AfD-Parteichefin Alice Weidel hat gerade einen Ball auf dem Elfmeterpunkt liegen und das Tor ist leer, sie muss halt noch einlochen. Es geht natürlich um ihren Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla, der mit seiner klaren Haltung zum Ukrainekrieg zur Zielscheibe von Angriffen gegen ihn und die AfD von außen geworden ist.
Der Ball liegt zum Einlochen bereit, weil beide Haltungen – die von Weidel und Chrupalla – eine Entwicklung markieren, welche beim einfachen Mann auf der Straße längst angekommen ist: die AfD als nicht nur prozentual, sondern jetzt auch inhaltlich größte deutsche Volkspartei.
Was früher Volksparteien ausgemacht hat, aber bei Union und SPD schon vor vielen Jahrenniederkartätscht wurde, hat bei der AfD eine neue Heimat gefunden: Ein selbstverständlicherWettstreit der Ideen. Das ist umso bemerkenswerter, weil die AfD Opposition ist, da müssen Angriffe gegen den politischen Gegner noch präziser sitzen.
Die CDU hat in der Hinsicht ihre letzte große innere Auseinandersetzung erlebt, als Friedrich Merz das zarte Pflänzchen „Werteunion“ meuchelte und dabei noch den Eindruck eines persönlich Beleidigten machte.
Früher allerdings waren solche innerparteilichen Strömungen ein guter Nährboden für den Bestand einer Volkspartei. Einfach, weil damit in diesem großen Reservoir der Ideen immer eine Alternative schlummerte, die im Zweifel die Meinungsführerschaft innerhalb einer Partei zu einem bestimmten Zeitpunkt übernehmen konnte, wenn es die schnelllebigen Umstände erforderlich machten.
Allerdings stand hier immer der Vorwurf der Beliebigkeit im Raum, welcher den Markenkern einer Partei in Gefahr bringen konnte. Hier haben sich große Volksparteien die Möglichkeit offengelassen, ihr Grundsatzprogramm zu erneuern. Für die SPD war das 1959 in Bad Godesberg der Fall und noch einmal 1989 mit dem Berliner Programm. Hier wurden Grundsatzfragen neu justiert.
Die Aufregung der Alt-Medien und Alt-Parteien über die Haltung Tino Chrupallas zum Ukrainekrieg und zu Putin bezeugt eindrucksvoll, dass die Etablierten erkannt haben, welche Gefahr von dieser neuen selbstbewussten Binnenpluralität innerhalb der AfD ausgehen kann: Hier kann sich die Partei ein weiteres Mal ein von den Kartellparteien fahrlässig aufgegebenes Merkmal einer Volkspartei sichern.
Die Panik ist verständlich, Union, SPD und Grüne toben, ihre zuarbeitenden Medien stimmen in den Chor ein.
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Alice Weidel steht jetzt am Scheideweg. Es kann der große Moment der AfD werden, ein Coming-Out eines politischen Selbstbewusstseins als pluralistische Volkspartei, die bewusst verschiedene gesellschaftliche Gruppen, Interessen und Ideen in sich vereint und breit aufgestellt auftritt.
Das Ziel ist einfach formuliert: Die innerparteiliche Vielfalt hat das Potenzial, breite Wählerschichten abzudecken. Wer jetzt glaubt oder hofft, das Führungsduo der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, stünden an einem Scheideweg, der gehört zu jenen, die das Glas halb leer sehen und dabei übersehen, dass es gleichsam halb voll ist.
Tino Chrupalla hat vorgelegt. Seine Position ist klar. Und es ist die Position weiter Teile der Menschen in den neuen Bundesländer, aber auch bestimmter Regionen im Westen, die früher traditionell dem Arbeitermilieu zugeordnet wurden, von der SPD aufgegeben wurden und seitdem etwas verloren im leeren Raum stehen. In diesem Kreisen ist tief in die DNA eingeschrieben, dass Kriege meistens den Nachwuchs der Straße fressen und selten die Kinder aus den Palästen.
Aber übertrieben pathetisch muss man es nicht formulieren. Dafür ist Tino Chrupalla nicht der Typ. Der in Weißwasser in der Oberlausitz Geborene wird immer als der fleißige Handwerker beschrieben, was nach Gutmütigkeit und tendenziell beinahe einfältig klingt.
Aber spätestens seit den innerparteilichen Differenzen im Blick nach Moskau ist klar geworden, dass Tino Chrupalla tatsächlich das Potenzial zu einem Hans Albers des Ostens hat. Chrupalla wird von Teilen der Ostbevölkerung als Sprachrohr gesehen – ähnlich wie Albers als Stimme der „kleinen Leute“: ein raubeiniger, charismatischer Typ, der ‚unsere Sprache‘ spricht und gegen die Obrigkeit ankämpft – nur diesmal mit AfD-Logo statt Seemannsmütze.
Alice Weidel hat den Ball auf dem Punkt. Entweder sie schaut nach Osten und erkennt dieChance für die AfD, sich über diese neue Binnenpluralität mit einem großen Schritt weiter in Richtung Volkspartei zu entwickeln. Oder sie gerät in Panik über die Empörung des Mainstreams und stellt eine Grundsatzfrage.
Chrupalla wird bei seiner Haltung bleiben, die sich bei Lichte betrachtet im Übrigen wie eine Selbstverständlichkeit anhört. Der „Spiegel“ hat zusammengefasst:
„Nach Putin gefragt, erklärt der AfD-Chef: »Mir hat er ja nichts getan.« Und weiter: „Ich sehe keine Gefahr für Deutschland aktuell durch Russland.“ An anderer Stelle verteidigte Chrupalla die Expedition seiner Parteifreunde nach Russland. „Die Kollegen, die dort hinfahren, haben ihre Reise angemeldet. Sie wurde genehmigt.“
Auch für die Co-Vorsitzende Alice Weidel ist es also keine große Sache, sich mit dieser Haltung innerhalb der AfD zu arrangieren. Ist die in den Umfragen stärkste Partei eine echte Volkspartei? Nie standen die Chancen dafür so gut wie ausgerechnet jetzt mit der Haltung von Chrupalla zum Ukrainekrieg und zu Putin.
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Kommentar von Eichelhäher
Bei der Nummer mit der Ukraine geht es um sehr, sehr viel Geld. Geld, das man der Bevölkerung aus der Tasche ziehen kann und die als Ukraine-Hilfe oder Aufrüstungen in korrumpierte Kanäle fließen, wo jede Menge Leute die Hand aufhalten. Von der Seite ist keine Einsicht zu erwarten und es stellt sich die Frage inwieweit Frau Weidel das Theater erfasst bzw. gar unterstützt. Immerhin kommt sie von Goldman Sachs und dürfte die Verbindungen nicht vergessen haben. Cui bono ist der Ukraine-Krieg und auf welche Weise profitiert Russland davon? Ein ketzerischer Gedanke ist es zu vermuten, dass es den Russen Recht ist, dass Milliarden in korrupte Kanäle fließen und zum Ausbluten des Westens beitragen. Da muss man es mit dem Krieg nicht eilig haben. Das gilt im besonderen für die Führung der Ukraine. Die Taschen können nicht groß sein, um die persönlichen Bereicherungen aufnehmen zu können. Und die westlichen Investoren wie zum Beispiel Blackrock, Goldman Sachs verdienen am Ukraine-Krieg, denn Waffen fallen nicht vom Himmel, die werden finanziert und die Bürger müssen die Schulden bezahlen. Wie praktisch sich von den Russen distanzieren zu können um das Rad am Laufen zu halten. Ob das die Beweggründe der Frau Weidel sind? Wer weis.
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Kommentar von Ombudsmann Wohlgemut
Während man der SPD diesen Status seit geraumer Zeit absprechen könnte, ist die AfD schon lange eine Volkspartei, besonders seit sie Platz 1 übernahm.
Wieso wird das dann im letzten Absatz immer noch in Frage gestellt?
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Kommentar von T S
"Binnenpluralität", das ist reichlich wohlwollend umschreibend was für mich eher nach einer neuen Gärblase im Haufen aussieht. Dabei ist die Lösung ganz klar offensichtlich und sollte auch bei der einzigen großen Oppositionspartei für alle selbstverständlich sein: Wichtig ist was für UNSER Land gut ist, über die Details kann man immer noch diskutieren.
Es gibt Leute in der Partei die das als ihr Leitmotiv ansehen und vorrangig vertreten, aber die zählen auffällig allesamt nicht zu Weidels Vorzugsliste.
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Kommentar von stephan manus
Frau Weidel ist sehr anfällig für Mainstreammediennarrative. Angefangen von ihrer Forderung nach einem schnellen Parteiausschluß von Höcke, dann ihre Correctiv-Reaktion (Entlassung ihres teilnehmenden Mitarbeiters) und nun das Nein zu Kontakten und Dialog mit Russland. Das ist kontraproduktiv für alle, welche Frieden/Diplomatie und ein gutes Verhältnis mit Russland anstreben.
Wo stünde Deutschland heute hätte es 1970 nicht die deutsch-russische Energiepartnerschaft gegeben?
Ist auch wie Kindergarten, wenn sie sagt AfD Politiker dürfen sich nicht bestimmten Politikern in Russland treffen und keine gemeinsamen Fotos machen.
Chrupalla hat natürlich recht. Das ist weder unser Krieg noch ist die gigantische militärische und finanzielle Unterstützung im deutschen Interesse. Das einzige was vielleicht erreichbar ist, ist eine Verlängerung und Eskalation dieses sinnlosen Krieges.
M.E. fehlt es Frau Weidel an Rückgrat. Ich sehe sie deshalb eher in der zweiten Reihe. Es gibt genug Alternativen in der Partei.
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Kommentar von Eddy Nova
Miss Weidel hat drüber hinaus gar keine andere Alternative als sich der Chrupalla Einstellung wohlwollend anzuschließen. Aus vielfältigen Gründen !
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1. Der grandiose Halbssatz Chrupallas 'Mir hat Putin nichts getan' ist nicht nur Mainstream im Volk - er ist auch der klügste Ausweg in einem Konflikt zweier former UDSSR Staatssteilen den die ukrainische Seite niemals gewinnen kann.
2. Tucker Carlson hat es im Interview mit der BILD Ronze bestens formuliert - 'bei aller ( scheinheiligen ) Moral darf nicht übersehhen werden das eine der beiden Seiten die stärkeren Waffen hat'.
3. Es wird Gründe gegeben haben warum die Zelenskyy Ukrain weder NATO noch EU Mitglied wurde.
4. Und last but not least : bei aller scheinheiligen pro Zelenskyy Moral müssen Machbarkeit ,Eigeninteresse immer im Vordergrund stehen.
5. Die Chrupalla Haltung stellt zumindest klar das die Pro Kriegszustimmung in Deutschland wider der Regierungsbande maximal im 50 plus % Bereich liegt.
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Man muss nicht einmal Russia Freund sein um zu erkennen das es absolut wider der Interessen dess Deutschen Volkes ist ohne Not auf Konfrontationskurs mit Russia zu gehen.
Mir ist kein Argument bekannt das für diese Konfrontation spricht. Es ist allein der Krieg der Zelenskyy Ukrain & ihrer kriegsgeilen Flüsterer die augenscheinlich dem Deppen Zelenskyy mehr versprochen haben als sie je einhalten können.
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Selbst der augenscheinliche Merz Regime Plan den Konflikt am Köcheln zu halten um das Deutsche Volk im Kick Back Verfahren weiter parasitär aussaugen zu können dürfte alsbald an leeren Kassen scheitern.