Die große antidemokratische Auffächerung

Verbrannte Erde: Ramelows Waffenkammer darf nicht der AfD in die Hände fallen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 11)

„Experten raten, die Demokratie im Freistaat mit Verfassungsänderungen besser zu schützen.“© Quelle: Youtube / Tagesschau, Screenshot

Der MDR macht Propaganda für die Scharfrichter von Bodo Ramelow. In Thüringen will man die Axt an die Verfassung anlegen. Die nachfolgende Regierung soll nicht das gleiche Machtinstrumentarium in den Händen halten. Die Waffen, die sich Ramelow geschmiedet hat, werden in den Händen des politischen Gegners als gefährlich einstuft.

Zu jeder Schandtat bereit zu sein, ist im Volksmund durchaus positiv besetzt, steht es doch dafür, für eine gute Sache all das zu tun, was unter anderen Umständen eine Schande wäre. In diesem Sinne hat der MDR gerade hinreichend bewiesen, dass er zu Schandtaten bereit ist:

Unkritisch in jeder Hinsicht stellt sich der zur Neutralität verpflichtete MDR hinter die etablierten Linksradikalen um Ministerpräsident Bodo Ramelow und ihre aktivistischen Vorfeldorganisationen – im speziellen Fall hier hinter ein Aktivisten-Portal namens „Verfassungsblog“. Das spielt gerade durch, wie man es verhindern kann, dass in Thüringen Wahlen auch für einen Machtwechsel sorgen könnten.

Oder präziser: Wie man Wahlen, die man nicht verhindern kann, boykottiert, indem man einer Nachfolgeregierung ihre verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten schon vor der Wahl aberkennt, solange man es als Inhaber eben dieser Macht noch bewerkstelligen kann. Man kann das Geräusch des Erfurter Reißwolfs bereits weit über die Landesgrenzen hinaus hören – Panikstimmung bei Ramelow auf der Brücke.

Da überlegen sich also allen Ernstes Juristen und solche, die es sein wollen, wie man verhindern kann, dass die AfD im Falle eines Wahlsieges – noch dazu mit Anspruch auf den Ministerpräsidentenposten – die gleichen Machtbefugnisse bekommt, wie sie Bodo Ramelow und seine Entourage aktuell innehaben.

Der MDR bietet einer privaten linken Aktivistentruppe eines Privatmannes (die sich die Rechtsform einer GmbH gegeben hat) ein Forum für ihre verfassungsändernden – verfassungsfeindlichen? – Ambitionen.

Bevor es zu den inhaltlichen Vorschlägen geht, vorab ein paar Hintergrundinformationen zum Aktivistenportal „Verfassungsblog“. Hinter dem Portal steht der Autor Maximilian Steinbeis, ein gelernter Jurist, aber einer, der auch schriftstellerisch und/oder auch journalistisch tätig ist.

Steinbeis hatte seine 15-minutes-of-fame, als er vor einigen Jahren als Co-Autor von „Mit Rechten reden“ auftrat, ein Buch, der Form nach eine Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten – eine ernst zu nehmende Debatte sollte allerdings nie geführt werden. Immerhin die linke „taz“ befand – hier anerkennend gemeint – dieses Werk sei „ein als Sachbuch getarnter Mindfuck“.

Der „Verfassungsblog“ hat es als „akademisches Open Access Blog“ bis ins Wikipedia geschafft. Das GmbH-Portal Steinbeis bleibt nichtsdestotrotz weiter ein linker Aktivistenblog, analog etwa zur Behauptung von Correctiv, man sei ein journalistisches Rechercheprojekt.

Verquickungen mit der Politik drängen sich auf, Förderungen und Kooperationen bestehen. Zur „Redaktion“ des Blogs gehört unter anderem Anna von Notz, die Ehefrau des Grünen-Politikers Konstantin von Notz.

Und co-finanziert wird der Blog dann – natürlich – über eine Projektfinanzierung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dieser Blog tritt nun an, die Waffenkammer von Bodo Ramelow in Thüringen leerzuräumen, damit diese bei einem Wahlsieg nicht der AfD und ihren möglichen Koalitionären in die Hände fallen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt – allzeit zu jeder Schandtat bereit!

Der Aufmacher des Aktivistenportals „Verfassungsblog“ ist aktuell ein sogenanntes „Thüringen Projekt“. Dazu heißt es im Intro:

„Im Herbst 2024 wird in Thüringen gewählt. Was passiert, wenn autoritär-populistische Parteien staatliche Machtmittel in die Hand bekommen? In den Monaten bis zur Landtagswahl wollen wir die Antwort auf diese Frage suchen.“

Das ist inhaltlich zunächst amüsant, weil es beim unvoreingenommenen Leser das Missverständnis auslösen kann, die Rede sei hier von Ramelow und seiner Koalition der Willigen. Aber ein Machtmissbrauch wird hier lediglich der AfD prophezeit. Übrigens selbst dann schon, wenn sie mehr als ein Drittel der Wählerstimmen bekäme und so verfassungsgemäß an bestimmten neuralgischen Stellen ein Veto gegen allzu dreisten Machtmissbrauch einlegen könnte.

Aber zurück zum MDR und seinem Werbeblog für das Steinbeis-Aktivistenportal „Verfassungsblog“. Worin genau besteht die Schandtat, zu der die MDR-Mitarbeiter bereit waren?

Es beginnt schon in der Überschrift: „Demokratie in Gefahr? Was Experten Thüringen zum Schutz raten“. Denn wenn der Begriff „Experten“ eine Unabhängigkeit suggerieren soll, dann ist das angesichts des geschilderten Hintergrundes des Aktivistenportals sehr kühn.

Der folgende vom MDR hingeschriebene Satz ist dann in seiner ganzen Tragweite gar nicht genug hervorzuheben:

„Experten raten, die Demokratie im Freistaat mit Verfassungsänderungen besser zu schützen.“

Die Demokratie soll geschützt werden, indem man das wichtigste Instrument zum Schutz der Demokratie verändert – nämlich die Verfassung?

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Hier riecht es nach verbrannter Erde und der Idee, dass nach der Regierung Ramelow nun eine reinigende Sintflut kommen soll, die auch die eigenen kontaminierten Hinterlassenschaften hinwegspülen soll. Aber was sagt dieses Bild genau? Nicht weniger, als dass man die Waffen, die sich Ramelow geschmiedet hat, um seine Macht zu festigen, nun in den Händen des politischen Gegners als gefährlich einstuft – weil man selbst genau weiß, welches Regime man damit errichten kann?

Verfassungsblogger Steinbeis sagt gegenüber dem MDR, eine Demokratie sei widerstandsfähig, wenn sie vorbereitet ist. Solche und weitere Worthülsen verkleistern den eigentlichen Coup, der hinter der Aktion des Blocks gegen die Verfassung steht – gegen Teile dieser Verfassung, die man gerne rechtzeitig vor den Wahlen zuungunsten kommender Regierungen kastriert sehen will.

Einen 7-Punkte-Plan haben die Juraaktivisten rund um Steinbeis aufgestellt. So soll ein „Antiblockade-Mechanismus“ bei der Wahl von Richtern für das Thüringer Verfassungsgericht eingerichtet werden. Damit soll verhindert werden, dass die AfD zukünftig Vorschläge der etablierten Parteien für die Besetzung des Verfassungsgerichts blockieren kann. Dieses Vetorecht hatte bisher jede Partei, wenn sie mehr als ein Drittel der Sitze im Thüringer Landtag innehat.

Aber selbstverständlich haben sich die Verfassungsväter dabei etwas gedacht. Hier geht es ja nicht destruktiv darum, eine Wahl nur zu blockieren, sondern vor allem soll eine Mehrheit daran gehindert werden, einer Minderheit gegenüber feindlich eingestellte Richter zu verhindern, bis man sich auf einen Kandidaten einigen kann.

Die Aktivisten des Verfassungsblogs wollen die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit auf eine absolute Mehrheit abgesenkt wissen, damit wäre das Vetorecht Geschichte. Und das soll jetzt legitim sein, weil es gegen die AfD geht, „gegen Rechts“ oder gleich gegen den Untergang des Abendlandes.

Zentrales Argument hier immer wieder: Die AfD wurde in Thüringen als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Aber wer hat dafür gesorgt? Der Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes macht laut Tagesspiegel gar kein Geheimnis daraus, dass er „den Job als Behördenchef seinem guten Verhältnis zu Thüringens linkem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zu verdanken hat“. Der Verfassungsschutz untersteht dem Innenministerium des Ramelow-Kabinetts.

Jetzt mag man sich die Sorgen Ramelows vorstellen. Er selbst stand viele Jahre unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Von Saulus zum Paulus. Denn es war sein Verfassungsschutz, der den Bannstrahl „gesichert rechtsextrem“ ausgesprochen hatte. Was, wenn dieser Spieß zukünftig von der AfD umgedreht wird? Dann wären auf einmal Ramelow und seine Partei „gesichert rechtsextrem“.

Sie wissen, was sie getan haben. Und sie fürchten wie Handballspieler den Tempogegenstoß, wenn der Ball im gegnerischen Feld aufgenommen wird.

Was an der Causa „Verfassungsblog – Thüringen“ so gallig aufstößt, sind diese unübersehbaren Parallelen zur Affäre rund um die Fake-Berichterstattung von Correctiv bis hinüber zu den antidemokratischen Exzessen einer Amadeu Antonio Stiftung. Ganz gleich, wo man hier am Firnis von Demokratie und freiheitlicher Rechtsstaatlichkeit kratzt, erkennt man Elemente einer großen antidemokratisch aufgestellten Auffächerung.

Der unkritische Beitrag des MDR stand hier am Anfang. Der MDR sitzt mit Ramelow im sinkenden Boot. Die staatlich co-finanzierten Aktivisten des Verfassungsblogs haben sich auch zu Anwälten des MDR gemacht.

Die Aktivisten plädierten nämlich dafür, dass ein Thüringer Ministerpräsident nicht mehr allein Medienstaatsverträge für das Bundesland aufkündigen darf, das Parlament soll mit eingebunden werden. Was unter Ramelow kein Problem darstellte, betrachtet seine Entourage als zukünftig problematisch.

Auch will der Aktivistenblog bei den Nachfolgern Ramelows die Landeszentrale für politische Bildung nicht mehr an der Staatskanzlei angedockt sehen. Mit anderen Worten: Man befürchtet ein gewählter Nachfolger käme auf die gleiche Idee wie man selbst.

Im Falle einer gescheiterten Ministerpräsidentenwahl sollte es nach Ansicht der Experten einen sogenannten Not-Aus-Mechanismus geben - das Parlament solle dann über die eigene Auflösung abstimmen - eine absolute Mehrheit reiche hier nach Ansicht der „Experten“ bereits. Bislang ist für die Auflösung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig.

Der Schlussabsatz dieses denkwürdigen MDR-Artikels fasst dieses Panoptikum-Dilemma der Geister, die sie riefen dann noch einmal zusammen:

„Die Experten rieten auch dazu, die Wahl des Landtagspräsidenten präziser zu regeln. Der Präsident des Verfassungsschutzes und der Polizeipräsident sollten keine politischen Beamte sein, empfahlen sie. Das soll einen zu großen Einfluss der Regierung auf diese wichtigen Positionen verhindern.“

Der große Einfluss der thüringischen Regierung auf die wichtigsten Positionen soll verhindert werden? Jedenfalls dann, muss man anfügen, wenn sich abzeichnet, dass Ramelow als größter Jongleur dieses Einflusses das Zepter abgeben muss. Ja, sie sind tatsächlich zu jeder Schandtat bereit.

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare