Im Interview: Daniel Tapp saß mit am Tisch und berichtet exklusiv

Rechter Tango in Paris: Alice Weidel und Marine Le Pen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

„Frau Le Pen ist sehr präsent im Mittelpunkt dieses Gesprächs gewesen.“© Quelle: Alice Weidel, Youtube / ZDF, Screenshot, Montage Alexander Wallasch

Was haben die zwei bekanntesten rechten Frauen Europas zu besprechen, wenn sie sich in ein Pariser Séparée zurückziehen? Weidels Pressesprecher Tapp im Interview mit Alexander-Wallasch.de.

Die etablierten Medien stürzten sich heute auf einen angeblichen Streit zwischen Alice Weidel und Marine Le Pen. Aber vor Ort dabei war niemand der Journalisten, als die AfD-Chefin in Paris auf jene Frau traf, die gegen Macron in die Stichwahl ging und reale Chancen hatte, die nächste französische Präsidentin zu werden.

Man traf sich für mehrere Stunden im Hinterzimmer eines guten Italieners, der Kabeljau sei grätenfrei gewesen, berichtet Weidels Pressesprecher. Aber die Damen nahmen sicherheitshalber trotzdem das alternativ angebotene Risotto aus der Küche des Bistro d’Italie in der Pariser Rue du Général-Lanrezac.

Gesprochen wurde dabei über die Correctiv-Affäre, über die Umfragewerte beider Parteien, über den Begriff „Remigration“ und tatsächlich auch über Maximilian Krah, den EU-Spitzenkandidaten der AfD, der bei der Französin allerdings alles andere als ein Stein im Brett hat.

Jetzt bat Marine Le Pen die AfD-Chefin darum, ihr noch eine Erklärung zu Potsdam aufzuschreiben. Die Zeitungen machten daraus schnell einen Streit. Daniel Tapp ist langjähriger persönlicher Pressesprecher von Alice Weidel, er weiß mehr dazu im Interview mit Alexander-Wallasch.de:

Wie kam dieses Gipfeltreffen zwischen Alice Weidel und Marine Le Pen zustande? Oder war es eher ein Rapport wegen der Correctiv-Affäre, die Wellen bis nach Paris geschlagen hat?

Nein, ein Rapport war das nicht. Das Treffen sollte ursprünglich schon einmal im Dezember stattfinden. Dann hat man sich darauf geeinigt, später zusammenzutreffen. Die Zeit der Franzosen war knapp bemessen, die hatten damals Haushaltswoche. Der Termin am vergangenen Dienstag war relativ lange schon auf dieses Datum gesetzt, und das ist jetzt zufälligerweise zusammengefallen in die Zeit nach dem Correctiv-Bericht.

Gab es im Vorfeld schon einen regelmäßigen Austausch zwischen der AfD und der Front National (FN) bzw. jetzt der Rassemblement National (RN), zwischen Frau Weidel und Frau Le Pen, oder war das Neuland für beide im Sinne eines abtastenden Kennenlernens?

Auf dieser persönlichen Ebene war es das erste Treffen und die erste engere Kontaktaufnahme. Das hat es vorher noch nicht gegeben. Das war in dieser Hinsicht schon eine Premiere. Man ist allerdings über die Fraktionen mit den Franzosen bereits in einem Austausch.

Wenn man heute, ein paar Tage später, die etablierte Presse liest, könnte man annehmen, das Treffen habe in einem Eisenbahnwaggon im Wald von Compiègne stattgefunden ...

(Lacht) Ja, aber unser Treffen war durchaus harmonischer, als es in diesem berühmten Eisenbahnwaggon der Fall gewesen sein muss ...

Ich meine natürlich den ersten Durchgang, nicht den zweiten ...

Ja, das ist mir schon klar ...

Das gastronomische Angebot war wohl ebenfalls besser. Mögen Sie etwas zu den Begleitumständen erzählen, zum Ort des Treffens, wie man aufeinandertraf und wie lange das Gespräch dauerte?

Wir wurden von einem schwarzen Transporter mit Fahrer und Security abgeholt, Sicherheitsleute waren auch vor Ort. Das eigentliche Treffen fand dann in einem italienischen Restaurant, einem guten Italiener in der Nähe des Arc de Triomphe statt. Wir saßen zusammen in einem Séparée, beziehungsweise in einem eigenen Raum auf der gegenüberliegenden Straßenseite des eigentlichen Restaurants. Es gab Risotto, Kabeljau und als Nachspeise Tiramisu, Eis und Obstsalat. Zur Begrüßung wurde Champagner gereicht. Aber sonst war es ein von stillem Wasser begleitetes Essen. Der Beginn war 12 Uhr 30, es endete um etwa 15 Uhr.

Wer war anwesend und welche Sprache wurde gesprochen?

Dabei waren Marine Le Pen und Alice Weidel, Parteichef Jordan Bardella, der Abgeordnete Thibaut Francois, der übersetzte, und ich. Übersetzt wurde vom Englischen ins Französische.

Da sind ja strenggenommen nicht zwei Parteichefinnen aufeinandergetroffen, Frau Le Pen ist keine Parteichefin ...

Parteichef Bardella war auch dabei. Er hat sich aber mehr oder weniger im Hintergrund gehalten. Frau Le Pen saß am Tisch in der Mitte zwischen ihrem Parteichef und dem Abgeordneten.

Und was für einen Eindruck hatten sie ganz persönlich vom Zusammentreffen? Frau Le Pen kommt ja aus einer Politikerdynastie, hat die Politik quasi mit der Vatermilch aufgenommen. Frau Weidel ist allerdings auch schon über ein Jahrzehnt aktiv in der Politik ...

Frau Le Pen ist sehr präsent im Mittelpunkt dieses Gesprächs gewesen. Da merkt man schon, dass sie das beherrscht und auch gern das Gespräch dominiert. So gab es etwa zu Beginn erst einmal eine relativ lange Einleitung von der Französin.

Wie muss ich mir das vorstellen? Werden Pausen gemacht und dann wird es schnell übersetzt? Das kann ja anstrengend sein beim Zuhören über Stunden ...

Es war schon so, dass stetig übersetzt worden ist und alles recht unkompliziert verlief. Man konnte dem Ganzen gut folgen. Technisch hat alles hervorragend geklappt.

Sie sagten schon im Vorgespräch, Frau Le Pen habe zunächst kritisch begonnen ...

Sie hat zunächst offen Kritik und ihre Bedenken geäußert, was die Medienberichterstattung rund um dieses Potsdam-Treffen angeht. Und sie hat auch von den Auswirkungen gesprochen bis nach Frankreich.

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Hatten Sie das Gefühl, Frau Le Pen hat einen Überblick darüber, mit was für einer Bundesregierung und Ampel-Entourage und mit welchen Regierungsmedien es die AfD in Deutschland zu tun hat?

Das würde ich ihr nicht absprechen wollen. Es ist aber schon so, dass sie das sehr aus der französischen Warte, also aus der Warte des Rassemblement National (RN) betrachtet. Aufhänger war für sie der Begriff „Remigration“, den sie strikt ablehnt, weil es auch der Begriff ist, mit dem Éric Zemmour im Wahlkampf auftritt, und auch Le Bloc Identitaire, mit dem Le Pen nichts mehr zu tun haben will.

Das muss man vielleicht kurz erklären. Es gibt in Frankreich mehrere rechte Parteien, die eine Bedeutung haben. Da gibt es welche, die sind rechter als die Rechten und die benutzen ebenfalls den Begriff „Remigration“. Und das heißt, wenn sich Frau Le Pen von „Remigration“ abgrenzt, tut sie es in Wahrheit von ihren Mitbewerbern rechtsaußen? Aber in der Situation ist Frau Weidel ja nicht. Von daher hat sie dieses Problem nicht ...

Frau Le Pen hat durchaus zu erkennen gegeben, dass sie unseren Standpunkt nachvollziehen kann. Aber zu Beginn hatte sie es aus der französischen Warte dargelegt.

Man bespricht sich, wenn man zusammen etwas erreichen will, etwa über die Arbeit im Europaparlament. Und da kommt dann der EU-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah ins Spiel. Im Vorgespräch sagten Sie, Herr Krah wäre zwischen Kabeljau und Tiramisu auch ein Thema gewesen ...

Ihm wurde auch eine Nähe zu Éric Zemmour unterstellt, was er allerdings selbst von sich weist ...

Das hieße demnach, dass Krah zwischen diese komplizierten innerfranzösischen Fronten geraten sein könnte über seine langjährige Arbeit als EU-Abgeordneter. Etwas, das bei den französischen Verhältnissen möglicherweise schwer vermeidbar ist. Jedenfalls wenn man so einen – sagen wir mal – kommunikativen Charakter hat wie Herr Krah?

Das klingt recht gut zusammengefasst, ja (lacht) ...

Wie haben sie ihre Chefin bei diesem Treffen erlebt? Frau Le Pen gilt als ziemlich resolut ...

Alice Weidel ist da nicht minder selbstbewusst. Sie hat ihren Standpunkt für die AfD sehr deutlich klar gemacht und auch erklärt, dass diese Potsdam-Sache eine ziemliche Kampagne ist, die medial und auch vom politischen Gegner sehr stark gesteuert und geframt wurde. Das war Alice Weidel ein wichtiges Anliegen, dass sie das auch gegenüber Frau Le Pen deutlich macht. Mein Eindruck war, dass das gut gelungen ist.

Hatten sie das Gefühl, das kam auch an bei Frau Le Pen?

Ganz klar ja.

Frau Le Pen müsste doch diese Kampagnen aus ihrer jahrzehntelangen politischen Arbeit heraus deutlich kennen. Sie sollte genau wissen, um was es hier geht ...

Ja, sie hat zu verstehen gegeben, dass sie durchaus weiß, was Kampagnen gegen ihre eigene Partei betrifft und dass sie das nachvollziehen kann.

Was bringt Frau Weidel aus Paris für die AfD mit? Sind gemeinsame Arbeitsgruppen geplant, die sich regelmäßiger treffen? Die deutsch-französische Annährung ist ja seit nunmehr einem Dreivierteljahrhundert ein Dauerbrenner ...

Im Gespräch war das auch durchaus so abgemacht. Und tatsächlich sind die Handynummern ausgetauscht worden zwischen beiden Seiten. Es wurde vereinbart, im engen Kontakt und Austausch zu bleiben ...

Hat Frau Le Pen auch einen Gegenbesuch zugesagt oder ist es soweit gar nicht gekommen?

Man hat zunächst einmal beschlossen, dass es zu weiteren Treffen kommen soll. Es wurde allerdings noch nichts Konkretes abgemacht.

Aber so lecker es war, irgendwas muss doch in der Nachspeise gewesen sein: Zwei Tage nach dem Treffen, am Donnerstag, kommt aus Paris – aber nicht über besagte ausgetauschte Handynummern – eine über die Medien verbreitete Forderung, Frau Weidel möge einen Brief verfassen und sich erklären zu Potsdam, Remigration und Co. Was war da los?

Frau Le Pen hat den Wunsch geäußert, dass, was dort besprochen wurde, bitte einmal schriftlich zu fixieren. Wir werden diesem Wunsch entsprechen und besagten Brief verfassen. Wie unsere Zusammenfassung dann in Paris aufgenommen wird, das werden wir sehen.

Also die Franzosen baten darum, dass die AfD schriftlich was zusammenfasst?

Tatsächlich ist an uns herangetreten worden mit der Bitte, dass wir diesen Ablauf des Potsdamer Treffens aus unserer Sicht darlegen und das Drumherum und die Berichterstattung zusammenfassen.

Wenn Frau Le Pen von Frau Weidel verlangt, Gesprächsinhalte schriftlich zu fixieren, empfinden sie das nicht als Nötigung?

Wir wissen ja nicht einmal, ob die französische Presse das richtig wiedergegeben hat und ob das jetzt wirklich eine 1:1-Wiedergabe war, was Frau Le Pen sich wünscht. Da bleiben wir sehr entspannt. Im Moment kennen wir eigentlich nur die Bitte, eine Zusammenfassung zu übersetzen, was wir gerne machen, weil wir danach gefragt wurden.

Zum Verständnis: Wer erledigt bei der AfD jetzt diese Post nach Frankreich?

Es ist tatsächlich so, dass zu Potsdam ohnehin von der Bundesgeschäftsstelle einiges aufgearbeitet worden ist. Wir haben da schon etwas zusammengetragen, völlig unabhängig vom Wunsch der Freunde aus Frankreich.

Jetzt kommt also der Brief in Frankreich an, und dann bedankt sich Frau Le Pen und sagt zu Frau Weidel: „Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen.“ So in etwa?

(Lacht) Genau so ungefähr.

Danke für das Gespräch!

 

Daniel Tapp (Jahrgang 1976) ist seit dem Einzug der AfD 2017 in den Deutschen Bundestag persönlicher Pressesprecher von Alice Weidel. Er war zuvor 10 Jahre Mitarbeiter der FPÖ. Tapp hat einen Magister in Politikwissenschaft und Öffentlichem Recht.

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