Grundsatzprogramm der CDU – 70 Seiten zusammengeschustert mit ChatGPT

CDU-Leitkultur – Die Renaissance des Wackeldackels

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Eine Leitkultur in der Anmutung einer ambitionierten Häkelarbeit über der Toilettenrolle© Quelle: Youtube ARD Screenshot

Beim neuen Grundsatzprogramm der CDU geht es einzig darum, die Wähler einzulullen mit Versatzstücken von gestern, die längst nichts mehr zu tun haben mit einer vielfach als fremd und aufdringlich empfundenen, arabisch-muslimisch geprägten neuen Realität deutscher Innenstädte.

Nun ist Carsten Linnemann mit seinen 47 Jahren kein Jungspund mehr. Trotzdem macht der Generalsekretär der CDU den Eindruck, er wandle in seiner Funktion in zu großen Schuhen, müsse noch hineinwachsen. Was Linnemann fehlt, ist eine natürliche Authentizität und Autorität.

Wer ihn zuletzt im Adenauerhaus auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Grundsatzprogramms erlebt hat, der sah zwar die geballten Fäuste und das Wollen, aber die Glaubwürdigkeit blieb weit dahinter zurück. Linnemann prahlt stattdessen hemmungslos, mit welchem Aufwand man an dem Papier gearbeitet habe.

Die CDU sei mit dem vierten Grundsatzprogramm der CDU (zuletzt 2007) jetzt „wieder regierungsfähig“, so Linnemann. Er spricht von vorgezogenen Bundestagswahlen und dass die CDU jetzt bereit sei. Linnemann unterstreicht diese Bereitschaft mit den allerschönsten Blabla-Sätzen:

„Die Menschen brauchen Antworten auf die Fragen der Zeit. Sie brauchen Orientierung und Halt. Und wir werden mit diesem Grundsatzprogramm diese Orientierung geben.“

Das vorliegende Papier ist der erste Entwurf einer CDU-internen Programm- und Grundsatzkommission:

„Wir haben 22 Monate an diesem Programm gesessen“, so Linnemann, „elf Fachkommissionen haben getagt, es gab 215 Sitzungen, 63 Papiere, (...) wieviel Tassen Kaffee getrunken wurden, müssen wir noch ausrechnen."

Für den Generalsekretär ist das Grundsatzprogramm eine Punktlandung. Aber was genau steht drin? Die CDU-Zentrale sendet alexander-wallasch.de das Papier zu, wir blättern hinein. Der Titel des vorläufigen Grundsatzprogramms lautet: „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“. Die 70 Seiten sind in drei Punkte unterteilt: „Wo wir stehen“, „Was uns ausmacht“ und „Wo wir hinwollen“. Vorangestellt sind ein paar Seiten Vorwort unter der Überschrift: „Auf einen Blick: Das ist die CDU“. Hintenan hängt der Abschnitt: „Mit unseren Werten in die Zukunft.“

In der Einleitung ist die Rede vom Mut, zu dienen:

„Wir begegnen der Welt in Demut, weil wir wissen, dass wir nicht die letzte Wahrheit kennen.“

Die CDU erwähnt an vorderster Stelle, dass man jede Form des Extremismus bekämpfe. Dies gelte auch für den politischen Islam, heißt es da applausheischend. Die Sicherheitsbehörden wolle man auch dafür stärken.

Rund ein Vierteljahrhundert und vier Merkel-Legislaturen nachdem Friedrich Merz im Bundestag von einer „deutschen Leitkultur“ gesprochen hatte, heißt es im Grundsatzprogramm an vorderer Stelle wieder „Mut zur Leitkultur“. Na, wenn das kein innovativer Fortschritt ist: Der Merz von 2000 soll den Merz von 2024 ins Kanzleramt tragen – da glaubt wohl selbst Merz nicht mehr dran.

Wenn die CDU ganz, ganz mutig deutsch sein will, dann klingt das so: Nur wer sich zur Leitkultur bekenne, könne sich integrieren und darf deutscher Staatsbürger sein. Wow! Grundvoraussetzung seien „das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels“.

Die CDU fordert „ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr“. Familien seien die Keimzelle der Gesellschaft und Grundlage für deren Zusammenhalt, von „Vater“ und „Mutter“ ist hier sicherheitshalber schon nicht mehr die Rede.

In Sachen Bildung liegt der Fokus der CDU auf den jungen Migranten, die Überschrift lautet hier „Aufstieg und Integration durch Bildung!“ Man mag sich vorstellen, was für ein Stechen, Zerren und Hauen hier um jede Silbe stattgefunden hat, um bloß nicht nach AfD zu klingen, aber doch möglichst viele potenzielle AfD-Wähler zurückzugewinnen über entsprechende Plagiate der Inhalte aus dem Programm der AfD.

In der Rubrik „Das ist CDU“ heißt es, Sprache sei der Schlüssel zu unserer Gesellschaft. „Kinder, die kein Deutsch können, müssen wir stärker unterstützen.“

Aber Linnemann und Co klauen nicht nur bei der AfD, sie sprechen von „fördern und fordern“, dass sich Leistung wieder lohnen und Arbeit vernünftig entlohnt werden muss. Hier schaut grinsend Ex-Kanzler Gerhard Schröder aus den 70 Seiten, dessen Wirtschafts- und Sozialpolitik überhaupt erst den Grundstock für jenen Wohlstand geschaffen hat, den Merkel 16 Jahren lang niedergemacht hat. In Summe sind im vorliegenden Grundsatzprogramm Slogans von Wahlplakaten aller etablierten Parteien aus den letzten 50 Jahre zusammengetragen worden.

Interessant vielleicht: Zentrales Instrument des Klimaschutzes soll der Emissionshandel sein und auf die „Option Kernkraft“ könne man zurzeit nicht verzichten. Ansonsten will die CDU aber nicht anders arbeiten als die Ampel, frei nach dem Motto: Wir probieren halt was anderes aus! Mal schauen, was dabei herauskommt:

„Wir wollen Experimentierräume einführen, damit Ideen getestet werden können. Was floppt, wird gestoppt – und was gut läuft, wird bundesweit ausgerollt.“

Carsten Linnemann sagte auf der Pressekonferenz wörtlich: „Was wissen wir schon, was in 15 Jahren sein wird?“

Kapitel I – „Wo wir stehen“

Der Abschnitt beginnt mit einem historischen Teil, frei nach dem Motto "Auferstanden aus Ruinen". Jetzt sei es an der Zeit, anzupacken und dieses Land wieder aufzubauen. Hier soll augenscheinlich der Geist Adenauers wiederbelebt werden. Die SPD trällerte auf ihrem Parteitag die Internationale, jeder wie er es eben kann.

Die CDU habe sich immer wieder gegen Zweifler durchgesetzt, behauptet das Papier: Für die Westbindung, für Markt und Wettbewerb, für den NATO-Doppelbeschluss, für die Wiedervereinigung und für Europa.

Die CDU sei „durch die Krisen der Gegenwart und die Aufgaben, die uns die Zukunft stellt, herausgefordert“. Diese Aufgaben sind laut Grundsatzprogramm Krieg, Extremismus und Fundamentalismus, Migration und Klimawandel und Umweltzerstörung. Aber welche dieser Herausforderungen sind nicht Ergebnis einer gescheiterten Politik der Merkel-Ära – hier insbesondere die illegale und bis heute ungebremste Massenmigration von Millionen?

Wer bitteschön denkt an die CDU, wenn er folgende Sätze liest? „Für uns (...) beginnt die Zukunft mit einem selbstbewussten „Ja zu Deutschland“. Wir sind stolz auf unser Land. (...) Wir sind eine Kulturnation, wir sind ein Land der Tüftler, Macherinnen und Arbeiter.“

„Auf der „Grundlage des christlichen Menschenbildes“ will die CDU hier so einiges, aber Satz für Satz erinnert das Grundsatzprogramm mehr an eine Collage der Beliebigkeiten. Niemand soll hier verletzt werden, bitte auch kein unnötiges Pathos, bloß nicht auffallen, bis die CDU wieder regiert. Eine Leitkultur in der Qualität einer ambitionierten Häkelarbeit über der Toilettenrolle.

Linnemann erzählte eingangs, wie lange seine Leute an diesem Papier gesessen haben. Und dann lässt seine verbalen Papiertiger von der Kette:

„Wir arbeiten für ein Land, das frei und sicher ist; für eine Gesellschaft, die zusammenhält und Chancen eröffnet; für eine Wirtschaft, die Wohlstand für alle schafft; für ein Deutschland, das nachhaltig und souverän ist; für einen Staat, der funktioniert und vorangeht.“

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Und damit ist der Entwuf bei Kapitel II angekommen, beim christlichen Menschenbild und bei einer Aneinanderreihung von theologischen Aphorismen und anderen religiös konnotierten Phrasen und tragischen Banalitäten:

„Wir wissen um die Stärken und die Schwächen des Menschen und leben deshalb mit gelassener Skepsis gegenüber verabsolutierenden Ideen, vermeintlichen Eindeutigkeiten und radikalen Lösungen.“

Nein, hier erwartet niemand, wohl nicht einmal mehr die CDU selbst, dass solche Bekenntnisse Deutschland besser machen könnten. Hier geht es einzig darum, die Wähler einzulullen mit Versatzstücken von Gestern, die längst nichts mehr zu tun haben mit einer vielfach als fremd und aufdringlich empfundenen arabisch-muslimisch geprägten neuen Realität deutscher Innenstädte.

Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit: Alles richtig, aber auch alles fad und abgestanden, leblos, einschläfernd und fernab einer irgendwie gearteten Authentizität und Glaubwürdigkeit. Soll man hier etwa Mitgefühl entwickeln für diese Hilflosigkeit der Linnemanns, die sich fast zwei Jahre um die Ohren geschlagen haben für etwas, das sich liest wie von einem untalentierten Werbetexter, der die CDU als Auftraggeber mit 70 Seiten ChatGPT übers Ohr gehauen hat?

Um Himmelswillen. Man liest das Folgende, bekommt aber die Gesichter der real existierenden CDU nicht aus dem Kopf. Ein einziger Unfall, es kollidiert, es passt nicht zusammen. Niemand da wie Helmut Kohl, der es mit seiner kolossalen Erscheinung womöglich noch hätte erden können:

„Unsere Politik verbindet Selbstverantwortung und Subsidiarität, Freiheit und Pluralismus, Solidarität und Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Wertschätzung der Institutionen, Soziale Marktwirtschaft und Ordnungspolitik, Ökonomie und Ökologie, Wettbewerbsorientierung und Technologieoffenheit.“

Oder hier:

"Wir führen Menschen verschiedener Geschlechter, verschiedener Herkunft und vielfältiger Berufe, unterschiedlicher Bildung und Religion, mit oder ohne Behinderungen, jeden Alters und aus verschiedenen Milieus, vom Land und aus der Stadt zusammen und tragen so zur Stabilität unseres Gemeinwesens und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.“

Steht da wirklich so:

„Unsere Werte, unsere Überzeugungen und unsere Zuversicht bewahren uns vor Endzeitstimmung ...“

Kapitel III – „Wo wir hinwollen“

„Wir Christdemokraten werden allen Bedrohungen für unser Land und seine Menschen entschlossen entgegentreten.“

Wie das mit der Merkelschen Migrationspolitik und der von Horst Seehofer „Herrschaft des Unrechts“ genannten Politik zusammenpassen soll, muss die CDU ihren Wählern allerdings noch erklären. Vor allen jenen, die zu AfD übergelaufen sind oder gar nicht mehr wählen gehen wollen, weil sie sich die AfD noch nicht trauen – zu erfolgreich waren die Diffamierungskampagnen.

Blättern wir schnell noch etwas weiter. „Freiheit und Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille“, hat da irgendjemand nach reichlich Kaffee im Findungsprozess zusammengeschrieben, als ginge es darum, nach der Schule schnell der unattraktiven Mitschülerin was ins verschlissene Poesiealbum zu schreiben.

„Sicherheit muss man fühlen können“, meint die CDU. Davon können etwa Demonstranten der Corona-Maßnahmenkritik ein Lied singen, die erlebt haben, dass die Polizei mit Sicherheit vor allem eines meinte: Es gibt wieder was auf die Nase, wer sich mit unbedeckter Nase auf die Straße traut. Die CDU will die Bundeswehr bei Bedarf auch im Inland einsetzen, dann darf der Bürger also davon ausgehen, dass die kommenden von der WHO ausgerufenen Pandemien samt Maßnahmenkatalog in Flecktarn durchgesetzt werden, dann ist nämlich Schluss mit lustig.

Die CDU möchte einen „Nationalen Sicherheitsrat“ im Bundeskanzleramt einrichten, um die innere und äußere Sicherheit gebündelt in den Blick zu bekommen. Die CDU möchte Radikalisierungsprozesse bereits in den Anfängen erkennen und unterbinden. Das klingt nun wieder nach allem anderen als nach einer neuen Sicherheitsarchitektur für den Bürger. Nach zwei Jahren Oppositionsführerschaft im Deutschen Bundestag bequemt sich die CDU unter dem Eindruck der Wahlergebnisse von Bayern und Hessen, Kritik an der Merkelschen Zuwanderungspolitik zu äußern:

„Wir wollen die Kontrolle über die Migration zurückerlangen. Wir wollen einen Stopp der unkontrollierten Migration und eine Begrenzung der humanitären Migration auf ein Maß, das die Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht überfordert und zugleich unserer humanitären Verantwortung gerecht wird. Wir wollen mehr Humanität bei der Aufnahme von Schutzbedürftigen schaffen. Aus diesem Grund setzen wir uns für einen grundlegenden Wandel des europäischen Asylrechts ein.“

Das gleiche Geschwätz war zuletzt auch von der linksradikalen SPD-Innenministerin zu hören. Aber schon da hat es sich als Lippenbekenntnis erwiesen. Da ist in diesem kurzen Absatz bereits dreimal von Humanität die Rede, als ginge es um ein Godwill-Mantra und nicht um dringend erforderliche Abschiebungen und lückenlose Grenzkontrollen. Stattdessen findet sich im Grundsatzprogramm der CDU ein Abschnitt mit dem Titel: „Wir wollen Schutzbedürftige durch humanitäre Kontingente aufnehmen.“

Damit sind wir noch nicht einmal bei der Hälfte dieser 70 Seiten angekommen. Wenn Sie sich als Leser noch einen zweiten Teil dieser Rezension wünschen, schreiben Sie es mir bitte in die Kommentarfunktionen.

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