Aufgabenzettel Merz: Schonungslose Aufarbeitung der Merkel-Ära und Ehrenerklärung für Neue Medien

Friedrich Merz ist Merkels Junge – Sein Schrei nach Binnengrenzschutz pure Heuchelei

von Alexander Wallasch (Kommentare: 14)

Wer auf die Vergesslichkeit seines Volkes, seiner Wähler setzt, der hat keine guten Ratgeber.© Quelle: Youtube / Tagesschau Screenshot

Friedrich Merz hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Solange die Union nicht schonungslos mit der Ära Merkel abrechnet, ist jede Kritik an der Migrationspolitik der Ampel wertlos, der Bumerang immer schon impliziert.

Wer auf die Vergesslichkeit der Wähler hofft, der mag damit durchkommen, aber es hindert weiterhin niemanden, der sich erinnert, einen Hinweis zu geben, was wirklich war. Friedrich Merz (CDU), der Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, hat gestern einen Tweet bei Twitter veröffentlicht, der in Sachen Heuchelei und Bigotterie eine echte Höchstleitung war.

Merz schrieb:

„Wenn der Schutz der Außengrenzen der #EU bis auf weiteres nicht hinreichend möglich ist, müssen die Binnengrenzen besser geschützt werden. Jedes Land hat das Recht und auch die Pflicht, den Zuzug in das eigene Territorium zu kontrollieren.“

Das allerdings ist die Kernbotschaft der Zuwanderungskritik seit 2015. Die Kritik am fehlenden Grenzschutz und der ausgesetzten Zuwanderungskontrolle ist sogar so etwas wie der Gründungsmythos der Neuen Medien. Und um es einmal persönlich zu formulieren: Ich habe seit 2015 bei Roland Tichys Portal „Tichys Einblick“ geschätzt weit über eintausendfünfhundert Artikel geschrieben, von denen sich die Mehrzahl mit der Analyse der Zuwanderungsagenda der Merkel-Regierung beschäftigte.

Roland Tichy, weitere Autoren und ich sind darüber zu Experten geworden. Keine verdrehte Studie, der wir nicht auf den Grund gegangen wären, keine Talkshow zum Thema, die wir nicht analysiert hätten und keine Bundestagsdebatte, kein neues Gesetz, keine Entscheidung der Bundesregierungen unter Angela Merkel, die wir nicht fachkompetent in aller Schärfe kritisch begleitet hätten.

Dafür sind wir vom ersten Tag an diffamiert und diskreditiert worden. Wer heute eine Aufarbeitung des Corona-Regimes fordert, der vergisst möglicherweise, dass es davor ein Merkel-Regime gab, das seine Kritiker nach allen Regeln der Kunst mundtot machen wollte.

Die Angriffe, die Roland Tichy als Erfinder der Neuen Medien und als Namensgeber seines Portals in den letzten nunmehr fast zehn Jahren überstand, bekämpfte oder stoisch über sich ergehen ließ, waren die Generalprobe des polit-medialen Komplexes für all das, was später Corona-Maßnahmenkritiker erlebten – sie wussten einfach, dass es funktioniert. Nur dass es 2015 noch deutlich weniger Solidarität und Rückendeckung gab, als sie die Bewegungen der Corona-Maßnahmenkritik erfuhren.

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Der Nazivorwurf saß deutlich lockerer und wurde schneller gezogen gegen jene, denen es darum ging, Migration zu begrenzen, also Glücksrittern von irgendwo und nirgendwo den Zutritt nach Deutschland zu verwehren, so wie es das Gesetz zwingend vorschreibt. Verhasst, beleidigt, aus Ämtern verdrängt und aus der Öffentlichkeit verbannt. Freunde, Nachbarn und Bekannte wurden aufgehetzt. Wer heute eine Aufarbeitung des Corona-Regimes fordert, der muss sich also strenggenommen hintenanstellen.

Medien, Politik, Kirchen und weitere Vorfeldorganisationen aus der Merkel-Zeit haben Schuld auf sich geladen. Vereinzelte Beteiligte wie der „Zeit“ Chefredakteur Giovanni di Lorenzo oder ARD-Chef Kai Gniffke hatten Abbitte geleistet. Aber es gab bis heute keine Wiedergutmachung oder Entschuldigung. Anschließend wurde sogar wieder zu alten Hass-und Hetze-Agenda zurückgekehrt, als wäre nichts gewesen.

Nahtlos führte der polit-mediale Komplex seinen Kampf gegen Kritiker im Corona-Regime weiter. Friedrich Merz lobte Angela Merkel schon im Vorfeld seiner Wahl zum CDU-Chef und Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Union. Um zu beurteilen, wie ernst man nun die aktuellen Forderungen des ehemaligen BlackRock-Mannes bewerten soll, reicht es exemplarisch, zu erinnern, was Friedrich Merz Ende 2021 in der öffentlich-rechtlichen Talkshow bei Maischberger über Merkel und ihre Politik äußerte:

„Ich finde, wir haben Angela Merkel viel zu verdanken. Sie übergibt das Land in einem im Großen und Ganzen guten Zustand. (…) Das sind Maßstäbe, die sie gesetzt hat. Die muss der Nachfolger erstmal erfüllen. Das sind große Schuhe."

Heute, eineinhalb Jahre später, sagt derselbe Merz, die Binnengrenzen müssten geschützt werden. Der Mann, der es bis heute konsequent verweigert, die Merkel-Ära in der CDU aufzuarbeiten, fordert Binnengrenzkontrollen, deren Verweigerung den Beginn einer modernen Völkerwanderung vornehmlich junger muslimischer Männer ausgelöst hatte, die 2015 begann und 2023 ein neues Allzeithoch erreicht hat.

Der Merksatz für Merz ist so einfach wie offenbar unerfüllbar für ihn: Wer als CDU-Chef die Migrationspolitik der Ampelregierung kritisieren will, der kommt an einer tabulosen Aufarbeitung der Merkelpolitik nicht vorbei. Stattdessen wird fleißig weiter am Denkmal der Zuwanderungskanzlerin gebastelt, auf deren Konto auch der Brexit geht, der Großbritannien aus der EU getrieben hat.

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Wer auf die Vergesslichkeit seines Volkes, seiner Wähler setzt, der hat keine guten Ratgeber. Oder doch? Dabei ist der neue Ansatz von Friedrich Merz eigentlich sogar ein hoffnungsvoller:

„„Kontrollen an #EU-Binnengrenzen behindern die Freizügigkeit nicht, im Gegenteil. Sie dienen dazu zu unterscheiden, wer Freizügigkeit in Anspruch nehmen darf und wer nicht. EU-Staatsangehörige und Inhaber gültiger Papiere können weiterhin leben und arbeiten, wo sie wollen.“

Aber die Hoffnung stirbt auf der Stelle, wenn hier von Merz nicht endlich der historische Kontext zum Merkel-Zuwanderungsregime hergestellt wird. Es ist Friedrich Merz dringend angeraten, sich in der Sache einmal in den Ingolstädter Stadtteil Gerolfing chauffieren zu lassen und sich dort in den miefigen Modelleisenbahnkeller zu Horst Seehofer zu begeben.

Dort soll er sich einmal nacherzählen lassen, was Bundesinnenminister Horst Seehofer im Kabinett von Angela Merkel erlebt hat, als Merz noch bei BlackRock auf Weltwirtschaftsgeschichte gemacht hat.

Seehofer soll ihm erzählen, wie es war, als er zwar so etwas wie Grenzkontrollen zu Österreich aufrechterhielt, der Überdruck sich dann aber einfach woanders entlud, wo allenfalls eine „Schleierfahndung“ punktuell mal einen illegalen Zuwanderer herauspickte, was von Seehofer dann als ultimative Verteidigung des Abendlandes verkauft wurde.

Friedrich Merz hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Solange er die Union nicht in die Lage versetzt, mit der Ära Merkel schonungslos und öffentlich abzurechnen, ist jede Kritik an der Migrationspolitik der Ampel wertlos, der Bumerang immer schon impliziert. Auf dem Weg darf Merz dann gerne auch eine Ehrenerklärung für die Neuen Medien abgeben, die vom Ampelminister Cem Özdemir gerade bei Lanz auf unerträgliche Art und Weise diffamiert wurden. Warum Özdemir das getan hat?

Weil der Grüne wie Merz instinktiv weiß, dass Roland Tichy, dass ich und andere Journalisten 2023 zu den Gefährdern einer neuen Vergesslichkeit geworden sind. Da sitzen Merz und Özdemir dann wieder in einem Boot und rudern den deutschen Kahn weiter gemeinsam an den Abgrund.

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