Ausgebootet im Kabinett poltert ein verhinderter grüner Minister gegen den Bundeskanzler

Anton Hofreiter: Die Trollblume unter den Kriegstreibern

von Alexander Wallasch (Kommentare: 2)

Von Anton Hofreiter hingemalt, wie das ganz passable Ergebnis einer Maltherapie für Hypernervöse: Das Männliche Knabenkraut, die Trollblume und die Mehlprimel.© Quelle: © Quelle: Screenshot / YouTube, WELT Nachrichtensender, Screenshot / Süddeutsche Zeitung Magazin, Pixabay / Sammy-Sander, Bildmontage: Alexander Wallasch

Der Merkur hatte den Abgang des Zukurzgekommenen auf vernichtende Weise präsentiert: Die Bebilderung eines Artikels kurz nach Nikolaus 2021 zeigt den im Kabinett Scholz nicht berücksichtigten Anton Hofreiter (Grüne) mit der FFP2-Maske im Gesicht und ungünstig pummelig fotografiert, neben sich nur leere Stühle - die Sitzreihen der Abgewiesenen.

Über zwei Legislaturen hinweg war Hofreiter neben Katrin Göring-Eckhardt Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Umweltpartei. Aber als es - nach 1998 - zum zweiten Mal für die Grünen ans Regieren ging, gingen beide Fraktionsvorsitzenden bei der Verteilung der Ministerposten leer aus.

Ein Niederschlag für den gebürtigen Münchner, der es einfach nicht schaffte, seine Feinjustierung einmal auf Erfolg zu stellen. Ja, gerumpelt soll es haben, als Cem Özdemir den Landwirtschaftsministerposten bekam und nicht der eigentlich gesetzte Hofreiter.

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Eine tragische Figur. Und auch den Fraktionsposten musste Hofreiter abgeben, die Grünen hatten sich auf eine weibliche Doppelspitze geeinigt. Frauenquote, Migrationshintergrund, blieb für den Geschassten nur der Europaausschuss übrig.

Robert Habeck formulierte es gleich mal so, dass man die grundsätzliche Abneigung förmlich riechen konnte:

„Wir werden alle brauchen und die Partei so besetzen, dass alle und auch Anton Hofreiter eine Wirksamkeit entfalten können.“

Wer ist Anton Hofreiter? Die wenigen drögen Sätze, die in der Internet-Enzyklopädie unter „Privates“ stehen, erwähnen eine Leidenschaft für das Malen von Blumen. Hofreiter ließ es 2021 geschehen, dass eine Kreuzberger Galerie seine Arbeiten ausstellte.

Schon 2019 hatte die Süddeutsche für ihre Leser quasi im Vorabdruck Anton Hofreiters getuschte Blumen abgedruckt.

Abgebildet war hier unter anderem das Männliche Knabenkraut, die Trollblume und die Mehlprimel. Von Hofreiter hingemalt – man kann es nicht anders sagen - wie anlässlich einer Maltherapie für Hypernervöse, mehr aber auch nicht. Fünf- oder Sechstklässler bekämen dafür mit gutem Willen wohl ein Sternchen, Mütter freuten sich über dergleichen Erzeugnisse ihre Sprösslinge zum Muttertag, wenn halt noch ein paar nette Worte dabei ständen.

Ohne viel Boshaftigkeit: Nur ein Narr lässt sich dazu überreden, mit solchen Tuschereien öffentlich zu werden. Der kleine Kaiser ohne Hosen. Die Zeit hat es noch recht charmant formuliert:

„Irgendwie rührend, dass dieser ja sonst eher lautstarke Herr Hofreiter seine Zartheit im Zeichnen von Blumen ausagiert. Aber an diesem Abend fragt man sich doch: Warum muss er das öffentlich zeigen, gar ausstellen?“

Skurril auch seine Candy-Crash-Erklärung, wie seine Werke entstanden wären: In den zurückliegenden Pandemiemonaten habe er bei Zoom-Konferenzen manchmal nebenher gemalt, darunter auch die Tulpen.

Anton Hofreiter tuscht also mitten in der Pandemie Trollblumen, während er sich mit anderen Politikern und Fachleuten darüber abstimmt, was für das Land das Beste ist und wie den Menschen geholfen werden kann?

„Wenn man etwas versucht zu zeichnen, schaut man die Dinge sehr genau an“, erklärte der Politiker begleitend zur Ausstellung.

Warum dieses Psychogramm hier so ausführlich erzählt wird, bevor wir zum eigentlichen kommen? Weil diese verunglückte Selbsteinschätzung, die grundsätzliche Anmaßung ebenso, wie die Abwesenheit einer Selbstreflexion den Menschen hinter der Fassade erzählen.

Die Geschichte eines Politikers, der jetzt aus der Einsamkeit des Malkastens heraus den Bundeskanzler torpediert und sich in der Ukrainefrage als Nachfolger der fehlbesetzten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bewirbt.

Aber Lambrecht ist Sozialdemokratin. Ihr mutmaßlich baldiger Rücktritt wird unvermeidbar sein. Aber um Hofreiter zu platzieren, müssten komplizierte weitere Rochaden folgen – unmöglich. Auf Lambrecht wird ein SPD-Parteibuch folgen.

Hofreiter poltert gegen Scholz: Der Bundeskanzler wäre ebenso zögerlich wie seine Vorgängerin. Nur dass Merkel nicht vor so schnelle Entscheidungen gestellt wurde, wie jetzt Scholz. Bezogen beispielsweise auf die Zuwanderungskrise ein echter Blödsinn. Aber Hofreiters Trollprimel zielt klar gegen den Bundeskanzler: „Scholz ist Merkel sehr ähnlich, das ist das Problem“.

Es könnte aber auch sein, dass Hofreiter hier eine Aufgabe übernimmt, die ihm zugedacht wurde von Habeck, Baerbock und Co: Der Münchner platziert aus dem Seitenaus wie Rumpelstilzchen das Sperrfeuer gegen Scholz, welche die Kabinettsmitglieder dem Burgfrieden zuliebe aussparen.

Eine Gefahr für die rot-grün-gelbe Koalition sieht Hofreiter aber nach eigener Aussage auch nicht: „Ich sehe ein Ringen in der Koalition in einer äußerst schwierigen Lage um die richtigen Handlungen.“ Dass Hofreiter derjenige ist, der damit Kerosin ins Feuer gießt, kommt ihm dabei gar nicht in den Sinn.

Olaf Scholz besinnt sich mit seiner zögerlichen Haltung bei der Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine auf eine ursozialdemokratische Grundhaltung. Und er macht es sich damit nicht leicht. Hofreiter himself hingegen verweist einmal mehr auf die grüne DNA eines Joschka Fischers, der sich für Bomber über Belgrad einst auf einem grünen Parteitag einen Farbbeutel voller Theaterblut um die Ohren hauen lassen musste.

Der grüne Hofreiter formuliert wie entfesselt: Der feinsinnige Blumenmaler spricht jetzt von einem „heldenhaften Abwehrkampf (der Ukrainer) gegen einen übermächtigen Feind.“

Der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter sieht eine Möglichkeit, die Ukraine noch stärker zu unterstützen. Bei Rheinmetall ständen 70 Marder-Panzer, erzählt er der Welt. Und er weiß: „Die wären eine große Hilfe.“

Und dann folgt etwas, dass die ganze Düsternis der Person Hofreiters aufzeigt: Für Hofreiter sind schnelle Waffenlieferungen die beste humanitäre Hilfe: „Das klingt bitter. Aber angesichts der Verbrechen, die russische Soldaten verüben, ist das nachvollziehbar.“

Ja, es gibt diese furchtbaren Verbrechen. Sie passieren jetzt und in jeder Stunde. Und ja, sie müssen so rasch wie möglich verhindert, bekämpft und schwer bestraft werden. Aber wer als Grüner die Lieferung von Waffen als „humanitäre Hilfe“ bezeichnet, richtet die schweren Waffen damit gleichsam auch direkt auf das Fundament der Umwelt- und Friedenspartei.

Und wir müssen hier gar nicht zurückgehen bis zu Petra Kelly und General Bastian: Noch 2014 sagte Britta Haßelmann als parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, dass sie Waffenlieferungen skeptisch gegenüberstehe. „Wichtiger ist humanitäre Hilfe“, befand Haßelmann damals.

2022 will Anton Hofreiter Panzer als humanitäre Hilfe versenden. Was ist das, eine Perversion? Oder doch nur Ergebnis eines unlösbaren Dilemmas aus der hilflosen Perspektive des Westens?

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