Fangen wir mit dem positiven Teil an: Kulturminister Wolfram Weimer hat sich auf der Frankfurter Buchmesse in seiner offiziellen Eröffnungsrede zu einem kontrollierten Wutanfall über KI hinreißen lassen, der für sich genommen ordentlich Schmackes hatte, um amüsant und unterhaltend genug zu sein.
Inhaltlich allerdings sorgte Weimers Angriff gegen US-Tech-Konzerne bei Richard Grenell, dem früheren US-Botschafter in Deutschland, für Empörung. Grenell ist kein pensionierter Ex-Diplomat, sondern inzwischen Sondergesandter für Sondermissionen unter US-Präsident Trump. Ein Eklat, der also entsprechend hohe Wellen schlägt.
Zur besseren Orientierung hier gleich der wesentliche Abschnitt der Rede von Weimer in der verschriftlichten Form.
Vorab aber noch ein Gedanke: Was wäre, wenn die Redenschreiber von Weimer oder er selbst diese Rede mit Künstlicher Intelligenz auf den Weg gebracht hätte? Aber wie soll man es beweisen?
Aber wach bleiben: Denn im Anschluss an Weimers Original-Redeausschnitt wird der Frage nachgegangen, ob nicht auch Weimer selbst mit seinem Mini-Medienimperium einen Steinbruch von Autorentexten verwaltet oder ausbeutet.
Hier aber zunächst Ausschnitte aus Weimers Eröffnungsrede zur Frankfurter Buchmesse:
„Die KI wird wahrscheinlich die Welt der Literatur und der Bücher auf ihre Weise zerfetzen. Und sie wird aus den Fetzen neue digitale Welten bauen. Saugen KI-Unternehmen derzeit das kreative Potenzial aus unzähligen klugen Köpfen, nutzen deren Ideen und Empfindungen, ihre Schaffenskraft, ihre Visionen? Damit wird die große kulturelle Errungenschaft autonomer Kunstwerke und – vor allen Dingen Bücher – zur Beute.
Ich benutze das Wort ganz bewusst: Ich halte das für einen geistigen Vampirismus. Es gibt diese Begriffe vom Mining und Scraping, also dem Abschöpfen von Inhalten. Doch schon der Begriff des Data Mining ist für mich ein Euphemismus. Denn er suggeriert, dass die großen Big-Techs, die KI-Unternehmen, irgendwie digitale Nachfahren von Bergbauunternehmen sind. Als hätten sie eine Lizenz, Rohstoffe abzubauen und weiterzuverarbeiten.
Doch es handelt sich hier nicht um Rohstoffe. Es handelt sich um Texte und Bilder, um Musik, um Filme. Um ganze Lebensleistungen. Und vor allem: Eine Lizenz haben sie nicht. Es herrscht da Goldgräberstimmung. Doch was in den Rechenzentren von Silicon Valley bis Shenzhen passiert, das ist ein höchst lukrativer, ein industriell organisierter, ein technologisch super beeindruckender, aber eben doch ein Raubzug.
Und deswegen werden ganze Kulturen jetzt zu Rohstofflieferanten degradiert und eigentlich schamlos ausgebeutet. Ich nenne das digitalen Kolonialismus, den wir nicht länger hinnehmen sollten."
Aber Achtung, jetzt wird's gespenstisch. So wie es Anton Hofreiter schaffte, von der Abschaffung des Tofu-"Würstchens" durch eine konservative Verschwörung im EU-Parlament bei einer Verschwörung Putins in Gestalt der Rechten Tofu-Feinde Europas zu landen, schafft es Wolfram Weimer auf der Frankfurter Buchmesse, vom KI-Vampir zu einer wahnhaften AfD-Paranoia! Glauben Sie nicht? Weiter in der Rede:
"Es wurde angesprochen: Wir leben in einer Zeit, in der der Autokratismus auf dem Vormarsch ist, in der ernsthaft unsere Demokratie bedroht ist, in der ein Land nach dem anderen ihm anheimfällt. Und wir wissen gar nicht, warum.
Und wir in Deutschland haben auch die Bedrohung durch einen Rechtspopulismus, der im Grunde genommen einen neuen Autoritarismus etablieren will. Und wenn sich das verbündet mit der Macht der KI und den Echokammern einer digitalen Welt, dann wird es schwer, die Demokratie so zu verteidigen, wie unser Oberbürgermeister das eben zu Recht eingefordert hat.“
Das sind zweifellos kräftige Worte, die aber sofort Widerspruch einfordern. Denn es sind natürlich die linksradikalen, auch von der Merz-Regierung, der Weimer angehört, hochsubventionierten NGOs, die aktuell Meldestellen einrichten, die mit KI das Netz nach regierungskritischen Inhalten durchforsten. Falscher kann Weimer gar nicht liegen als in diesen letzten Absätzen.
Weimer provoziert hier mit einem Text, den er oder seine Schreiber zusammengefügt haben. Mutmaßlich sogar ganz ohne „künstliche“ Hilfe. Nichtsdestotrotz sind es auch die Worte des Kutschers beim Anblick der ersten Eisenbahn und jenes Seufzen der Kerze, als zum ersten Mal Edisons elektrisches Licht erstrahlte.
Im Schnellwaschgang muss man Minister Weimer daran erinnern, dass er hier die Metaebene vergisst, diese noch im Nebulösen verhaftete Möglichkeit, mit der KI als Werkzeug selbst wiederum kreativ zu werden und so ganz neue Kreativräume aufzumachen, welche die bisherigen noch überragen könnten.
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Aber natürlich: Die Kritik seines Raubzuges bleibt bestehen. Die Tech-Giganten im Besitz dieser Technologie schöpfen restlos ab, was ihnen an Material unter die Finger kommt. Elon Musk stellt für sein Grok sein X zur Verfügung, alles ist verwertbar und alles wird auch verwertet und neu zusammengefügt. Die KI versieht seine Bildwelten bereits mit einem Brandzeichen, ChatGPT nimmt satte Gebühren und reiht sich ein bei Netflix oder Amazon Prime.
Zurück nach Frankfurt und zu Wolfram Weimer. Denn der – aufpassen jetzt, die Geschichte wird richtig gut! – hatte mich vor mehr als zehn Jahren einmal angerufen und gefragt, ob ich nicht weiter für das Portal „TheEuropean“ schreiben möchte, für das ich ein paar Jahre lang einige hundert Texte geschrieben hatte, viele davon meistgelesen.
Weimer fragte deshalb, weil er das damals noch viel gelesene Online-Debatten-Magazin gerade für ein Sümmchen vom Gründer Alexander Görlach – bzw. einem Zwischenwirt – abgekauft hatte und der ihm wohl erzählt haben muss, dass Wallasch anderswo schon Geld verdient, also auch gern gratis schreibt und sich über die Reichweite freut. Görlach hatte unterschlagen, dass es bei ihm immer hieß: Wenn wir ins Verdienen kommen, dann zahlen wir auch. Als Görlach dann an Weimer verdiente, flüchtete er mit den Moneten nach England zum Tee.
Unnötig zu erwähnen, dass ich Weimer den Zahn zog, nicht fortlaufend in Leibeigenschaft bleiben wollte und es stattdessen vorzog, ein lieber eigenes Portal zu gründen.
Aber auch das änderte nichts daran, dass Wolfram Weimer nun seit mittlerweile über zehn Jahren und jedes Mal, wenn jemand einen meiner paar hundert Texte liest, an diesen Texten, die Weimer nicht von mir gekauft hat, Geld verdient. Aktuell etwa mit folgender Werbung unter einem meiner Artikel zu Sahra Wagenknecht: „Frauen mit Gesichtsbehaarung können wieder lachen. Dieses Gerät verändert alles.“ Das ist böse. Das ist hoffentlich KI. Ironie der Geschichte: Eine KI hat hier offenbar auf unbotmäßige Weise eine Werbung dem Artikel zugeordnet. Aber diese KI ist für Weimer selbstverständlich akzeptabel, er verdient ja etwas daran.
Meine gesammelten Werke sind bis heute der Steinbruch für unseren Kulturminister. Ich habe nie auch nur einen einzigen Cent gesehen. Und weil dieses Portal auch mein Archiv ist, habe ich es auch nicht drauf ankommen lassen, irgendetwas einzufordern, um dann womöglich erleben zu müssen, dass meine Texte einfach gelöscht werden.
Aber nein, die Geschichte ist damit noch nicht zu Ende, es kommt noch besser! Wolfram Weimers Imperium hat sich vor über zehn Jahren nach der Übernahme des Portals etwas ausgedacht, das ich damals – ich erinnere mich gut – für eine journalistische Gaunerei gehalten hatte. Und das Kuriose: Der mittlerweile zum Kulturminister emporgeschwungene Weimer war offenbar eitel genug, die Fingerabdrücke nicht zu verwischen!
Die Fährte ist einfach aufzunehmen: TheEuropean öffnen und dann zu den „Autoren“. Dort wird beispielsweise Annalena Baerbock als Autorin von Weimers TheEuropean geführt. Die hat aber nie für Weimer geschrieben!
Wie das geht? Weimer veröffentlicht einen transkribierten Ausschnitt eines Sommerinterviews, stellt dann den Link der ARD dazu und macht Baerbock kurzerhand zu seiner Autorin.
Und wem Baerbock noch nicht reicht: Der parteilose Kulturstaatsminister von Friedrich Merz macht das auch mit – anschnallen bitte! – Brad Pitt und dem Papst persönlich. Auch die beiden sind persönliche Autoren von Wolfram Weimer! Jenes Wolfram Weimers, der sich gerade auf der Buchmesse in Frankfurt über Vampirismus am geistigen Eigentum anderer echauffiert hat.
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Kommentar von Sara Stern
Wir müssen uns auch im Rechten Spektrum ehrlich machen, insb. nach Charlie Kirks Attentat sind wir zum Schluss gekommen, dass eine weitreichende Meinungsfreiheit, wie sie uns ursprünglich vorschwebte mit linksradikalen Extremisten, die regelmäßig codiert zu Gewalt und Mord aufrufen, nicht machbar ist. Es ist gut, dass in den USA nun die Beleidigung "Nazi/faschist" dazu führt, das Gerichte dies als Mordaufrufe werten, denn wozu sonst täte man jeamden als Ziel für Gewalt markieren, wenn nicht die Absicht des Mordes besteht. Der Aufruf richtet sich stets an die "Grunts" aus dem unterne Antifamilieu (siehe Hammerbande).
Daher auch die neue Linie, die linken zu canceln und aus den Medienbetrieben rauszutreiben. Der Mann ist also ein wunderbarer Kandidat ihn zu canceln und in social media möglichst reichweitenstark verächtlich zu machen. Er ist ein Verräter der zum Ziel hat maximalen Schaden zu hinterlassen und sollte demenstprechend auch mit allen der Mitteln Zensur bekämpft werden.
Ach und es gibt natürlich auch eine absolut schlüssige, logische Argumentationskette, warum rechte Cancelculture gut und geboten ist, während linke schlecht und verboten gehört. Matt Walsh hat das mal wunderbar erklärt.
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Kommentar von Tommaso Targi
Ja nu, es ist doch schon lange bekannt und durchgehend belegt, daß antisozial Gestörte immer versuchen, ihr eigenes Tun den von ihnen Geschädigten unterzuschieben. Je nach Kontext heißt das dann Projektion, Gaslighting oder Taqqiyya, das Prinzip ist aber immer dasselbe.
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Kommentar von Marco B.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! :-)) Toll! Danke!
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Kommentar von Edlosi
Ein echter Alexander Wallasch Text, wie es drauf steht: noch unzensierter, schärfer, freier.