Süddeutsche Zeitung entert mit Störartikel Bundespresse­konferenz

Boris Reitschuster soll aus Bundespresse­konferenz entfernt werden

von Alexander Wallasch (Kommentare: 37)

Die gut besuchte Bundespressekonferenz 2018.© Quelle: © Foto: Vincent Eisfeld / nordhausen-wiki.de / CC-BY-SA-4.0

Dann nennt die Süddeutsche Zeitung Roß und Reiter und erklärt, warum sie einen Angriff gegen Boris Reitschuster fährt: Es hätten sich – aufgepasst! – mehrere Sprecher und Sprecherinnen der Bundesregierung beschwert, dass die Bundespressekonferenz „gekapert“ worden sei. Auch der Name Reitschuster sei dabei immer wieder gefallen.

Die Süddeutsche Zeitung ist in einen Skandal verwickelt, der nüchtern betrachtet den des Spiegels mit seinem Fälscher-Autoren Relotius noch übersteigt. Denn dabei geht es um einen Angriff auf die Pressefreiheit gegen einen Kollegen mutmaßlich, um sich der Bundesregierung anzudienen. Wie tief muss man da miteinander verfilzt sein, wie schlecht müssen Auflage und Zukunftsprognose sein, auf diese Weise journalistische Grundsätze über Bord zu werfen?

Die Süddeutsche Zeitung hat unter der Überschrift „Bundespressekonferenz: Störsender“ einen Artikel veröffentlicht, der als Zäsur gelesen werden muss. Denn hier wird Kollegen – insbesondere Boris Reitschuster (reitschuster.de) – vorgeworfen, sie würden mit ihrer Befragung der Bundesregierung die Bundespressekonferenz für „Propaganda und Verschwörungsmythen“ missbrauchen. Das ist so infam, dass man seinen Worten gar nicht genug Druck verleihen kann, diese journalistische Ekelattacke als das zu beschreiben, was sie ist. Aber der Reihe nach:

Die Bundespressekonferenz ist Ort der Empörung. Diese Einrichtung trotzte einst aufrechte Journalisten in der neu gegründeten Bundesrepublik der Politik ab, teilweise anknüpfend an Traditionen der Weimarer Republik, wo Berliner Journalisten selbst Politiker einluden als Gäste statt wie sonst, umgekehrt. Heute ist die Konferenz ein Zusammenschluss hauptberuflicher Kollegen, organisiert als Verein. Journalisten sind hier die Hausherren. Politiker die Gäste.

Wikipedia wirbt für diese urdemokratische Einrichtung mit dem Satz: „Dadurch kommen auch Journalisten, die für ihre kritischen Fragen bekannt sind, stets zu Wort“. Ein merkwürdiger Satz eigentlich, wo man doch annehmen möchte, dass die kritische Frage Wesensmerkmal von Journalismus ist.

Und dieser Ausfallschritt im Wikipedia ist deshalb von Bedeutung, weil er etwas klarstellt: Denn vielen Deutschen war gar nicht mehr bekannt, dass die Bundespressekonferenz kein Organ des Staates ist. So sehr war die kritische Nachfrage in den Hintergrund gerückt und der gewöhnliche Journalist der Altmedien schon bereit, sich mit seiner bloßen Anwesenheit bei diesen teilweise zu Audienzen der Bundesregierung gekippten Veranstaltungen zufrieden zu geben.

Jetzt passierte Folgendes: Der Journalist Boris Reitschuster nahm immer häufiger an diesen Konferenzen teil und befragte die Vertreter der Bundesregierung kritisch. Und macht es heute noch. So kritisch, dass die Antworten bis in die Altmedien vordrangen, freilich ohne die Nennung des Fragenden. Sogar die Direktübertragung der Tagesschau wurde während seiner Befragung der Bundeskanzlerin abgebrochen, angeblich, weil man zu den Nachrichten schalten musste, doch bis zu denen waren es noch vier Minuten.

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Reitschusters beinahe tägliche Aufbereitung seiner Befragungen gingen viral. Das Ärgernis war groß. Wäre es das bei den Politikern, alles gut. Denn das sollte das Ziel von Journalismus sein. Ärger bei den Befragten bedeutet doch, das die Fragen dorthin zielten, wo es weh tut. Aber der Ärger breitete sich auch bei Teilen der Altmedien aus.

Warum? Weil Reitschuster mit jeder neuen Befragung auch die Kollegen brüskierte, die es zugelassen hatten, dass in den vergangenen Jahren die Konferenz zu einem Audienzsaal der Regierung degradiert wurde und der Bürger schon dachte, der Sprecher der Regierung sei Hausherr – entsprechend großspurig und selbstgefällig das Auftreten von Steffen Seibert, dem Sprecher der deutschen Bundesregierung. Der geriet zuletzt eins ums andere Mal ins Schlingern, zeigt Nerven, als Reitschuster nicht lockerließ. Übrigens in vollendeter Form und allen journalistischen Regeln folgend, also jenen jedenfalls, die früher für seine Zunft galten.

Als Boris Reitschuster für sein Portal auch noch die Kanzlerin vor die Flinte bekam, fiel zunächst etwas Überraschendes auf: Auch Angela Merkel schien direkt erleichtert, mal einen echten Journalisten vor sich zu haben, sie nahm sich Zeit für ihre Antwort, sprach ausführlich. Und auch damit bekamen die satten Beisitzer von Reitschuster einmal mehr und von höchster Stelle präsentiert, wie es geht. Peinlich. Aber auch gefährlich, denn wessen Job auf so eine elegant passive Art und Weise nach außen als eigentlich vakant präsentiert wird, in dem brodelt es gewaltig.

Zuerst implodierte die Bloßstellung dieses kollektiven journalistischen Versagens bei einer Kollegin  vom Redaktionsnetzwerk Deutschland – einer als Nachrichtenlieferant im Baukastensystem für viele kleine Zeitungen per Se kritisch zu betrachtenden Journalismus – jedenfalls fuhr diese Kollegin Reitschuster mitten während einer seiner Befragungen in den Rücken und zeterte, der möge doch auch während der Befragung seine Maske aufsetzen, was natürlich vollkommener Unfug ist, da der Abstand grundsätzlich mehr als ausreichend ist, zudem die Dame auch noch weit hinter Reitschuster saß. Die Pressesprecher auf dem Podium trugen übrigens sowieso keine Maske, sprechen aber direkt Richtung fragender Journalisten.

Kurz gesagt, die Aktion sollte offensichtlich nur eines ausdrücken: Eine Art stellvertretende Distanzierung der Altmedien von Reitschuster und eine freiwillige Anbiederung an die Regierenden da oben, bzw. an deren Pressesprecher, die selbst Großteiles aus den Altmedien kommen. Unterstellung? Warten Sie den Artikel der Süddeutschen ab, kommt gleich.

Ganz besonders unangenehm den Fragen Reitschusters gegenüber reagierten der Sprecher der Bundesregierung und der Sprecher des Gesundheitsministers. Beide müssten dafür eigentlich von der Konferenz eine Rüge bekommen, stattdessen grätscht eine Kollegin während einer laufenden Befragung von hinten in die Beine.

Aber kommen wir zum gruseligen Finale dieser Enthemmung dieser Altmedienvertreter, die den Beruf des Journalisten hier in so ein schlechtes Licht rücken, kommen wir zur Süddeutschen Zeitung und ihrem enthemmten „Störsender“-Artikel. Als Autoren genannt wurden hier gleich drei Personen, es wird also schwer werden, diesen journalistischen Offenbarungseid später einen Ausrutscher zu nennen.

Die Rückkehr zum Journalismus anderer diffamiert die Süddeutsche mit dem einleitenden Satz: Diese Geschichte handelt von der Verwundbarkeit der offenen Gesellschaft“. Ja, es ist infam. Die Bundespressekonferenz würde zeigen, „wie schwierig der Umgang demokratischer Institutionen mit manchem Gegner ist.“

Und dann nennt die Süddeutsche sogar Ross und Reiter und erklärt, wie sie überhaupt dazu kommt, hier im Folgenden einen Angriff gegen Boris Reitschuster zu fahren: Es hätten sich – aufgepasst! – mehrere Sprecher und Sprecherinnen der Bundesregierung beschwert, dass die Bundespressekonferenz „gekapert“ worden sei. Auch der Name Reitschuster sei dabei immer wieder gefallen.

Dieser Moment der journalistischen Selbstaufgabe ist also von den Saboteuren selbst festgehalten worden, bleibt also für spätere Analysen an Journalistenschulen erhalten, dort jedenfalls, wo der Journalismus von früher noch neuen Kollegen vermittelt werden soll. Es geht dabei um Reitschuster und um sonst niemanden, er ist derjenige, der indirekt das Versagen weiter Teile der Vertreter der Altmedien aufzeigt, indem er ihnen demonstriert – nein vorführt –, wie es gemacht wird.

Um Reitschuster zu diskreditieren, wird der aus Russland ausgewiesene Journalist ausgerechnet mit einem Kollegen von Russia Today in einen Sack gepackt und zusätzlich mit anonymen nicht verifizierbaren Internetkommentaren diffamiert, die angeblich seiner Fan-Gemeinde zuzuordnen sind. Angedenk der regelmäßigen Shitstorm-Tiraden in den Kommentarspalten der Altmedien ein höchst seltsames Unterfangen. Ein Eigentor mit mehreren Bällen gleichzeitig.

„Dabei redet Reitschuster hier, wann immer es geht.“, kommentiert die Süddeutsche das weiße Kreuz auf dem schwarzen Mundschutz von Reitschuster. Und die Zeitung merkt in dem Moment noch gar nicht, dass sie mit ihrem Schmierenstück und der Rückblende zur Aufregung der Regierungssprecher exakt dieses Kreuz gerade legitimiert, was zuvor möglicherweise – zumindest diese Konferenzen betreffend – noch etwas Theoretisches hatte. Reitschuster will nicht fragen, so die Zeitung, er will „vorführen“. Und zwar gleich, empört sich das Blatt, drei „Corona-Experten“ auf einmal. Also drei kritische Fragen an drei Vertreter des Robert Koch Institutes bzw. Jens Spahn?

Auweiha, da macht einer Journalismus und die Süddeutsche erbricht sich darüber vor Wut.

Die Zeitung bemüht dann u.a. noch einen Soziologen, der ein paar Allgemeinplätze zur Diffamierung Reitschusters beiträgt. Dann aber wird wiederum dieses unanständige Auftreten der Kollegin, die zum Maskentragen auch bei Fragen aufgefordert hatte, wiederholt und ein Nachstellen Reitschusters behauptet, der diese Intervention der Kollegin selbstverständlich gegenüber seinen Lesern thematisiert. Gäbe es eine Abmahnung in dieser Zusammenkunft, Reitschuster hätte sie hier gegen die Kollegin beantragen müssen.

Zuletzt folgt dann eine Psychologisierung Reitschusters, die so peinlich ist, dass man sich darüber kaum noch empören kann: „Boris Reitschuster redet gerne. Wenn man ihm im leeren BPK-Saal gegenübersitzt, bleibt er höflich.“ Was für ein Saustück ist das? Der Fragende wird als Schwätzer und dieser Schwätzer dann als falscher Fünfziger diskreditiert, der hinter der Maske der Höflichkeit böse agiert. Der Bösewicht würde sogar bestreiten, den Querdenkern oder AfD-Szene nahezustehen, heißt es weiter.

Was ist das für ein infamer Artikel? Ein Bestellartikel der schlimmsten Art von Leuten, die tatsächlich jemandem nahestehen. Ein Artikel, der die vierte Gewalt auf eine Weise beschädigt, dass die Süddeutsche Zeitung dafür keine Ausreden haben kann, noch dazu, wo sich gleich drei Autoren vor der Bundesregierung offenbar profilieren wollen. Pressesprecher von morgen? Würde man das Mutmaßen, würde man sich allerdings auf dasselbe dreckige Niveau begeben. Will man aber nicht. Schämt euch.

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