„Die politisch Unangepassten und Unangenehmen, die politisch Auffälligen und Kritischen werden weiter ausgegrenzt.“

Diese politische Elite will keine durchgreifende Veränderung der Migrationspolitik

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 5)

Viele Institutionen und auch viele Unternehmen machen bei dieser Ausgrenzung mit.© Quelle: privat

Hans-Georg Maaßen über die Auslieferung ukrainischer Wehrfähiger, über einen linken Kulturkampf, den Extremisten Horst Mahler und Deals der Präsidenten Selenskyj und Trump.

Die Hetze gegen wehrfähige Ukrainer in Deutschland hört nicht auf. Jetzt von Stephan Mayer, CSU. Warum wurden sie überhaupt reingelassen? Und wie bizarr ist das angesichts von Millionen Syrern und Afghanen, die in ihrem Land jetzt fehlen und an die man sich offensichtlich nicht herantraut?

Wir hatten bei uns zu Hause über einen längeren Zeitraum drei ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, deshalb habe ich einen ganz guten, auch persönlichen Einblick in die Lebensrealität der Leute. Ich erlebe die jetzigen Forderungen auch deshalb als völlig bizarr. Menschen, die in Deutschland Schutz gesucht haben und auch diesen Anspruch auf Schutz haben, sollten nicht in einen Krieg ausgeliefert werden, wo sie als Kanonenfutter eingesetzt werden.

Was stark verwundert, aber dem erratischen Verhalten der Zeit entspricht, ist auch, dass wir, was Syrien und Afghanistan angeht, überhaupt keine Skrupel hatten, Leute aufzunehmen, die nicht wirklich vor dem Krieg geflohen sind, sondern aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kamen. Gleichwohl erhielten und erhalten diese Leute in Deutschland Aufenthalt. Es widerspricht unserer humanitären Grundeinstellung, dass wir Ukrainer in die Ukraine zurückschicken wollen, wo sie in einem sinnlosen Krieg geopfert werden sollen.

Sie sind Experte auch in Sachen Asylgesetzgebung. Sie erklärten einmal in einem früheren Interview, dass Krieg nicht automatisch einen Asylanspruch rechtfertigt.

Das ist wohl wahr, es rechtfertigt nicht automatisch einen Asylgrund. Aber es besteht der Grundsatz, dass man niemanden abschieben oder ausliefern soll, in dem Wissen, dass er bei seiner Rückkehr zum Kriegsdienst gezwungen und in einem sinnlosen Krieg verheizt wird. Und in der jetzigen Situation scheint es ja sogar so zu sein, dass man nicht nur in Kauf nimmt, dass die Männer in den Krieg gehen, sondern man will es.

Die, die das fordern, sind in Teilen ja auch dieselben Leute, die vorher unbedingt wollten, dass wir jeden Ukrainer hier aufnehmen, während sie den Krieg dort befeuerten. Jetzt läuft der Krieg nicht so gut für die Ukraine, und Deutschland soll nicht nur Geld und Waffen, sondern auch Soldaten für die Ukraine liefern. Die Auslieferung in die Ukraine soll nur dazu dienen der ukrainischen Armee frisches Kanonenfutter zu liefern. Dies widerspricht dem Schutzgedanken des humanitären Flüchtlingsvölkerrechts.

Zuletzt war in den Medien öfter von einem Kulturkampf die Rede, mal von rechts, mal von links. Sehen Sie einen und wenn ja, wo?

Ich nehme einen Kulturkampf von links wahr, der schon in den 1960er Jahren begonnen hatte, der den Marsch durch die Institutionen, durch die Redaktionen, durch die Lehrstühle und auch durch den Bundestag betrieben hat. Nachzulesen ist das in dem Buch „Systemüberwindung“ von Helmut Schelsky, das ich erst Anfang des Jahres neu herausgegeben habe.

Dieser Kulturkampf hat gegenwärtig einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, indem vor staatlichen oder öffentlichen Stellen die Regenbogenflagge als Zeichen der kulturellen Übernahme und des totalitären Gedankenguts dieser Ideologie gehisst und gezeigt werden. Hinzukommt, dass sich Politiker der Regierungsparteien immer unverhohlener zur linksextremistischen Terrorgruppe Antifa bekennen.

Sie haben den „Marsch durch die Institutionen“ genannt. Das war ja schon eine Wegscheide. Die einen gingen diesen Marsch, die anderen gingen in den Untergrund und gründeten die Terrorgruppe RAF. Einer ihrer Gründer, Horst Mahler, ist jetzt mit 89 gestorben. Wofür stand der Mann in der Bundesrepublik? Er soll zuvor ein exzellenter Wirtschaftsanwalt gewesen sein.

Er steht für den schrecklichen Deutschen, für jenen Typ des Deutschen, vor dem das Ausland Angst hat. Der Deutsche, der weder Maß noch Mitte kennt und von einem Extrem ins andere geht, der missionarisch und rechthaberisch ist. Horst Mahlers Vater war überzeugter Nationalsozialist. Der Sohn war zunächst überzeugter, militanter Sozialist und wandelte sich dann während seiner Haft – er war Terrorist – zu einem Rechtsextremisten oder zu einem Nationalsozialisten und Antisemiten.

Diese Biografie und diese psychische Verfasstheit, immer nur in Extremen zu denken, im politischen Raum und politischen Denken keine Mitte zu finden, ist das, was Deutschland über Jahrhunderte erschüttert hat und wovor das Ausland Angst hat. Und das ist das, was ich derzeit bei der politischen Linken in Deutschland wieder wahrnehme: wahnhafte ideologische Ziele um jeden Preis zu erreichen; auch wenn man dabei über Leichen geht.

Zur RAF-Geschichte gibt es eine umfassende Rezeption. Filme wurden gemacht, Bücher geschrieben. Das war ja direkt ein Kult um diese deutsche Terrorgruppe. Kann man einen Bogen schlagen zu Katrin Göring-Eckardts Besuch in Ungarn bei der als Mitglied der Hammerbande Angeklagten?

Es ist in der Tat ein Bogen. Dieser Extremismus ist typisch für viele Deutsche, vor allem für viele Intellektuelle in Deutschland – oder sich als Intellektuelle gebende –, die eine freiheitliche Demokratie, die immer auf Konsens ausgerichtet ist, die immer darauf ausgerichtet ist, nicht extrem zu sein, sondern die goldene Mitte zu gehen, verachten und eine Gesellschaftsform wollen, in der eine „reine Lehre“ durchgesetzt wird.

Das war im Kommunismus und auch im Nationalsozialismus der Fall. Es war bei verschiedenen religiösen Sekten, die aus Deutschland kamen, der Fall. Und das sehe ich auch wieder in der politischen Sekte des Wokismus und des Ökosozialismus, wo letztendlich auch dort der alleinige Weg zum Heil in einer extremen wahnhaften Weltanschauung gesehen wird.

Horst Mahler wird jetzt häufig nachgesagt: vom RAF-Anwalt zum Antisemiten. War er denn als RAF-Terrorist nicht auch schon antisemitisch?

Er hatte als Rechtsanwalt früher sogar die als Nazijägerin bekannte Beate Klarsfeld vertreten. Also dieser Antisemitismus war vielleicht früher nicht so präsent. Aber wie ich sagte, das Typische an derartigen deutschen Biografien ist einfach, dass es extreme Charaktere sind, die weder Maß noch Mitte kennen, und, wie Churchill es einmal beschrieben hat: diese Deutschen hängen einem entweder an den Beinen und küssen die Füße oder am Hals, um einen zu erwürgen. Weil der Charakterzug des extremen Deutschen so dominant ist, ist es in Deutschland schwer, sich mit einer liberalen und moderaten Position eine Mehrheit zu verschaffen.

Ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass die Teilnahme am Deutschen Presserat vor Angriffen der Landesmedienanstalten schützt. Der Presserat nimmt aber nur linke Onlinemedien auf. Steuern wir hier auf eine Zweiklassengesellschaft zu? Die Willigen und die Unwilligen?

Den Eindruck muss man haben, dass die politisch Unangepassten und Unangenehmen, die politisch Auffälligen und Kritischen auch weiter ausgegrenzt werden und mit allen politischen und gesellschaftlichen Nachteilen zu rechnen haben. Und leider machen viele Institutionen und auch viele Unternehmen bei dieser Ausgrenzung mit.

Medienschaffende wie Georg Restle sprechen von einem „konstruktiven Journalismus“. Aber muss die vierte Gewalt nicht automatisch renitent und per Auftrag regierungskritisch sein?

Das besondere Grundrecht der Presse- und Medienfreiheit besteht deswegen, weil Journalisten die Aufgabe haben, in aller Breite und Wahrhaftigkeit zu berichten. Sie haben nicht den Auftrag, Agitation und Propaganda zu betreiben. Agitation und Propaganda fallen nicht unter die Pressefreiheit, sondern unter die Gewerbefreiheit.

Unser Journalismus in Deutschland hat sich leider mehrheitlich so entwickelt, dass Journalisten ihre Aufgabe nicht mehr darin sehen, in aller Breite und Wahrhaftigkeit zu berichten, Politik kritisch zu begleiten, sondern sie sehen offensichtlich ihre Aufgabe darin, für die Politik Agitation und Propaganda zu betreiben, die herrschende linke Ideologie zu beschützen, indem Kritiker niedergeschrieben, diffamiert und ausgegrenzt werden. Und das hat jedenfalls mit dem Journalismus unseres Grundgesetzes gar nichts zu tun, sondern das ist eher Zersetzungsjournalismus, wie man ihn von nicht freiheitlichen Demokratien kennt.

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Die Süddeutsche Zeitung hat E-Mails aus dem Innenministerium zugespielt bekommen, woraus hervorgeht, dass Nancy Faeser auf einer Veröffentlichung der Einstufung „gesichert rechtsextrem“ für die AfD noch zwei Tage vor ihrer Verabschiedung gedrängt hat und sich damit durchsetzen konnte. Wie ordnen Sie das ein und warum ausgerechnet die Faeser-nahe Süddeutsche? Ein schräges Leak eigentlich.

Ich kann es auch noch nicht einschätzen, warum ausgerechnet die Süddeutsche diese exklusiven Informationen erhalten hat. Man muss jedenfalls feststellen, dass das, was Frau Faeser früher sinngemäß gesagt hatte, nämlich dass der Verfassungsschutz unabhängig sei und sie letztendlich mit dieser Veröffentlichung nichts zu tun habe, offensichtlich falsch war, und dass sie die Öffentlichkeit hierüber getäuscht hat. Und das bedeutet, dass das Gutachten über die AfD und auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Gutachtens ganz offensichtlich, wie andere auch schon angenommen hatten, eine Auftragsarbeit von Frau Faeser war.

Die Deutsche Welle kommt mit einem Zehntel des Budgets der öffentlich-rechtlichen Medien zurecht. Brauchen wir denn beide? Das woke Programm ist das gleiche, und die Deutsche Welle wird vom Bund bezahlt. Die GEZ-Gebühren fielen dann weg.

Wir brauchen die Deutsche Welle in der jetzigen Form nicht. Die Deutsche Welle ist zu einer Zeit gegründet worden, als man im Ausland über Deutschland nur durch Kurzwelle Informationen erhielt. Heute kann jedermann über Deutschland sofort Informationen erhalten und diese automatisiert in alle Sprachen übersetzen lassen.
Die Deutsche Welle ist für mich ein Dinosaurier der öffentlich-rechtlichen Medien, der als Erstes zum Absterben gebracht werden müsste. Wir brauchen eine Komplettreform mit offenem Ausgang der öffentlich-rechtlichen Medien. Und wenn ich sage, offener Ausgang, dann aus meiner Sicht auch in der Hinsicht, dass man überlegen muss, ob dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ersatzlos abgeschafft werden muss.

Wir gehen ins Ausland: Selenskyjs Vorgehen gegen seine eigenen Antikorruptionsbehörden führt aktuell zu Demonstrationen in der Ukraine. Das hat es bisher so nicht gegeben. Mit dabei war auch Herr Klitschko, der Bürgermeister von Kiew. Steht Deutschland mit seiner bedingungslosen Unterstützung für die Ukraine bald isoliert in der Welt da?

Deutschland ist derzeit schon relativ isoliert, was die bedingungslose Unterstützung der Ukraine angeht. Großbritannien und Frankreich machen zwar mit, sind aber nicht bereit, in einem derartigen Umfang den Krieg zu unterstützen, wie es Deutschland tut. Deutschland ist auch der Staat, der am ehesten betroffen wäre, wenn es zu einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland käme.

Der Chef des EU-Handelsausschusses ist entsetzt über den Deal zwischen Frau von der Leyen und Donald Trump. Zitat: „15 Prozent auf Importe heißt etwa eine Vervierfachung des früheren Zollsatzes. Im Gegenzug sollen alle US-Importe in die EU auf null gesetzt werden.“ Die Amerikaner sanieren sich auf Kosten Europas und müssen dafür nicht einmal selbst Krieg führen. Was soll man als Deutscher und Europäer noch gut finden an Trump? Sie hatten ihn letztes Mal gelobt.

Trump ist nicht der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, sondern der Amerikaner. Und er ist auch ein begnadeter Schauspieler. Er ist nicht so tölpelhaft, so dumm oder so weltfremd, wie er in Deutschland dargestellt wird, sondern er ist ein eiskalter Verhandler und hat die Europäer gnadenlos abgezockt.

Und da muss man sagen: Chapeau gegenüber Herrn Trump. Er kann das, und er ist der Präsident der Amerikaner und hat immer gesagt „America first“. Er hat für die Amerikaner einen sehr guten Job gemacht.

Und als Jurist oder Anwalt sage ich mir auch: Wenn ein Mandant in einem Verfahren, obwohl er eine sehr gute Ausgangsposition hatte, trotzdem verloren hat, dann würde ich mir beim nächsten Mal den Anwalt der Gegenseite nehmen. Und so müssen sich die Europäer das auch sagen: Dieses Team von der CDU-Frau Ursula von der Leyen, das die Interessen der Europäer hätte vertreten sollen, hat völlig versagt, weil es inkompetent ist und Donald Trump verhandlungsmäßig unterlegen war. Wir brauchen in Zukunft jemanden, der mit Donald Trump auf Augenhöhe verhandeln kann und nicht auf Knöchelhöhe.

Kurzer Einspruch: Sie sagten Chapeau zum „abgezockt“. Aber Deutschland hat sich doch sehr lange als Premiumpartner der USA verstanden, und ein Präsident, dem es darum geht, seinen Partner abzuzocken, halte ich nicht für besonders partnerschaftlich.

Im ökonomischen Bereich denken die Amerikaner zunächst an sich und sagen sich: Wir wollen unsere Wirtschaft sanieren und nehmen da auch das Geld der Deutschen.
Wir sind nur die Partner der Amerikaner. Ich würde nicht sagen, dass wir ihre Freunde sind. In der Außenpolitik gibt es keine Freunde, sondern nur Interessen. Die Amerikaner vertreten ihre Interessen, und die Deutschen sind aus meiner Sicht so unfähig und auch in Teilen so politisch naiv zu glauben, dass sie gegenüber den Amerikanern keine Interessen formulieren müssten. Wer nicht weiß, was er will und was die Interessen sind, die er in Verhandlungen durchsetzen muss, der reist auf einen Golfplatz nach Schottland und ist bereit, jede Kapitulationsurkunde zu unterzeichnen, ohne zu wissen, was er damit anrichtet.

Also ist so etwas wie Fairness die falsche Kategorie. Da bin ich wohl zu naiv.

Es ist nicht unfair, seine Positionen mit Nachdruck durchzusetzen. Die Europäer hätten ähnlich verhandeln und ähnlich hart auftreten können. Aber sie können es nicht. Donald Trump hat deswegen auch keinen Respekt vor Politikern aus Brüssel und Berlin, weil das nicht seine Liga ist. Aber das zeigt letztendlich nur, wie schlecht wir Bürger von unserem politischen und medialen Establishment vertreten werden. Die Amerikaner sind mit dem bestmöglichen Ergebnis aus den Verhandlungen herausgekommen. Beschweren dürfen wir uns nicht über sie, sondern über die Leute, die unsere Interessen hätten wahrnehmen sollen.

Mir fällt auf, dass wir seit mittlerweile zehn Jahren in Sachen illegale Migration die immer gleichen Debatten in Endlosschleife führen. Jetzt ist das Bürgergeld als Wiedergänger auf dem Tisch und der hohe Anteil der Migranten. Aber das wurde zuletzt schon 2022 und 2023 ausführlich thematisiert. Warum kommen wir denn hier nicht voran?

Wir kommen nicht voran, weil die politische Klasse der Kartellparteien es einfach nicht will. Es wird zwar immer wieder gesagt, die Abschiebungen müssen erhöht werden. Wir können uns noch an die „Abschiebungsoffensive“ erinnern, die der damalige Bundeskanzler Scholz versprach. Wir können uns immer wieder daran erinnern, wie Merkel sagte: Wir brauchen eine europäische Migrationslösung. Jetzt sagt von der Leyen, ungesteuerte Migration sei ein großes Problem, und wir brauchen eine europäische Lösung.

Leider lassen sich die Wähler immer wieder vertrösten, täuschen und belügen, denn in Wirklichkeit will diese politische Elite keine durchgreifende Veränderung der Migrationspolitik. Auch nicht die CDU, die für die Massenmigration nach Deutschland durch Merkel, von der Leyen und Merz die Hauptverantwortung trägt. Und deswegen kommt das Thema immer wieder auf, weil das Thema nicht gelöst wird, weil es an dem politischen Willen fehlt, es zu lösen.

Danke für das Gespräch!

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