Wegen Deniz Yücel – AfD ausgeschlossen bei WELT-Wahldebatte

WELT ohne AfD – wegen Free Deniz! oder INSM Lobbygruppe?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 1)

Das Verhalten der AfD gegenüber Welt-Redakteur Deniz Yücel (Free Deniz!) wird jetzt von der Zeitung als Grund dafür genannt, warum die AfD bei WELT-Wahldebatte nicht vorkommt.© Quelle: © Screenshot: welt.de / WELT

Die WELT spricht im Format „Wahldebatte“ mit allen Parteien nur nicht mit der AfD. Gleichzeitig aber kritisiert WELT-Chef Ulf Poschardt seit Wochen den Hype um die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Jetzt soll auf einmal der Umgang der AfD mit Deniz Yücel Schuld daran sein, dass die AfD bei der WELT nicht mehr erwünscht ist. Oder liegt es doch an einer Lobbygruppe der Superreichen als Partner der WELT-Wahldebatte?

Die Öffentlich-Rechtlichen machen es ohne Schambarriere: Sie ebnen den steinigen Weg vor der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Das fällt den mit Zwangsgebühren finanzierten Sendern schon deshalb nicht schwer, weil Rot-Rot-Grün einer internen Umfrage der ARD zur Folge unter den Volontären der Sender auf einen an SED-Verhältnisse erinnernden Zustimmungsanteil von 92 Prozent kommt.

© Screenshot: welt.de / WELT

Der regierungspolitische Einfluss auf die Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist schon lange kein Geheimnis bzw. anhaltendes Debattenthema. Und das nicht erst, seit die AfD nicht mehr zu Talkshows eingeladen wird.

Auch der WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt hat zuletzt immer wieder auf sich aufmerksam gemacht, als er die in den Medien in redaktionellen Beiträgen verpackte Wahlwerbung für die grüne Kanzlerkandidatin Baerbock so ausdauernd kritisierte.

Nun ist die Kritik an der medialen Helikopter-Zuwendung für eine Kanzlerkandidatin die eine Sache. Die Verweigerung gegenüber einer politischen Partei in ihrer Gesamtheit nochmal eine ganz andere – noch bedeutender dann, wenn diese Partei der Oppositionsführer im deutschen Bundestag ist. Die AfD wird seit Monaten vor der Bundestagswahl bei öffentlich-rechtlichen Talkshows bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr eingeladen. Die Grünen als kleinste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag sind hingegen um ein Vielfaches öfter vertreten.

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Jetzt hat sich WELT vor der Bundestagswahl ein eigens Format ausgedacht, mit welchem man im Sinne der Meinungsbildung wirken will. Warum man sich dafür ausgerechnet eine Lobbyorganisation als Partner aussucht, sich also angreifbar macht, gibt Raum für Spekulationen. Jedenfalls ist die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH“, kurz INSM mit im Boot, jene Truppe, die beispielsweise für die umstrittenen Zeitungsanzeigen einer Annalena Baerbock mit Steintafeln in Mosespose steht.

Für Mitbewerber Spiegel war das vor wenigen Tagen ein gefundenes Fressen und Christian Stöcker schrieb mit vergifteter Tinte über diese kontaminierte Liaison zwischen WELT und Lobbygruppe:

„Derzeit organisiert die Lobbyorganisation mit der Tageszeitung „Die Welt“ (…) eine Reihe von Gesprächsveranstaltungen, die man nur als Wahlkampf-Events für die Union deuten kann. Zeitung, Lobbyorganisation, Partei, Seite an Seite.“

Christian Stöcker

Die WELT selbst äußert sich online folgendermaßen über dieses Zusammenspiel mit den INSM Lobbyisten gegen Baerbock:

„Vor der Bundestagswahl im September möchte WELT in Partnerschaft mit der INSM in einer Reihe von moderierten Live-Interviews prominente Politiker von CSU, CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP über deren Ideen für Deutschland befragen.“

WELT

Zu Gast waren bisher bereits führende Parteipolitiker wie Markus Blume (CSU), Cem Özedmir (Grüne), Ralph Brinkhaus (CDU) und Lars Klingbeil (SPD), Dietmar Bartsch (Linke) soll noch am ersten Juli folgen, hier will sogar Ulf Poschardt als Chefredakteur selbst moderierend Hand mit anlegen, wenn Genosse Bartsch verarztet wird.

Aber wo bleibt hier eigentlich die AfD, wo bleibt - in dieser reinen Männerrunde der Gesprächspartner - beispielsweise Alice Weidel zum Talk unter dem Dach der WELT in Zusammenarbeit mit den „Konzernen und Ultrareichen“ der Republik, wie sie Stöcker für den Spiegel identifiziert haben will?

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Das wollen wir natürlich von der WELT genauer wissen und fragen irritiert nach:

„Hallo, warum wurde hier kein AfD-Vertreter eingeladen?“

Alexander Wallasch

Die Antwort kommt direkt von Thomas Exner, der ist für die WELT geschäftsführender Redakteur der Chefredaktion. Und Exner führte selbst schon das Interview der WELT-Wahldebatte mit FDP-Parteichef Christian Lindner.

Interessant vorab zur Einordnung: Ohne dass das überhaupt Teil unserer Frage gewesen wäre, erweckt es den Eindruck, als nähme Exner mutmaßlich INSM aus dem Schussfeld, wo er betont, dass der Ausschluss der AfD allein Entscheidung der Redaktion gewesen sei. Aber macht es das schon verständlicher?

Die Begründung der Redaktion ist noch verwirrender: Die AfD hätte den Versuch unternommen, dem Redaktionsmitglied Deniz Yücel eine öffentliche Missbilligung des Bundestages auszusprechen. Worum geht es da? Distanzieren sollte der Bundestag auf Antrag der AfD von Yücel-Äußerungen wie dieser hier:

Am 6.11.2012 über Thilo Sarrazin: „Buchautor Thilo S., den man, ..., auch dann eine lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen darf, wenn man weiß, dass dieser infolge eines Schlaganfalls derart verunstaltet wurde und dem man nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten.“

Oder über Sätze wie diesen hier:

„Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite.“

Die Debatte über die Frage, ob das Satire ist oder nicht, was Yücel da noch für die TAZ geschrieben hat, ist medial allerdings schon hinreichend geführt.

Die Antwort von Thomas Exner (WELT) auf die Frage, warum die AfD von der Veranstaltung der WELT und der Lobbyorgansiation ausgeschlossen wurde, hier in ganzer Länge und Argumentation abgebildet:

„(V)ielen Dank für Ihr Interesse an unserer Veranstaltungsreihe und vielen Dank auch für Ihre Zuschrift. Tatsächlich haben wir die AfD nicht zu unserer Wahldebatten-Reihe eingeladen. Der Verzicht auf eine Einladung dieser Partei ist einzig und allein eine Entscheidung der WELT-Redaktion. Wir wollen einer Partei, die unserem Redaktionsmitglied Deniz Yücel für seine satirischen Texte eine öffentliche Missbilligung des Bundestages aussprechen wollte, kein von uns geschaffenes Forum geben. Damit wollen wir keine Politik betreiben, sondern unsere Entscheidung dokumentiert ausschließlich unser Verständnis von Demokratie und Pressefreiheit.

Das heißt nicht, dass Sie bei uns auf Informationen zur Programmatik und zum Politikverständnis der AfD verzichten müssen. Wir berichten immer wieder umfangreich und fair über Veranstaltungen dieser Partei. Die Artikel unseres Autoren Matthias Kamann zählen aus meiner Sicht zu den aufschlussreichsten und auch fairsten im deutschen Qualitätsjournalismus. Von daher lade ich Sie herzlich ein, Ihr Bild von der AfD durch die Lektüre unserer Berichterstattung abzurunden.“

Thomas Exner (WELT)

Wir haben noch einmal nachgehakt und wollten u.a. Folgendes wissen: „Über AfD sprechen (Kamann) ist mit Deniz Yücel vereinbar, mit AfD sprechen nicht?“

Sollte hier noch eine Antwort von Exner oder Poschardt oder wem immer von der WELT kommen, wird diese hier selbstverständlich nachgereicht. Wir haben die AfD dazu befragt, auch diese Antwort steht noch aus und wird hier nachgereicht.

Michael Klonovsky ist Direktkandidat der AfD in Chenmitz, er kommentiert die Gesprächsverweigerung der WELT am Telefon so:

„Das ist die übliche Vorgehensweise. Das ist so eindeutig, dass man dazu gar nichts mehr sagen kann. Die Begründung der Welt ist beliebig. Es geht hier lediglich darum, sich irgend etwas auszudenken um diese Gesprächsverweigerung zu begründen.“

Michael Klonovsky (AfD)

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