Von Urheberrechtsklau bis Vetternwirtschaft: Der Kulturstaatsminister entdeckt die „Affekte“ als Gefahr für die Demokratie

Weimers Größenwahn: Rettet die Demokratie – vor der Kritik an mir!

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

Weimer und das Drachenblut des Tegernsees© Quelle: Pixabay/wolfofart, Youtube/Buchmesse, Montage:Wallasch

Ein Kulturstaatsminister, der sich wie Siegfried im Drachenblut wähnt – doch er hat nur im lauwarmen Tegernsee gebadet. Jetzt ist das Lindenblatt gefunden, und Weimer schreit: Rettet die Demokratie vor dem freien Internet! In Wahrheit kollabiert seit Wochen nur eines: das System Weimer.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat sich heute auf einer Veranstaltung vor dem Grimme-Institut hingestellt und erklärt, dass das System der freien Medien kollabiere – die „Welt“ berichtete.

Zunächst einmal ist hier mit einem trockenen Husten zu erwidern, dass nicht das System der freien Medien kollabiert, sondern in den letzten fünf Wochen unter ansteigendem Getöse das System Weimer!

Warum Weimer nun gegen die freien Medien, gegen das freie Internet und gegen alles, was ihn aktuell in die Kritik stellt, wettert, das können Psychologen besser beantworten als beispielsweise Medienexperten. Dieses angebliche „Kollabieren“ wird von Weimer obendrein gleichgesetzt mit einem Kontrollverlust der Demokratie.

Wolfram Weimer hat seinen Größenwahn nicht mehr unter Kontrolle, wenn er der Überzeugung ist, dass Kritik an Weimer automatisch einen Kontrollverlust der Demokratie bedeutet.

Noch genauer hinschauen muss man, wenn der Kulturstaatsminister in einem Medium von Springer besprochen wird, in dessen oberer Etage auch einer seiner Söhne sitzt, der dort als „Chief of Staff“ der Chefredaktion der „Welt“ tätig ist.

Hinschauen muss man, wem Vater Weimer an der Stelle ein Forum angeboten wird und die aktuelle Affäre mit allen dringenden Fragen vor der Tür bleiben muss. Weitergehend muss man fragen, wo eigentlich Ulf Poschardt bleibt. Poschardt ist immerhin der Herausgeber der Welt und hat mit „Shitbürgertum“ auch eine Anklage gegen Systeme elitärer Vetternwirtschaft geschrieben. Zudem geht es immer auch um Deutungshoheit.

Daraus lässt sich dann ableiten, dass die Funktion des Herausgebers der „Welt“ maximal die eines Operettenkönigs sein kann, der keinerlei Einfluss hat und nicht einmal mehr als Ideal und Leitbild für Kollegen taugt, wie man es Herausgebern früherer Zeitungen nachsagen konnte – etwa Helmut Schmidt und seine Herausgeberschaft bei der „Zeit“.

Der Kulturstaatsminister gilt als guter Kumpel von Friedrich Merz, der ihn ins Amt geführt hat. Aktuell ist Weimer in eine Affäre verwickelt, die ihn von massivsten Urheberrechtsverletzungen bis hin zu mutmaßlicher Korruption und politischer Einflussnahme und Bereicherung schon sehr weit an die Frage herangeführt hat: Nicht wie viele Monate oder Wochen, sondern wie viele Tage noch?

Wenn Weimer jetzt auf einer öffentlichen Veranstaltung in der Funktion des Kulturstaatsministers erklärt: „Wir hatten eine kommunikative Balance in der Debattenkultur unserer Demokratie. Damals standen Inhalte im Mittelpunkt. Jetzt sind es Affekte“ und wenn er damit nichts anderes meint, als dass man die Deutungshoheit unter Kontrolle hatte. Dann glaubt Weimer auch, er sei so immun gegen Kritik wie Siegfried, der im Drachenblut gebadet hat. Aber Weimers Kritiker haben längst erkannt, dass es nur das Wasser des Tegernsees war.

Der größte Schock für Wolfram Weimer muss der Moment gewesen sein, als er erkannte, dass seine Funktion als Kulturstaatsminister alles andere als der Kübel Drachenblut war. Sie entpuppt sich immer mehr als ein Aufwirbeln gleich eines ganzen Herbststurms von Lindenblättern.

Wolfram Weimer schlug heute Alarm, es verschiebe sich die verfassungsmäßige Grundlage der Demokratie in der Bundesrepublik. Wie viele Zuhörer waren da schon so peinlich berührt wie jene, die das nachher alles nachlesen mussten?

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Der Mann kann doch mittlerweile sagen, was er will, seine Affäre wird immer mitgedacht und nur er kann aktiv dafür sorgen, dass die Vorwürfe bereinigt werden – aber das bewirkt am Ende nur eines: Das er wenigstens mit erhobenem Haupt seinen Rücktritt erklären kann.

Was Weimer heute abgeliefert hat und was die „Welt“ unkritisch abbildet, das ist Größenwahn in voller Blüte. Weimers Schicksal ist das Schicksal des Landes, ist gleich das Schicksal der ganzen Welt! Wie bitte? Und über diesen Schmerz des ertappten Hochstaplers hinaus mutiert Weimer zum Antidemokraten – nach mir die Sintflut, verbrannte Erde, wenn nicht ich, dann soll keiner!

Weimer verlangt „einen neuen Zugriff der Gesellschaft und der Politik“. Und es wird kritiklos abgebildet in der „Welt“, in einer Publikation, in deren Geschäftsführung einer der Söhne des Kulturstaatsministers sitzt – kaum länger übrigens, als Weimer Staatsminister ist.

Wenn Weimer fällt, fällt das System. Denkt Weimer jedenfalls, wenn er meint, das Risiko bestehe, dass das gesamte System der freien Medien kollabiert.

Interessant an dieser Tragödie ist allenfalls noch, an welcher Stelle sich Weimer die Kritik dann doch zu Herzen genommen hat: Nämlich dort, wo seine Kontakte in die höchste politische Ebene unmittelbar in Gefahr geraten.

Wenn Weimer etwa fordert, Google müsse zerschlagen werden, dann ist das zunächst eine antikapitalistische und ur-linke Forderung, über die man sogar nachdenken kann. Wenn aber Google in Hessen 5,5 Milliarden Euro investiert und Ministerpräsident Boris Rhein diesen Deal eingefädelt hat, dann steht auch ein Boris Rhein nicht mehr an der Seite von Wolfram Weimer. Und der war immerhin Schirmherr und Sponsor der Weimer-Veranstaltung in Frankfurt.

Und so hat auch die Presseabteilung der hessischen Staatskanzlei trotz mehrfacher Anfragen von Alexander-Wallasch.de nicht erklären wollen, dass man weiter zu Wolfram Weimer stehe. In der Totschweigephase steht Hessen mutmaßlich näher bei Markus Söder, der bereits eine Überprüfung der Geschäftspraktiken der Weimers angeordnet hat. Söder hatte Hunderttausende spendiert, Steuergelder, die jetzt neu überprüft werden.

Wolfram Weimer sind die Dinge massiv entglitten. Aber er legt immer noch nach. Bühnen hat er als Kulturstaatsminister genug. Das mag auch seine Hoffnung gewesen sein, als er den Job antrat. Und so erklärte er jetzt in einem umständlichen verbalen Reparaturprozess, dass es gut sei, dass Google aktuell in Deutschland investiere. Das sei wichtig.

Weimer weiß natürlich selbst sehr wohl, wie viele Leichen noch im Keller liegen. All das ist mit seinem aktuellen Job nicht kompatibel. Es muss restlos bereinigt werden. Idealerweise natürlich von ihm selbst. Aber Weimer reagiert mit einer dieser typischen 180-Grad-Spiegelung und erklärt, er fürchte einen Kontrollverlust der Demokratie. Dabei es ist nichts anderes als ein Verlust der Deutungshoheit, ein Verlust der Meinungsherrschaft und zuletzt der Verlust der gehobenen Position.

Weimer hat sich daran gewöhnt, für sich und die Seinen immer mehr zu fordern, als ihm in einer demokratisch organisierten Gesellschaft tatsächlich zusteht. Diese Selbstverständlichkeit des persönlichen Zugewinns funktioniert aber nur, wenn man dafür in sich dauerhaft eine amoralische Grundstimmung angelegt hat, wenn man skrupellos und ich-zentriert agiert, wenn man in Klassen denkt und sich selbst und die Seinen dabei für die Krönung der Schöpfung hält.

Davon vollkommen ungerührt bleibt die Tätigkeit eines Kulturstaatsministers untrennbar an besondere ethisch-moralische Selbstverständlichkeiten gekoppelt.

Was Weimer noch nicht verstanden hat, aber immer mehr Menschen in seinem Umfeld begreifen: Die Weimer-Affäre wird immer mehr auch zur Chance, das System von innen her zu sanieren und wieder Glaubwürdigkeit herzustellen. Lektion 1 wird sein: Auf der politischen Entscheiderebene ist jeder entbehrlich. Dann soll er halt jetzt gehen. Sein Verlag wartet auf ihn. Die suchen händeringend echte Autoren.

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