Ich passe auf, wem ich ein Interview gebe

Es muss auch juristisch gegen Frau Faeser und ihre Unterstützer vorgegangen werden

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

„Vor drei Jahren war es sehr unwahrscheinlich, dass Russland die NATO angreift.“© Quelle: privat

Hans-Georg Maaßen über den Aktionstag gegen Hass-Postings, Nancy Faeser und das Compact-Verbot, Die USA und das Völkerrecht, das Anti-Slapp-Gesetz und eine mögliche Eskalation zwischen Russland und der Nato.

Das Compact-Verbot wurde aufgehoben. Verleger Jürgen Elsässer gewinnt mit Anwalt Ulrich Vosgerau. Es bleibt folgenlos für die Ex-Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Was sollten ihre Nachfolger daraus lernen?

In der Tat, es scheint folgenlos zu sein für Nancy Faeser. Ich bin der Auffassung, dass derartige Einschränkungen der Meinungsfreiheit, wie sie von Frau Faeser betrieben wurden, auch eine Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie darstellen und dass die rechtswidrige Verfolgung von Presseorganen kein Kavaliersdelikt ist, sondern dass hier auch juristisch gegen Faeser und ihre Unterstützer vorgegangen werden muss.

Das, was Frau Faeser gemacht hat, hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt festgestellt, war rechtswidrig. Und es war ein Angriff auf unsere freiheitliche Demokratie, wenn Presseorganen die Möglichkeit zur Veröffentlichung genommen wird, indem man unter Nutzung des Verbotsverfahrens diese Presseorgane zensieren will.

Jetzt nennt der prominente Anwalt Joachim Steinhöfel Compact „ein Schmutzheft mit widerlichen revisionistischen, antisemitischen, verschwörungstheoretischen Inhalten“. Würden Sie Compact auf Anfrage trotzdem ein Interview geben?

Ich passe auf, wem ich ein Interview gebe und gebe nicht jedem ein Interview.

Welchen Sinn macht ein Aktionstag gegen Hasspostings mit einer größeren Zahl an Hausdurchsuchungen? Sind diese Hasspostings ein wachsendes Problem?

Ich nehme wahr, dass das juristische und gesellschaftliche Koordinatensystem verschoben wurde. Das, was von Politikern als „Hass und Hetze“ bezeichnet wird, ist grundsätzlich nicht strafbar, sondern wird grundsätzlich von der Meinungsfreiheit geschützt, es sei denn, man begeht Straftaten. Und was hier offensichtlich passieren soll, ist, dass bestimmte Meinungen aus ideologischer Sicht als „Hass und Hetze“ diffamiert werden und dass diejenigen, die sich in dieser kritischen politischen Art und Weise äußern, als Regierungskritiker politisch verfolgt werden. Und um nichts anderes geht es. Das ist politische Verfolgung und Kriminalisierung von Regierungsgegnern.

Kann es sein, dass mit Hilfe des Projekts „Demokratie leben!“ aus dem Familienministerium – hunderte Millionen Euro schwer – auch Hass auf angebliche „Antidemokraten“ finanziell gefördert wird?

Was hier gemacht wird, ist das Aufstacheln von Teilen der Bevölkerung gegen andere Teile der Bevölkerung. Unter „Demokratie leben!“ ist ein Projekt zu verstehen, das letztendlich nur die Mainstreammeinung schützt und dazu aufruft, gegen alle Andersdenkenden, die diese Meinung nicht vertreten, vorzugehen.

Was die Angriffe Israels und der USA gegen den Iran angeht, wird von einigen Medien und auch aus der Politik das Völkerrecht als vernachlässigbar bezeichnet. Andere, wie Sahra Wagenknecht, berufen sich darauf. Was wäre denn die Alternative für die Verständigung zwischen Staaten? Die Macht des Stärkeren kann es ja nicht sein, oder doch?

Wer wirklich damit spielt, das Völkerrecht zu ignorieren und zu sagen, das sei vernachlässigbar, spielt mit einer großen kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaft, nämlich dass wir uns als Staatengemeinschaft auf das Völkerrecht verständigen. Und der spielt letztendlich auch mit der Sicherheit unseres Landes, wenn Deutschland nicht mehr bereit ist, sich völkerrechtskonform zu verhalten, oder wenn es andere Staaten unterstützt, die sich völkerrechtswidrig verhalten. Dann ist auch damit zu rechnen, dass andere Staaten Deutschland völkerrechtswidrig angreifen und dass wir in einen Konflikt hineingeraten, wo Deutschland sich auch nicht mehr auf das Völkerrecht berufen kann.

Jetzt ist ja zweifellos der Angriff der Israelis und der USA auf den Iran ein Bruch des Völkerrechts gewesen, aber mit der Prämisse, dass man dadurch eine atomare Vernichtung Israels verhindert hätte. Das ist natürlich ein starkes Argument.

Ich würde hier nie von „zweifellos“ reden. Ich kenne die näheren Hintergründe nicht. Wenn der Iran tatsächlich mit der Urananreicherung so weit war, dass er Atomwaffen produzieren konnte, und wenn der politische Wille in Teheran da war, Atomwaffen auch wirklich jetzt herzustellen und Israel zu vernichten, stellt sich die Situation anders dar.

Wir haben bald ein Jahrhundert die Vereinten Nationen, wir haben Blauhelme. Warum gibt es nicht längst eine internationale Truppe – eine militärische Möglichkeit, das insgesamt zu klären? Warum müssen hier einzelne Staaten voranpreschen?

Weil das, was Sie vorschlagen, keine Mehrheit unter den maßgeblichen Staaten im Sicherheitsrat hat. Das gibt es einfach nicht. Man kann sich darauf nicht verständigen.

Die Bundesregierung will Klagen gegen Journalisten, NGOs und Wissenschaftler mit einem „Anti-Slapp“-Gesetz erschweren. Das Justizministerium teilte mit, dass der Kläger die voraussichtlichen Prozesskosten als Sicherheit hinterlegen und zudem eine zusätzliche Gerichtsgebühr aufbringen muss. Ist das eine Art Vorausabweisung?

Die „Anti-Slapp“-Gesetzgebung kommt ursprünglich aus den USA und macht durchaus Sinn, weil sie dazu dienen soll, dass die Finanzstarken in einer politischen Auseinandersetzung nicht das Recht instrumentalisieren können gegen die Schwächeren und sie mit sinnlosen und inhaltlich unbegründeten Klagen überziehen, um sie damit finanziell zu schädigen und zu zermürben.

Dieses Gesetz soll letztendlich den Schwächeren in einem Konflikt helfen. Was hier allerdings gemacht wird, ist, dass NGOs die in Deutschland eigentlich keine NGOs sind, sondern GONGOs, nämlich Governmental Organized Non Governmental Organizations, die vom Staat mitfinanziert und unterstützt werden – geschützt werden sollen. Diese GONGOs sollen aber nicht vor den Stärkeren einer Gesellschaft geschützt werden, sondern vor den Schwächeren, nämlich den einfachen Bürgern, die sich gegen sie zur Wehr setzen. Und dieses „Anti-Slapp“-Gesetz wird im Grunde genommen umgedreht, indem letztendlich die finanzstarken GONGOs vor Bürgern geschützt werden sollen.

In Bayern mussten schon vor längerer Zeit die Kreuze in Klassenzimmern abgehängt werden. Jetzt gestattet Berlin Lehrerinnen mit religiös motiviertem Kopftuch zu unterrichten. Was für eine Entwicklung ist das, eine Anpassung an die veränderte Zusammensetzung der Schüler?

Das ist ein weiteres Kapitulieren des Rechtsstaates vor den Forderungen von Islamisten. Und das bedeutet letztendlich, dass der Anspruch, eine säkulare Gesellschaft sein zu wollen, aufgegeben wird.

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Die NATO-Mitgliedstaaten verpflichten sich zu deutlich höheren Verteidigungsausgaben. Wie realistisch ist denn ein Angriff Russlands auf NATO-Gebiet, wenn es nach über drei Jahren Ukrainekrieg nach vielem, aber nicht nach einem Blitzkrieg aussieht? Und warum sollte Russland überhaupt NATO-Staaten angreifen?

Vor drei Jahren war es sehr unwahrscheinlich, dass Russland die NATO angreift. Und das hätte ich auch noch vor einem halben Jahr so gesehen. Weil wir wissen, Russland ist nicht die Sowjetunion und die russische Armee ist nicht so stark wie die Rote Armee und die Armeen des Warschauer Pakts. Wir sehen auch, wie schwer sich Russland im Ukrainekrieg tut. Und dass Russland die NATO angreifen und überrollen kann und will, habe ich bislang immer als eine Fiktion gehalten. Eine politische Propagandageschichte, die aufgebaut wurde, um unserer Bevölkerung die Ukraineunterstützung zu rechtfertigen, damit bestimmte europäische Regierungen und die US-Regierung unter Präsident Biden ihre Kriegsziele erreichen können.

Wenn jetzt allerdings der Westen so radikal aufrüstet, wie beschlossen und politisch propagiert, wird natürlich auch Russland sich die Frage stellen, ob Russland dem tatenlos zuschauen kann. Es wird vermutlich ein Wettrüsten geben. Und es stellt sich dann auch für Russland die Frage, ob diese Erhöhung der Verteidigungsausgaben und das Aufrüsten vor allem Deutschlands nicht letztendlich zu einem Krieg führt.

In Russland besteht in Kreisen der Eindruck, dass die Aufrüstung Deutschlands nicht der Verteidigung dienen könnte, sondern dass Deutschland und die NATO unter vorgeschobenen Gründen Russland einmal angreifen könnten. Allein das unser Verhalten dort diese Vorstellung auslöst, auch wenn sie unbegründet ist, steigert die Kriegsgefahr. Denn Russland wird mit Sicherheit nicht noch einmal in der Geschichte es zulassen wollen, von Deutschland und den Staaten des Westens überfallen zu werden.

Jetzt wird der amerikanische Präsident gelobt für seine angebliche Kooperationswilligkeit auf dem NATO-Gipfel. Aber sind nicht am Ende die US- Waffenproduzenten die großen Profiteure der neuen Verteidigungsausgaben? Ist das alles nur ein Big Deal?

Ich sehe schon, dass es ein Big Deal ist und dass Donald Trump insoweit auch die Interessen Amerikas vertritt.

Mit der Wehrpflicht kommt auch die Impfpflicht zurück. Neue, alte Konfliktlinien?

Ich denke, es sind neue Konfliktlinien, weil diejenigen, die heute für die Wehrpflicht sind, früher gegen die Wehrpflicht waren und umgekehrt.

Merz beklagt sich über angebliche russische Sabotage gegen Datenkabel und Leitungen in der Ostsee. Wie ernst kann man das nehmen angesichts der absoluten Gleichgültigkeit gegenüber der Zerstörung von Nord Stream 2?

Ich nehme es nicht ernst, weil, wie Sie sagen, bei Nord Stream 2 Merz und die damalige Bundesregierung überhaupt kein Interesse haben und zeigen, hier zu einer Aufarbeitung zu kommen und die Täter mit Namen zu nennen. Es wurde bis vor kurzer Zeit immer wieder behauptet, Russland sei der Attentäter auf die Nord Stream 2-Pipelines, wohingegen für jeden, der sich einigermaßen mit der Sache beschäftigte, klar ist, dass es gelogen war. Vor diesem Hintergrund muss ich sagen, dass auch jetzige Äußerungen über Anschläge Russlands auf Datenkabel und -leitungen in der Ostsee nur ein geringes Maß an Glaubwürdigkeit haben.

Der Vorsitzende des Europarates und Selenskyj haben jetzt ein Abkommen unterzeichnet. Da geht es darum, Putin vor ein Sondertribunal zu bringen. Ist dass eine Eskalationsstufe? Ist es gerechtfertigt? Ist das überfällig? Den Haag soll Putin nicht für Kriegsverbrechen verurteilen können, sondern hat sich auf diese angeblich entführten Kinder konzentriert.

Ich sehe keine Rechtsgrundlage für eine Zuständigkeit des Europarats. Auf Grund welcher Vorschrift soll welches Gericht zuständig sein und nach welchen Verfahrensvorschriften soll geurteilt werden und auf Grund welcher Strafrechtsnormen, die für Russland verpflichtend sein soll, soll Putin verurteilt werden. Offensichtlich gibt es die Regeln nicht und die sollen extra zur Aburteilung von Putin erfunden werden. Für mich klingt es nach einer Art Möchtegern Siegerjustiz, nur dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass es jemals dazu kommt. Es ist für mich politische Propaganda, um Putin in den Augen unserer Öffentlichkeit noch ein Stück mehr zu dämonisieren. Das wird aber den Europäern im Ukrainekrieg nicht mehr helfen.

Das Brandenburger Verfassungsgericht hat das Versammlungsverbot aus dem ersten Corona-Jahr für verfassungswidrig erklärt. Worum geht es hier denn juristisch? Um eine nachgereichte Genugtuung? Was könnte daraus folgen?

Nein, es hat keine Folge. Das Verfassungsgericht in Brandenburg hat mit seiner Entscheidung vom 25. Juni 2025 festgestellt, dass die während der Corona-Zeit getroffenen Maßnahmen und Regelungen zur Einschränkung von Versammlungen verfassungswidrig sind und hat sie für nichtig erklärt. Dagegen hat es festgestellt, dass Vorschriften zur Maskenpflicht rechtmäßig seien.

Aber die Tatsache, dass Versammlungsverbote nichtig waren, wirft die Frage auf: Was wird aus diesen Politikern, die damals derartige schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, nämlich dieses verfassungswidrige Versammlungsrecht, vorsätzlich und in Kenntnis der Umstände angeordnet hatten? Das darf aus meiner Sicht einfach nicht so offen im Raum stehen bleiben, sondern die Nichtigkeitsentscheidung muss auch Maßnahmen gegen die verantwortlichen Politiker zur Folge haben.

Danke für das Gespräch!

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