Wo bleiben die Brandmauern gegen die Ampelregierung?

Merz schlüpft in Merkels Hosenanzug

von Alexander Wallasch

Friedrich Merz (CDU) als Hoffnungsträger zu verstehen, braucht ein gerüttelt Maß an Verzweiflung. Aber solange Merz nicht mit Merkel bricht, ist das Land verloren.© Quelle: © Bildmontage: Pixabay / Dr. Horst-Dieter Donat, Wikimedia Commons / Armin Linnartz, Friedrich Merz

Bei aller Hoffnungslosigkeit und dem drängenden Wunsch nach einem tiefer greifenden Kurswechsel in der deutschen Politik setzen erstaunlich viele Mitbürger auf Friedrich Merz, den designierten Parteichef der CDU. Berechtigterweise? Oder gibt Merz auf der politischen Bühne nur das Opium für jenen Teil der Bevölkerung, der Veränderungen so dringend herbeisehnt?

Dazu müsste man zunächst wissen, welche Veränderungen die Menschen herbeisehnen oder eben nicht. Eine Liste zusammenzustellen ist schon deshalb schwierig, weil man konstatieren muss, dass es einen Bevölkerungsanteil gibt, der gar keine Veränderungen will bzw. dem Umbau der Gesellschaft durch die Ampelregierung zustimmend folgt.

Welches aktuell die Masterthemen der Zukunft im Windschatten des alles beherrschenden Pandemiegeschehens sind.

Die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust durch einen angekündigten massiven Industrieabbau treibt viele Menschen um, verbunden mit der vagen Hoffnung, dass doch etwas dran sein könnte an Robert Habecks Versprechen, mit diesem Umbau der Industrie und Infrastruktur würden neue Branchen und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Vizekanzler Habeck hat in seinem Superministerium in Sachen Pläne zu Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen bereits vorgelegt und gleich mal 28 neue Stellen geschaffen. Der Grüne begründete diese neuerliche Ausdehnung des bürokratischen Apparates damit, dass über sein Ministerium die „die gesamte politisch-strategische Planung und Kommunikation insbesondere des zentralen und ressortübergreifenden Themenfeldes Klimaschutz“ laufen werde.

Neben der unmittelbaren existenziellen Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes steht eine - hier abstrakte, weil in ihrer Wucht noch nicht entfaltete - von der Ampelregierung aktiv betriebene zweite große Massenzuwanderung nach 2015.

Was hier im Windschatten von Merkel - gegen den nur sehr lauen Widerstand einer kleinen Gruppe in der Union - vorangetrieben wurde, beispielsweise über die linksradikale Organisation Seebrücke und einer Gefolgschaft von mittlerweile über 250 Städten und Kommunen (einige unionsregierte darunter), nimmt jetzt unter der Ampelregierung Fahrt auf, alle Segel sind gehisst.

Eine früher einmal energisch geführte politische Debatte etwa um Obergrenzen ist heute meilenweit von der aktuellen Regierungspolitik der Ampel entfernt. Die neue Regierung kommuniziert die grenzenlose Bereitschaft, immer mehr Migranten aus dem islamischen Kulturkreis aufzunehmen. Mit dieser Haltung hat Ampel Deutschland in Europa nahezu vollständig isoliert, die Anrainer schüttelt mit dem Kopf und wenden sich ab.

Die uns umgebenden EU-Staaten haben zudem realisiert, dass dieses Millionenheer auch für sie zukünftig eine große Bedrohung bedeuten könnte. Dann nämlich, wenn Deutschland weiter so erfolgreich daran arbeitet, seine Wirtschaftskraft zu vernichten und damit auch die Mittel, diese Menschen und ihre nachziehenden Familien zu versorgen.

Wenn aber die staatliche Unterstützung als Hauptanreiz nach Deutschland zu kommen wegbricht, schlicht schon deshalb, weil die deutschen Kassen leer sind – dass Milliarden Euro vernichtende Pandemiegeschehen kann hier zusätzlich zum Brandbeschleuniger werden – werden sich Millionen Entwurzelter in der gesamten EU nach einem alternativen Auskommen umschauen. Millionen bitterarmer Wirtschaftsflüchtlinge wären dann mitten in Europa unterwegs.

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Ein weiteres Masterthema sind die immer noch sehr abstrakten Sorgen um den Klimawandel. Der mag bei Landwirten direkter einschlagen, sollten ihre Arbeitsbedingungen auch in Deutschland klimabedingt schlechter werden. Das Gros der Bürger berührt das allerdings nur da, wo die Öffentlich-Rechtlichen sich intensiver damit befassen und ihre Reichweiten nutzen, etwa die Jugendbewegung Fridays for Future in den Fokus zu rücken oder vor einer Radikalisierung dieser Klientel zu berichten.

Die Ampelregierung macht hier exzessiv Stimmung, die Ton angebenden Grünen wollen, dass dieses Thema quasi abgrundtief ins Bewusstsein der Menschen eindringt. Gewissermaßen von der Wiege bis zur Bahre, von der Kita bis zum Altenkreis soll die Angst vor dem drohenden Ende der Menschheit ein tägliches Zittern auslösen, jetzt noch zusätzlich zum pandemischen Panikmodus.

Ein weiteres Masterthema hängt unmittelbar damit zusammen: Es droht eine dauerhafte Instabilität der Energieversorgung. Die Sorge vor einem multiplen Zusammenbruch ist zwar ebenfalls noch eine abstrakte, aber sie ist längst beim Bürger angekommen. Wenn auch erst als großes Raunen, denn noch kommt der Strom ja aus der Steckdose. Aber das wussten schon die Gründungsväter der Grünen: Dieses Phänomen ist endlich und wurde schon vor fast 50 Jahren Thema spöttischer grüner Aufkleber.

Massiver Arbeitsplatzverlust und der damit verbundene Verlust von Wohlstand sind die wahrscheinlichen Folgen des anstehenden fundamentalen Umbaus der Gesellschaft. Selbst die Ampelregierung bestreitet nicht, dass es hier Reibungsverluste gibt. Vizekanzler Robert Habeck spricht nebulös beschönigend davon, diese große Transformation würde den Menschen „etwas abverlangen“ und „das Antlitz des Landes wird sich verändern“.

Zuversichtlichkeit klingt aber ganz anders, als es Habeck beispielsweise hier formuliert: „Wenn wir es richtig anstellen und eine Dynamik auslösen, können wir einen Boom neuer Technologien erleben, neue industrielle Zweige und Arbeitsplätze können entstehen.“ Einfach zu viel Wunschdenken in einem Satz.

In dieser verdüsterten Gemengelage tritt nun Friedrich Merz aus dem Rauch auf die Bühne. Gescheitert schon vor Jahrzehnten an Angela Merkel und in jüngerer Zeit auch als Parteivorsitzender der CDU und dann bei der Wahl zum Kanzlerkandidaten der Union.

Der Bürger weiß tatsächlich nichts Genaues über diesen Mann, der quasi aus den Tiefen des global operierenden Vermögensverwalters Blackrock ausgespien wurde, wo er so viele Jahre verschluckt bzw. vollkommen assimiliert war.

Unbeschadet vom aktuellen Politikgeschehen der letzten beiden Jahrzehnte baut Merz nach wie vor auf einen Phönix-aus-der-Asche-Moment. Dass er dabei, wie schon erwähnt, in kurzer Zeit schon zwei Mal frontal auf die Nase gefallen ist, hat erstaunlicherweise nicht viel daran geändert.

Die Alternativen sind einfach zu rar, der von den Plänen der neuen Regierung schockierte Teil der Gesellschaft lässt den Merz-Strohhalm einfach nicht los, die Parteibasis der CDU entschied sich jetzt mit großer Mehrheit für den ominösen Friedrich Merz als Parteivorsitzenden.

Aber was sagt der politische Gegner dazu? Diether Dehm, der die letzten vier Legislaturen für die Linke im Bundestag saß, graust es vor Merz. Im Interview mit reitschuster.de schaute er in die Glaskugel und sagte bereits die eindeutige Wahl von Merz zum Parteichef voraus, bevor der gewählt wurde.

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Aber Dehm geht noch weiter, er ist sich sicher, Merz würde „zügig die Brandmauer zur AfD abschleifen“. Die Medien würden Merz hier folgen und sich mit der AfD teilweise versöhnen. Für dem Linkspolitiker besteht sogar die Aussicht, „dass es vor Ende der Legislatur zu einer CDU/AfD-Bundesregierung kommt.“

Friedrich Merz antwortet am Tag vor Heiligabend postwendend: „Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben“. Im Gegensatz zu Olaf Scholz gibt es für den designierten Parteichef der CDU also noch die unter der Regierung Merkel gezogenen roten Linien. Und die waren – zumindest aus Merkels Sicht - vollkommen verständlich:

Die AfD war einzig verbliebene Oppositionspartei im Deutschen Bundestag. Pünktlich zu jedem politischen Vorhaben der unionsgeführten Regierung nahm die AfD die Gegenposition ein während alle weiteren in die Opposition gewählten Partien (Grüne, FDP, Linke) den Kurs der Bundesregierung unter Merkel willfährig mitgingen und sich Merkel dabei immer wieder als zukünftige Partner andienten - Politik der schönen Augen.

Kann Friedrich Merz jetzt der Richtige sein, gemeinsam neben dem gescheiterten Kanzlerkandidaten Armin Laschet die CDU als Oppositionspartei gegen die Ampel anzuführen? Um anschließend was zu machen? Etwa Merkels Politik fortzusetzen?

Gegenüber dem Spiegel sagte Merz: „Die Landesverbände, vor allem im Osten, bekommen von uns eine glasklare Ansage: Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an.“

Weitere Merz-Sätze, die klingen, wie aus der muffigsten Echokammer der Union: „Wir sind nicht die XYZ-Partei, die mit jedem kann. Wir sind die CDU.“ Im Verhältnis zur AfD würde er von Anfang an „sehr konsequent sein“. Und dann zitiert Merz auch noch den ehemaligen CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß, der hätte mal gesagt, dass eine Jacke, die man einmal falsch zuknöpfe, sich oben nicht mehr korrigieren ließe. Damit hätte er recht, so Merz.

In dieser Banalität zeigt sich dann das ganze Dilemma des Friedrich Merz. Denn die falsch geknöpfte Jacke der Union hat wohl am wenigsten mit der AfD und am allermeisten mit Angela Merkel zu tun. Sie hat in sechzehn Jahren etliche falsch geknöpfte Jacken verschlissen.

Und um noch kurz in diesem schrägen Bild von Merz zu bleiben, könnte man auch sagen, Angela Merkel hat diese Anzüge ganz zerschnitten und die Grünen beim Wiederzusammenfügen als tapfere Schneiderlein hinzugebeten.

All das weiß Friedrich Merz. Und was von ihm wirklich zu halten ist, wird sich allein daran messen lassen, wie er sich Angela Merkels Politik gegenüber aufstellt. Wieder der Spiegel fasst es am Tag vor Heiligabend in einer schlichten Überschrift zusammen: „Merz geht auf Merkel zu“.

Damit fällt dann allerdings die Idee von Merz als Retter für Deutschland wie ein Kartenhaus zusammen. Ach, es ist noch viel schlimmer: Friedrich Merz will die frühere Kanzlerin sogar in seine Amtszeit einbinden, wie er selbst sagt. Und weiter: „Ich würde mich freuen, wenn Angela Merkel und die CDU auch in Zukunft beieinanderbleiben, an mir wird es jedenfalls nicht scheitern.“

Nein, Friedrich Merz ist überhaupt kein Hoffnungsträger; er ist auch nicht gut für dieses Land. Merz ist sogar ein enger Verwandter von Christian Lindner, dem es immer nur um Lindner geht, so wie Merz Merz am nächsten ist. Und um die Eingangsfrage zu beantworten: Friedrich Merz ist das falsche Rezept gegen diese sich inflationär ausbreitende Hoffnungslosigkeit: Man kann nicht mit Spatzen gegen Kanonen schießen.

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