Die Bundesregierung bekam gestern von Selenskyj einen Aufgabenzettel

Was der ukrainische Präsidenten jetzt von Deutschland fordert

von Alexander Wallasch

Bei aller Aufregung um die Geschäftsordnung des Bundestages: Welche konkreten Forderungen wurden an Deutschland gestellt und wann wird darüber entschieden? Direkt nach der Rede war sicher keine Zusage und schon gar keine Absage möglich.© Quelle: © Screenshot: ZDF

Die etwa 15-minütigen Rede des ukrainischen Präsidenten hat für große Emotionen gesorgt. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages sind zu Beginn und am Ende des Vortrags aufgestanden und haben Wolodymyr Selenskyj stehend applaudiert.

Der außerordentliche Tagesordnungspunkt wurde anschließend allerdings für viele zu abrupt von von der Geschäftsordnung eingeholt. Allerdings war es genauso zuvor beschlossen und auch für alle Medien im Vorfeld nachzulesen.

Sicherlich wäre es sinnvoll gewesen, die Vize-Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt hätte mit dem ausklingenden Applaus für Selenskyj eine Pause der Verarbeitung des Gehörten angeordnet. Hat sie aber nicht.

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Sicher war es über den Effekt hinaus falsch, unter den direkten Eindrücken der Rede Selenskys eine außerplanmäßige Aussprache anzuordnen. Und welche Entscheidungen hätten hier auch fallen können, außer, dass sich jede Fraktion und die Regierung noch einmal im Wort beim ukrainischen Präsidenten bedankt?

Zusagen wären zu diesem Zeitpunkt keine möglich gewesen, die Bundesregierung ist seit Beginn des Krieges mit der Planung beschäftigt, wie man helfen kann und es wird bereits geholfen. Den Forderungen und Vorwürfe des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj konnte nicht direkt im Anschluss an seine Rede entsprochen werden. Alles andere hätte sich der Gefahr ausgesetzt, als Inszenierung missverstanden zu werden.

Aber was genau wollte der ukrainische Präsident in seiner Rede von den Deutschen bzw. der Bundesregierung? Im Folgenden sind seine Forderungen in der Reihenfolge seines Vortrags zusammengefasst. Selenskyjs Rede liegt als Protokoll vor.

Die Wiedergabe der Forderungen erfolgt hier nicht im genauen Wortlaut, orientiert sich aber eng daran.

Manche der vielen Schritte zur Unterstützung sind zu spät gekommen.

Die Sanktionen waren vielleicht zu gering, um den Krieg zu stoppen.

Viele deutsche Unternehmen sind noch in Russland geblieben. Diese deutschen Unternehmen werden von Russland ausgenutzt, den Krieg zu finanzieren.

Die Deutschen haben wieder eine Mauer gebaut hin zu Ukraine.

Es wurden Entscheidungen getroffen von der Bundesregierung, die nicht dem Frieden dienen. Deutschland hätte helfen können, hat aber nicht.

Nordstream-2 war eine Waffe gegen die Ukraine. Aber Deutschland hat daran festgehalten aus wirtschaftlichen Gründen – das war weiterer Zement für eine Mauer gegen die Ukraine.

Die Verweigerung der Nato-Mitgliedschaft war traurig für die Ukraine, obwohl die Ukraine bereit war, alles dafür zu tun.

Die zögerlichen Haltungen, die Ukraine jetzt in die EU aufzunehmen, sind weitere Steine in der Mauer gegen die Ukraine.

Schon vor dem Krieg hat auch Deutschland Sanktionen zu zögerlich eingesetzt und nicht genügend Widerstand gegen Russland geleistet.

Deutschland hält die Handelsrouten mit Russland weiter offen.

Deutschland schaut einfach weg und erinnert sich nicht an die Berliner Luftbrücke. Die war aber nur möglich, weil der Himmel sicher war.

Deutschland hat den Überfall auf die Ukraine im zweiten Weltkrieg vergessen.

Wenn Deutschland mit Blick auf den zweiten Weltkrieg sagt: „Nie wieder!“, dann sind diese Worte nichts wert.

Es fehlt an tatkräftiger Unterstützung der ukrainischen Kämpfer.

Die Deutschen haben vor 80 Jahren schon einmal Charkiws zerstört. Deutschland hat deshalb eine historische Verantwortung gegenüber der Ukraine.

Deutschland muss eine Führungsrolle übernehmen.

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