Seit wann sind Sie – oder wie lange waren Sie – Autor für Wolfram Weimers „TheEuropean“?
Ich war nie Autor bei Wolfram Weimer. Ich kenne dieses Portal nur dem Namen nach und habe mich damit nie beschäftigt.
Sind Sie Herrn Weimer schon einmal persönlich begegnet? Welchen Eindruck hatten Sie von ihm?
Nein. Meines Wissens bin ich ihm bisher noch nie begegnet.
Er ist ja sehr medienpräsent und gilt als konservativ.
Ich habe den Eindruck, dass er sehr geschmeidig sowie karriere- und erfolgsorientiert ist und dass er seine politische Meinung, wenn er überhaupt eine hat, dahinter zurückstellt. Alles begann mit einer Kritik von Weimer als Kulturstaatsminister an den großen Tech-Giganten und den KI-Staubsaugern auf der Frankfurter Buchmesse.
Wie falsch oder richtig lag er damit?
Ich habe den Eindruck, dass das Urheberrecht, überhaupt das Recht, von den Giganten nur dann wirklich eingehalten wird, wenn es in deren Interesse ist. Ansonsten versuchen sie, die roten Linien, die das Recht vorgibt, so zu verschieben, dass es in ihrem Interesse ist. Und ich glaube, dass dies auch für das Urheberrecht gilt.
Die künstliche Intelligenz nutzt auch dem Einzelnen, der dadurch unter Umständen noch kreativer sein kann. Aber es passiert eben auf Basis eines gesammelten Weltwissens.
Es ist inzwischen ein grauer Bereich, in dem man sich bewegt, denn das gesamte Wissen wird nicht nur in Teilen urheberrechtswidrig multipliziert und veräußert, sondern aus diesem gesamten Wissen wird auch etwas Neues konstruiert. Ich glaube, dass unsere Rechtsordnung durch all die Möglichkeiten, die künstliche Intelligenz bietet, überfordert ist.
Bei Kommentaren in den sozialen Medien gewinnt man immer öfter den Eindruck, dass diese teilweise schon KI-generiert sind. Sie klingen oft sehr gefällig, sehr schön, sehr eloquent usw. Das spiegelt am Ende nicht den Menschen dahinter wider.
In der Tat, diesen Eindruck habe ich auch, dass es Politiker oder Menschen gibt, die im öffentlichen Leben stehen – ob in sozialen Medien oder bei persönlichen Reden – und die KI nutzen. Mit einem Sensorium für Sprache, insbesondere wenn man die betreffenden Personen kennt, kann man das heute noch feststellen. In absehbarer Zeit wird die KI so fortgeschritten sein, dass man nicht ohne Weiteres feststellen kann, ob es KI-generierte Texte sind.
An solchen Schnittstellen folgt oft der Verweis auf Eisenbahn und Kutsche und Kerze und elektrisches Licht. Zuletzt hat sich immer die Neuerung durchgesetzt. Sollte man die KI hoffnungsvoller betrachten?
Man muss sich der Realität stellen. Ich denke da immer an Dürrenmatts „Die Physiker“. Das einmal Gedachte kann man nicht wieder zurückdrehen oder zurückdenken. Die KI ist da, und wir werden sie nicht mehr aus der Welt bekommen. Genauso wie es mit der Kernenergie war. Sie ist eine Realität, und die Menschheit muss jetzt mit der künstlichen Intelligenz leben und sie im Interesse der Menschheit so einhegen und zähmen, dass sie ihr nutzt und ihr nicht schadet.
Der geflügelte Satz „Jeder Gedanke braucht seine Zeit“ ist obsolet geworden?
Mittels künstlicher Intelligenz kann man in Sekundenschnelle zu jeder Frage eine Antwort finden. Es ist nur die Frage, ob es die richtige Antwort ist. Insbesondere wenn es um weitreichende Entscheidungen geht, bei denen man sich normalerweise Zeit lassen müsste, um eine solche Entscheidung zu treffen. Hier nimmt die künstliche Intelligenz einem diese Zeit ab, indem sie in Sekundenschnelle einen Entscheidungsvorschlag liefert. Es ist nur die Frage, ob dieser Vorschlag wirklich der richtige ist. Ich bin der Überzeugung, dass man Zeit braucht, um zwischen mehreren Alternativen die richtige für sich selbst oder für das Land zu finden.
Man stünde nackt da, wenn der Laptop zuklappt. Es ist vergleichbar mit Trump und dem Teleprompter, nur dass Trump die Situation gedreht hat, weil er offenbar zu eigenen Gedanken fähig ist.
Das wäre bei Joe Biden wahrscheinlich anders gewesen. Er hätte nur ausdruckslos in die Kamera gestarrt und gelächelt. Insofern ist Trump natürlich eine Persönlichkeit, die zu jedem Thema in der Lage ist, etwas zu sagen.
Wolfram Weimer ist schon vor seiner Ernennung scharf von der linken Presse kritisiert worden. Und als jetzt bekannt wurde, dass er so ein Weidel-Fanboy ist mit 100 Artikeln über die AfD-Chefin, wäre ein Gewitter zu erwarten gewesen. Eine bessere Steilvorlage für die Linke kann es ja kaum geben. Das Gewitter blieb aber aus. Da muss irgendwo zwischenzeitlich eine Absolution stattgefunden haben
Eine Skandalisierung eines solchen Vorgangs durch die politische Linke bei bürgerlichen Politikern ist die Regel. Vor allem, wenn es darum geht, dass Aufsätze von Alice Weidel raubkopiert und veröffentlicht wurden. Dass das jetzt von der politischen Linken nicht aufgegriffen wird, kann ich mir nur damit erklären, dass für ihn offensichtlich Schonzeit besteht.
Onlineportale werden aktuell immer häufiger mit KI durchsucht. Portale werden erfolgreich verklagt wegen Urheberrechtsverletzungen. Wie konnte Weimer glauben, hier schadlos zu bleiben
Ich bin mir nicht sicher, ob Weimer überhaupt wusste, was da vorfällt, weil ich ihn eher so wahrnehme, dass er gerne der große Chef ist, der nach außen in Erscheinung tritt. Aber was hinter seinem Rücken in seinem Unternehmen stattfindet, war ihm möglicherweise nicht bekannt. Von daher ist es ein peinlicher Vorgang, wenn er einerseits die großen IT-Unternehmen als Vampire bezeichnet, während in seinem eigenen Unternehmen in anderem Umfang Vergleichbares passiert.
Schmälert das seine Verantwortung?
Es ist eine andere Verantwortung. Man spricht dann von Organisationsverschulden. Er hätte sich um seinen Laden kümmern müssen.
Ein kleines kaum kioskgroßes potemkinsches Lädchen am Tegernsee. Ich habe es mir mit Google Maps angeschaut – nennt sich Weimer Media Group. Vielleicht gefühlt fünfzehn Quadratmeter und dann ein jährliches Micro-Davos mit viel Geld. Wie stehen Sie zu solchen unternehmerischen Modellen und Elite-Kaffeekränzchen?
Herr Weimer möchte offensichtlich dazugehören. Er knüpft seine Kontakte, und sein Telefonbuch und sein Kontaktverzeichnis sind sein Kapital. So war es vermutlich in der Vergangenheit. Und jetzt hat er aufgrund seiner Funktion als Kulturstaatsminister in besonderer Weise Zugang zu Persönlichkeiten, die Rang und Namen haben, und er versucht vielleicht, durch sein Netzwerken und durch Netzwerktreffen dies auch zu kapitalisieren.
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Welche Rolle spielt eine Freundschaft zwischen Weimer und dem Kanzler? Wie bedeutsam sind solche Verbindungen in der Politik?
Derartige Verbindungen sind natürlich wertvoll. Herr Weimer bekommt sicherlich immer einen Termin beim Bundeskanzler. Und wenn er irgendwann aus dem Dienst ausscheidet, ist dieser Kontakt für ihn sehr wertvoll. Er kann als Lobbyist auch für andere Türen öffnen. Einen Zugang zum Bundeskanzler zu haben, ist in der Wirtschaft oder in unserer Gesellschaft ein Faktor von hohem Wert.
Viele können den Kulturstaatsminister immer noch schwer einordnen. Da ist das Wort „Minister“ drin, aber es ist kein richtiger. Können Sie den Stellenwert einordnen, vielleicht auch mit Blick auf sein Zwei-Milliarden-Budget?
„Kulturstaatsminister“ bedeutet nichts anderes, als dass er eine Rolle wie ein Parlamentarischer Staatssekretär hat. Er ist von der Funktion und Wertigkeit her wie ein Parlamentarischer Staatssekretär in einem Ministerium eingestuft. Im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt heißen diese Funktionen allerdings nicht Parlamentarischer Staatssekretär, sondern Staatsminister.
Im Kanzleramt wird diesem Staatsminister auch ein Sonderauftrag erteilt, hier der Sonderauftrag Kultur. Er ist dort für Kultur zuständig, soweit der Bund dafür die Kompetenz besitzt, denn Kulturpolitik ist normalerweise Aufgabe der Bundesländer und nicht des Bundes. In diesem Bereich kann er in hohem Maße eigenverantwortlich handeln und im Rahmen der Haushaltsentscheidungen des Bundestages über seinen Etat verfügen.
Friedrich Merz hat in Bezug auf Migration eine Veränderung im Stadtbild erkannt, dies geäußert und dann noch nachgelegt, man müsse die Töchter fragen. Erstaunlich: Er hat sich bis heute nicht dafür entschuldigt. Was ist passiert?
Es ist bemerkenswert, dass ihm das über die Lippen gegangen ist. Andere Personen – wie zum Beispiel ich – würden sofort als Rechtspopulisten oder Rechtsextremisten markiert oder gebrandmarkt werden. Merz – so würde man es anderen unterstellen – habe in seiner Aussage verkannt, dass im Stadtbild natürlich auch Deutsche mit ausländischen Wurzeln auffällig sein können. Also gebe er dem ethnisch-kulturellen Volksbegriff Ausdruck, wenn er davon spricht, dass sich in deutschen Städten das Erscheinungsbild verändert hat, er also unterstellt, es liege an Ausländern und nicht an Deutschen.
Es ist erstaunlich, dass auch Herr Merz hier offensichtlich Schonzeit genießt, wenn die politische Linke nur einen dezenten Angriff gegen ihn zu fahren scheint. Das spricht aus meiner Sicht dafür, dass Herr Merz in seinem Verhalten und mit Blick auf seine Politik von der politischen Linken eingehegt wurde und diese Einhegung letztendlich akzeptiert. Insofern ist Merz für die politische Linke ein nützlicher Bundeskanzler, und das ist keine gute Nachricht für Land und Leute.
Wie Sie es erklärt haben, klingt es fast so, als käme demnächst Maximilian Krah daher, um dem Bundeskanzler Verfassungsfeindlichkeit vorzuwerfen.
Die politische Linke könnte das in ihrer gewohnten Härte gegen alle, die nicht ihr Wording teilen, hier auch machen und die radikalen Ränder wie das Zentrum für poltische Schönheit tun das ja auch, nennen Merz öffentlich auf X einen „NPD-Hurensohn“ und Rassisten und drohen mit sozialem Druck.
Auch wird Merz vorgeworfen, dass er mit dem Ausdruck „Stadtbild“ an eine Aussage des NS-Propagandisten Joseph Goebbels in seinen Tagebüchern von 1941 anknüpfte. Und wie schon angedeutet, könnte sicherlich auch der Verfassungsschutz Merz vorwerfen, dass er mit einer derartigen Äußerung letztendlich nur den ethnisch-kulturellen Volksbegriff zum Ausdruck bringt und sich damit ausserhalb des erlaubten Diskursraumes bewegt.
Tatsächlich ist es aber so, dass die Bürger, die sich an die Zeit vor 2015 erinnern, in der Lage sind, den Unterschied im Stadtbild zu erkennen, den Merz meinte.
Natürlich erkennt man den Unterschied im Stadtbild. Die politische Linke möchte aber nicht, dass man darüber redet. Deswegen wird der erfolgreichen Methode seit den von der Antifa und den Massenmedien erfundenen Hetzjagden aus Chemnitz nach alles, was unliebsame Meinungen zum Ausdruck bringt, tabuisiert, und diejenigen, die es aussprechen, werden markiert, ausgegrenzt und diffamiert. Die Tendenz besteht also letztendlich darin, die Menschen dazu zu zwingen, diese linke und hochproblematische Politik als alternativlos hinzunehmen. Wer dies nicht tut und Missstände anspricht oder anprangert, läuft Gefahr, von der Linken verfolgt zu werden.
Die Grünen haben 15 Jahre gebraucht vom Einzug in den Bundestag bis zur Regierungsbeteiligung. Wird es bei der AfD schneller gehen?
Ich kann nicht beurteilen, ob es schneller gehen wird. Bei den Grünen hat es nie diese Brandmauer gegeben. Es gab zwar eine Ausgrenzung aufgrund ihrer Ideologie, aber nie eine derartige Bekämpfungskultur, wie sie jetzt gegenüber der AfD besteht.
Merz’ Brandmauer wird eher totgeschwiegen als eingerissen, und Söder bezeichnet die AfD als „Systemfeind“, warnt aber gleichzeitig vor einem Linksrutsch. Das passt doch alles nicht zusammen.
Nein, ich sehe auch nicht, dass es zusammenpasst. Schon allein der Ausdruck „Feind“ gegenüber anderen Parteien bringt zum Ausdruck, dass Herr Söder ein grundlegendes Missverständnis gegenüber der freiheitlichen Demokratie hat, in der man mit allen reden muss, auch mit poltischen Gegenern und selbst mit Radikalen und mit Extremisten. Völliger Diskursausschluss ist in Zeiten des permanenten Austauschs auch über Social Media der soziale Tod, für Gruppen und für Einzelpersonen, damit höchst brutal und beileibe kein Kavaliersdelikt und sollte ganz sicher nicht das Mittel der Wahl für den Umgang miteinander sein.
Danke für das Gespräch!
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