschreibung: „Der politisch-mediale Komplex heißt deswegen so, weil er extrem komplex ist.“

Jetzt könnte man meinen, dass es eine journalistische Tugend wäre, aus seinem Herzen eine Mördergrube zu machen. Andere glauben, jeder Verdacht der Anfälligkeit für eine politische Vereinnahme wäre hinfällig, wenn man nur sein Parteibuch offen neben die Tastatur legt und seinen Lesern reinen Wein einschenkt.

Die langjährige taz-Radakteurin Ulrike Herrmann beispielsweise kommuniziert ihre jahrzehntelange Mitgliedschaft bei den Grünen in Tradition eines Bekenntnis-Journalismus der 1960er und 70er Jahre, als Journalisten sich mittels Parteibuch bestimmten Publikationen zuordnen ließen. Bei den Öffentlich-Rechtlichen war es noch einfacher: ARD war SPD und beim ZDF kam man mit einem CDU-Parteibuch weiter.

2017 fragte der NDR einmal ganz unschuldig nach: „Journalist sein und Parteimitglied - geht das?“

Der damalige Spiegel-Chef Klaus Brinkbäumer verneinte das, er bevorzuge eine Distanz zu allen Parteien, zu allen Politikern. Andere hingegen hielten entgegen, Parteien seien wichtig für unsere Demokratie, diese funktioniere nur mit Parteien. Journalisten seien auch gleichzeitig Staatsbürger, wurde argumentiert. Und in der Funktion könnten sie auch in Parteien sein.

Grüne Parteimitgliedschaft im Schläfer-Modus

Angesichts einer anhaltenden gesellschaftlichen Debatte um „Systemmedien“ und um „Gleichschaltung“ werden Journalisten überwiegend anhand ihres Publikationsortes politisch zugeordnet. Insbesondere Journalisten der Neuen Medien müssen sich gefallen lassen, beispielsweise in der größten Online-Enzyklopädie als „AfD-nah“ beschrieben zu werden, ohne je ein Parteibuch vorgelegt zu haben. So ein Anwurf ist von den Wikipedia-Autoren durchweg diffamierend gemeint.

Die taz-Radakteurin Ulrike Herrmann dreht das Karussell noch eine Runde weiter. Sie hat ein grünes Parteibuch. Aber sie kündigte 2021 an, ihre Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen:

„Diese Debatten ermüden. Also habe ich bei den Grünen beantragt, dass meine Mitgliedschaft ruht. Damit ich endlich wieder ungestört die Arbeit machen kann, die ich schon seit zwanzig Jahren mache.“

Auf die Frage warum sie überhaupt Parteimitglied der Grünen sei, erklärte Herrmann: „Weil ich durch das Waldsterben politisiert wurde.“

Der Spiegel schrieb dazu 2015:

„1981 schien das Schicksal des deutschen Waldes besiegelt. Die Angst vor dem Tod der Bäume trieb Zehntausende auf die Straße - und ebnete den Grünen den Weg in die Parlamente. Doch das Waldsterben fiel aus.“

Es grünt so grün ...

Die taz-Journalistin sah sich nach Selbstbekunden immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, ihre Parteimitgliedschaft und ihre journalistische Arbeit seien nicht miteinander zu vereinbaren.

Dazu äußerte sie sich 2021 so:

„Ich bin Grüne, doch folgt daraus noch lange nicht, dass ich grüne Politiker stets bejubeln würde. (...) Es ist ja kein Geheimnis, dass die Welt oder die FAZ eine völlig andere Weltsicht haben als die taz und ihre GenossInnen.“

Der Journalist Henning Rosenbusch hatte sich zuletzt via Twitter einem Redebeitrag von Frau Herrmann gewidmet, der zwar auf Anfang Januar 2022 datiert ist, aber eineinhalb Jahre später noch einmal eine besondere Relevanz bekommen hat. Die taz-Journalistin war damals Gastrednerin im Stuttgarter Schauspielhaus im Rahmen der Aufführung „Ökozid“.

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